Leitsatz (amtlich)
1. Es ist nicht Aufgabe der Kapitalerhaltungsregelungen in §§ 30, 31 GmbHG, dem Insolvenzverwalter einen Anspruch gegen einen Minderheitsgesellschafter der insolventen GmbH zu verschaffen, wenn es der Mehrheitsgesellschafter oder später der Insolvenzverwalter versäumt hat, einen Anspruch auf eine höhere vertragliche Vergütung rechtzeitig vor Eintritt der Verjährung durchzusetzen. Ansprüche aus §§ 30, 31 GmbHG kommen nicht in Betracht, wenn die spätere Insolvenzschuldnerin an sich durchsetzbare vertragliche Ansprüche auf Zahlung einer marktüblichen Vergütung gehabt hätte, so dass das Austauschgeschäft einem Drittvergleich zu marktüblichen Bedingungen standhalten würde.
2. Der Anspruch aus §§ 30, 31 GmbHG setzt bei Leistungen, die die GmbH an verbundene Unternehmen eines der Gesellschafter erbringt, voraus, dass der Gesellschafter sowohl am leistenden Unternehmen als auch an der Leistungsempfängerin maßgeblich beteiligt ist.
Verfahrensgang
LG Heilbronn (Urteil vom 01.12.2005; Aktenzeichen 23 O 82/04 KfH) |
Nachgehend
Tenor
1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des LG Heilbronn vom 1.12.2005 (23 O 82/04 KfH) wird zurückgewiesen.
2. Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.
Streitwert des Berufungsverfahrens: 440.000 EUR.
Gründe
A. Der Kläger, Insolvenzverwalter der X. GmbH B. und B., verlangt von der Beklagten als Rechtsnachfolgerin einer früheren Gesellschafterin der Insolvenzschuldnerin im Wege der Stufenklage Auskunft über Logistikleistungen der Insolvenzschuldnerin (hinsichtlich erteilter Kommissions-, Lager und Transportaufträge, durchgeführter Liefertouren und Gewicht der kommissionierten Kolli) im Zeitraum von 1.1.1999 bis 10.5.1999 und macht auf dieser Grundlage die noch zu beziffernde Rückerstattung von seiner Auffassung zu Unrecht erfolgter Auszahlungen des Stammkapitals nach §§ 31 Abs. 1, 30 Abs. 1 GmbHG geltend. Das LG Heilbronn, an das der Rechtsstreit durch Beschluss des LG Berlin vom 7.6.2004 verwiesen wurde, hat Auskunfts- und Rückzahlungsansprüche bereits dem Grunde nach verneint und die Stufenklage insgesamt abgewiesen.
1. Über das Vermögen der X. GmbH B. und B. wurde auf Eigenantrag der Schuldnerin durch Beschluss des AG P. vom 1.7.1999 das Insolvenzverfahren eröffnet, der Kläger wurde zum Insolvenzverwalter bestellt (vgl. Anlage K 2; Bestellung des Klägers als vorläufiger Insolvenzverwalter durch Beschluss vom 10.5.1999).
Die X. GmbH B. und B. (künftig: Schuldnerin) war im März 1998 mit einem Stammkapital von 50.000 DM von der F.-Z. B. und B. GmbH (künftig: F.GmbH) gegründet worden (vgl. im Berufungsverfahren vorgelegte Gesellschaftsverträge Bl. 366/379 und Bl. 381/393). Die F. GmbH war eine Tochtergesellschaft der A. B. GmbH, die sämtliche Anteile an der F. GmbH hielt. Die A. B. GmbH hielt außerdem sämtliche Anteile der Y. GmbH B.-B. (künftig: Y. GmbH). In der Folgezeit kam es zu mehreren Umstrukturierungsvorgängen. Im November 2000 wurde zunächst die A. B. GmbH und später im November 2001 auch die Y. GmbH auf die T. GmbH verschmolzen. Der Sitz der T. GmbH wurde im Februar 2002 von B.-C. nach H. verlegt. Im Dezember 2002 wurde ein Teil des Vermögens aufgespalten und im Wege der Ausgliederung auf die St. GmbH & Co. KG übertragen, die später in die C. GmbH & Co. KG (die jetzige Beklagte) umfirmiert wurde (vgl. Handelsregisterauszug Anlage B 1).
Im Frühjahr 1998 beabsichtigte die Y.-Gruppe, die zwei Lager- und Verteilungszentren in B.-N. und P. unterhielt, auf Empfehlung einer Unternehmensberatung ihren Frischdienst-Vertrieb von Molkereiprodukten auszugliedern. Zu diesem Zweck wurde ein Logistikpartner gesucht. Mit "Letter of Intent" vom 31.3.1998 (Anlage K 3) vereinbarte die Y. GmbH mit der F.S. und L. GmbH (künftig: F.S. GmbH), eine Kooperation für die auszugliedernden Logistikleistungen unter unternehmerischer Federführung der F.S. GmbH in Angriff zu nehmen. Aufgrund des Kooperationsvertrags vom 11.5.1998 (Anlage K 4) zwischen der F. GmbH und der Y. GmbH einerseits und der F.S. GmbH andererseits wurde das Vorhaben in der Weise umgesetzt, dass die F. GmbH 40 % der Anteile der im Februar 1998 gegründeten Insolvenzschuldnerin behielt, die F.S. GmbH erwarb in der Folgezeit von der F. GmbH 60 % der Anteile. Zu nach dem unstreitigen Parteivortrag jeweils alleinvertretungsberechtigten Geschäftsführern der X. GmbH wurden E. B. von der A. B. GmbH und F. S., der zwischenzeitlich verstorbene Geschäftsführer der F.S. GmbH, bestellt. Außerdem wurde ein gemeinsamer Lenkungskreis eingesetzt.
In dem Kooperationsvertrag vom 11.5.1998 wurden hinsichtlich der Vergütung der von der Insolvenzschuldnerin zu übernehmenden Logistikleistungen folgende Vereinbarunge...