Entscheidungsstichwort (Thema)
Leistungsverweigerung wegen grober Unbilligkeit
Leitsatz (amtlich)
Beruht der Zugewinn des Ausgleichspflichtigen auf einer Abfindung für materielle oder immaterielle Schadensersatzansprüche aus einem Verkehrsunfall, so kann es im Hinblick auf den Gesichtspunkt der längerfristigen Absicherung der Versorgungslage des Ausgleichspflichtigen angemessen sein, ihm gemäß § 1381 BGB ein weitreichendes Leistungsverweigerungsrecht wegen grober Unbilligkeit des Zugewinnausgleichs zuzubilligen.
Normenkette
BGB § 1381
Verfahrensgang
AG Leonberg (Aktenzeichen 1 F 189/99) |
Tatbestand
Sachverhalt:
Die Antragsgegnerin nimmt den Antragsteller im Scheidungsverbundverfahren auf Zugewinnausgleich in Anspruch Der Antragsteiler wurde im Februar 1993 bei einem Verkehrsunfall schwer verletzt und ist seither querschnittsgelähmt. Zum Ausgleich von materiellen und immateriellen Unfallschäden erhielt er im Oktober 1994 von der Haftpflichtversicherung des Unfallverursachers eine Abfindungszahlung von 350.000,– DM, die in seinem Endvermögen noch in Höhe von rund 345.000,– DM vorhanden war. Der sich rechnerisch ergebende Zugewinnausgleichsanspruch der Antragsgegnerin in Höhe von rund 173.000,– DM beruht im Wesentlichen auf der Abfindung. Der Antragsteller ist der Auffasung, dass die Abfindung nicht in den Zugewinnausgleich einzubeziehen sei, jedenfalls aber ein Leistungsverweigerungsrecht im Umfang der gesamten Ausgleichsforderung bestehe.
Entscheidungsgründe
I.
Der Antragsteller kann die Zugewinnausgleichsforderung der Antragsgegnerin in Höhe des Betrages von 120.000,– DM verweigern, weil der Ausgleich insoweit grob unbillig wäre (§ 1381 BGB). Damit steht der Antragsgegnerin ein Ausgleichsanspruch in Höhe von 52.899,04 DM zu.
1.
Die Vermögenswerte sowohl des Anfangsvermögens (§ 1374 BGB) als auch des Endvermögens (§ 1376 BGB) beider Parteien und die sich daraus gemäß § 1378 Abs. 1 BGB ergebende Ausgleichsforderung der Antragsgegnerin in Höhe von 172.899,04 DM sind vom AG zutreffend festgestellt. Sie sind in der Berufung auch nicht – rechnerisch – angegriffen.
Entgegen der Auffassung des Antragstellers unterliegt die Zahlung der Haftpflichtversicherung, die der Antragsteller als Abfindung für seine immateriellen und materiellen Schäden aus dem Verkehrsunfall vom 20.02.1993 erhielt, dem Zugewinnausgleich. Dies entspricht der gefestigten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes, der der Senat folgt. Der BGH hat entschieden, dass sowohl die Zahlung eines unfallbedingten Schmerzensgeldes (BGH FamRZ 1981, 755) als auch die Abfindung für einen unfallbedingten Verdienstausfall (BGH FamRZ, 1982, 148) in den Zugewinnausgleich fallen und eine Sonderbehandlung nicht gerechtfertigt ist. Noch in seinem Urteil v. 20.9.1995 (BGHZ 130, 377, 381) hat der BGH diese Rechtsprechung bestätigt. Damit sind solche Vermögenswerte nicht gemäß § 1374 Abs. 2 BGB dem Anfangsvermögen hinzuzurechnen und auch nicht vom Endvermögen in Abzug zu bringen.
2.
Dem Grunde nach zu recht macht der Antragsteller ein Leistungsverweigerungsrecht gemäß § 1381 BGB geltend Nach Auffassung des Senats ist er jedoch nicht berechtigt, die rechnerische Ausgleichsforderung der Antragsgegnerin in voller Höhe zu verweigern. Unter Abwägung aller Umstände des Falles ist es vielmehr angemessen, dem Antragsteller einen Abzug von 120.000,– DM zuzubilligen.
a)
Der BGH hat in den bereits zitierten Entscheidungen darauf hingewiesen, dass die im Einzelfall auftretenden Härten im Rahmen der Billigkeitsregelung des § 1381 BGB korrigiert werden könnten. Der Senat schließt sich dieser Auffassung an.
Bei der danach gebotenen umfassenden Interessenabwägung ist jedoch zu beachten, dass eine Herabsetzung der Ausgleichsforderung nur insoweit in Betracht kommt, als das rechnerische Ausgleichsergebnis grob unbillig ist. Grobe Unbilligkeit ist nur in dem Umfang anzunehmen, in dem die ungeschmälerte Durchführung des Versorgungsausgleichs dem Gerechtigkeitsempfinden in unerträglicher Weise widersprechen würde. Dieser Maßstab ist strenger als bei § 242 BGB oder § 1579 BGB (vgl. Palandt, 60. Aufl. § 1381 BGB Rdn. 2).
b)
Entsprechend dem Vorbringen des Antragstellers geht der Senat davon aus, dass jedenfalls die in seinem Endvermögen vorhandenen beiden Guthaben bei der D. B. in Luxemburg und der K. B. in Höhe von insgesamt rund 345.000,– DM aus der Zahlung stammen, die der Antragsteller aufgrund der zwischen ihm und der A. Versicherung abgeschlossenen schriftlichen Vereinbarung v. 10.10.1994 in Höhe von (restlichen) 350.000,– DM erhalten hat. Der dahingehende Vortrag des Antragstellers ist nachvollziehbar und plausibel und von der Antragsgegnerin auch nicht substantiiert bestritten.
Der Zugewinn des Antragstellers und die Ausgleichsforderung der Antragsgegnerin beruhen also Im wesentlichen auf der Abfindung, die der Antragsteller für seine Ansprüche aus dem Unfall erhalten hat.
Die zwischen den Parteien umstrittene weitere Frage, welcher Anteil auf das Schmerzensgeld entfällt (nach der schriftlichen Bestätig...