Leitsatz (amtlich)
1. Vereinbart ein Bauherr mit dem planenden Architekten eine Baukostenobergrenze für sein Bauvorhaben, wird die Baukostenobergrenze zur Beschaffenheitsvereinbarung für die Planungsleistung des Architekten.
2. Überschreitet eine Kostenermittlung des Architekten die vertraglich vereinbarte Baukostenobergrenze und lässt sich der Bauherr auf diese Überschreitung ganz oder teilweise ein, kann dies bei Auslegung nach den §§ 133, 157 BGB aus der Sicht eines vernünftigen Empfängers zur Aufhebung der ursprünglichen Baukostenobergrenze und gegebenenfalls zur Vereinbarung einer neuen Baukostenobergrenze führen.
3. Kommt der Bauherr später auf die ursprünglich vereinbarte niedrigere Baukostenobergrenze wieder zurück, ist dies ein Angebot auf Abschluss einer neuen Beschaffenheitsvereinbarung, das ohne Annahme des Architekten nicht Vertragsinhalt wird.
4. Das Verlangen des Bauherrn nach (erneuter) Vereinbarung einer (hier: der ursprünglichen) Baukostenobergrenze ist für den Architekten nicht unbeachtlich, sondern stellt eine einseitige Kostenvorstellung dar, die der Architekt bei den weiteren Planungen zu beachten hat (vgl. BGH, Urteil vom 21.3.2013 - VII ZR 230/11, juris Rn. 10).
5. Ob dem Architekt für die weiteren Planungen unter Berücksichtigung der einseitigen Kostenvorstellung des Bauherrn ein zusätzliches Honorar zusteht, richtet sich nach den Vorgaben der HOAI.
6. Geht der Architekt auf die ihm während der Planungsphase mitgeteilte einseitige Kostenvorstellung des Bauherrn nicht oder nicht fachgerecht ein, steht dem Bauherrn unter den Voraussetzungen des § 314 BGB aF (§ 648 a BGB nF) ein Kündigungsrecht aus wichtigem Grund zu.
Normenkette
BGB a.F. § 314; BGB n.F. § 648a; BGB §§ 133, 157, 633
Verfahrensgang
LG Ulm (Urteil vom 26.01.2017; Aktenzeichen 6 O 133/14) |
Tenor
1. Auf die Berufungen der beiden Parteien wird das Urteil des Landgerichts Ulm vom 26. Januar 2017, Az. 6 O 133/14, abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 1.698,45 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 15. Februar 2014 zu bezahlen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
2. Die weitergehenden Berufungen der beiden Parteien werden zurückgewiesen.
3. Von den Kosten des Rechtsstreits tragen die Klägerin 90 % und die Beklagte 10 %.
4. Das Urteil ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.
5. Die Revision wird nicht zugelassen.
6. Der Streitwert wird für beide Instanzen auf 15.802,97 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Die Klägerin macht gegen die Beklagte restliche Honoraransprüche in Höhe von 15.802,97 EUR aus zwei Ingenieur-Verträgen betreffend den Neubau eines Wohnhauses in B. geltend.
Bezüglich der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Tatbestand des Urteils des Landgerichts verwiesen.
Mit dem angefochtenen Urteil, auf dessen Begründung wegen der Einzelheiten verwiesen wird, hat das Landgericht der Klage in Höhe von 2.460,59 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 3. Mai 2014 stattgegeben und sie im Übrigen abgewiesen.
Mit ihren jeweiligen Berufungen verfolgen die Klägerin ihren Antrag auf vollständige Stattgabe der Klage und die Beklagte ihren Antrag auf vollständige Klagabweisung weiter.
Die Klägerin bringt zur Begründung ihrer Berufung vor, es habe kein wichtiger Grund im Sinne des § 314 BGB für eine fristlose Kündigung vorgelegen. In der Kündigung vom 30. Dezember 2013 habe die Beklagte als wichtigen Kündigungsgrund angegeben, dass der vereinbarte Kostenrahmen bei weitem überschritten werde. Diese Behauptung der Beklagten sei unrichtig. Denn nach dem Gutachten des Sachverständigen Dr.-Ing. W. könnten die vorgelegten Planungen die Kostenobergrenze - soweit man von einer solchen ausgehe - von 208.500 EUR einhalten. Die Planung der Klägerin sei demnach ordnungsgemäß gewesen.
Die der Klägerin am 5. August 2013 mitgeteilte Kostenermittlung von 220.000 EUR sei recht präzise. Im Gutachten sei von 208.500 EUR die Rede sowie von einer Kostensteigerung wegen des zweiten Schlafzimmers im Obergeschoss von 8.100 EUR bis 11.000 EUR, so dass danach auch Gesamtkosten von ca. 220.000 EUR entstünden. Wenn aber die Klägerin eine Planung vorgelegt habe, die geeignet sei, die Kostenobergrenze einzuhalten, sei eine Kündigung aus wichtigem Grund nicht gerechtfertigt.
Die Beklagte habe die ursprünglich von ihr gesetzte Kostenobergrenze mit ihren Mehrwünschen im ersten Obergeschoss selbst aufgegeben. Zum Zeitpunkt der Kündigung habe es eine vereinbarte Kostenobergrenze nicht mehr gegeben. Selbst wenn man das Vorliegen einer Kostenobergrenze unterstellte, sei ein wichtiger Kündigungsgrund nicht gegeben, da eine Unbrauchbarkeit der Planung nicht angenommen werden könne. Die klägerische Planung sei mangelfrei und keinesfalls wertlos.
Zudem fehle es an einer wirksamen Fristsetzung zur Nachbesserung.
Des Weiteren habe die Klägerin die mit Schreiben der Beklagten vom 16. November 2013 geforderten Auskünfte nicht erteilen k...