Entscheidungsstichwort (Thema)
Geschiedenenunterhalt
Verfahrensgang
AG Geislingen (Urteil vom 25.09.2000; Aktenzeichen 2 F 118/00) |
Tenor
1. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Amtsgerichts – Familiengericht – Geislingen/Steige vom 25.09.2000 wie folgt abgeändert:
Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin folgenden Geschiedenenunterhalt zu bezahlen:
- für die Zeit von Januar bis November 2000, je einschließlich, monatlich 568,00 DM Elementarunterhalt,
- ab 01.12.2000 monatlich 1.015,00 DM, davon 207,00 DM Kranken- und Pflegevorsorgeunterhalt und 240,00 DM Altersvorsorgeunterhalt,
fällig monatlich im Voraus zum 3. des jeweiligen Monats, die Rückstände sofort.
2. Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.
3. Die Kosten des Rechtsstreits in beiden Rechtszügen werden gegeneinander aufgehoben.
4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Berufungsstreitwert: 21.567,36 DM.
Tatbestand
Ohne Tatbestand nach § 543 Abs. 1 ZPO.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Berufung der Klägerin hat teilweise, Erfolg.
1. Der Klägerin steht dem Grunde nach ein Anspruch auf nachehelichen Unterhalt gem. § 1572 BGB zu, weil sie aufgrund krankheitsbedingter Erwerbsbehinderung keine vollschichtige Tätigkeit ausüben und deshalb ihren eheangemessenen Bedarf nicht selbst verdienen kann. Der Senat stützt sich hierzu auf das vom Familiengericht eingeholte Gutachten des Sachverständigen Dr. med. S., der – unter Hinzuziehung weiterer Fachärzte – die Klägerin auf internistischem, nervenärztlichem und chirurgisch-orthopädischem Fachgebiet untersucht und überzeugend festgestellt hat, daß die Klägerin ausschließlich leichte Tätigkeiten in etwas mehr als halbschichtigem Umfang verrichten kann und daß diese Einschränkung ihrer beruflichen Belastbarkeit auch zum Zeitpunkt der Scheidung Ende November 1999 bereits bestanden hat. In Betracht kommen hiernach Tätigkeiten als medizinische Fußpflegerin (diesen Beruf hat die Klägerin erlernt), im Dienstleistungsbereich (Verkauf) oder – mit Einschränkungen – auch im Fertigungsbereich. Unter der Voraussetzung, daß sie einen Arbeitsplatz findet, bei dem sie ihr Leistungsvermögen ausschöpfen kann, könnte sie hiernach ein Einkommen in der Größenordnung erzielen, wie es das Familiengericht für erreichbar angesehen hat.
Ein solcher Arbeitsplatz dürfte für die Klägerin aber realistischerweise nicht erreichbar sein. Sie vollendet demnächst das 53. Lebensjahr und wirkt, wie schon der Sachverständige festgestellt und der persönliche Eindruck in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat bestätigt hat, deutlich vorgealtert. In den Tätigkeitsfeldern, die für sie in Betracht kommen, steht sie in Konkurrenz mit einer Vielzahl jüngerer und stärker belastbarer Bewerber/innen, die ein potentieller Arbeitgeber erfahrungsgemäß bevorzugt. Sie ist seit nunmehr 25 Jahren nicht mehr in abhängiger Beschäftigung tätig gewesen, verfügt also nicht über den Vorteil, sich aus einer bestehenden Stellung heraus bewerben zu können. Bei dieser Sachlage hält es der Senat nach der Lebenserfahrung für nahezu ausgeschlossen, daß sie selbst bei ernsthaften und umfangreichen Bemühungen eine Tätigkeit finden könnte, bei der sie dauerhaft Einkünfte erzielen würde, die den Geringverdienerbereich (bis 630,00 DM) überschreiten. Ihre zuletzt ausgeübte Tätigkeit als medizinische Fußpflegerin und Reflexzonentherapeutin, die sie im häuslichen Umfeld verrichten konnte, könnte sie nur fortsetzen, wenn sie geeignete Räumlichkeiten anmietet; berücksichtigt man, daß in diesem Fall die Mietaufwendungen gewinnmindernd zu Buche schlagen, so erscheint ein höherer Gewinn als 500,00 DM bis 600,00 DM monatlich ebenfalls unrealistisch. Einkünfte dieser Größenordnung reichen aber auch zusammen mit den Miet- und Vermögenseinkünften, wie noch zu erörtern ist, nicht aus, den eheangemessenen Bedarf zu decken.
2. Die ehelichen Lebensverhältnisse sind geprägt durch das Erwerbseinkommen des Beklagten, der sich aus Altersgründen im Vorruhestand befindet und deshalb verminderte Bezüge erhält, was die Klägerin als eheprägend hinnimmt, ferner durch den Vorteil mietfreien Wohnens im eigenen Haus, die Mieteinkünfte aus der vermieteten Eigentumswohnung, die hiermit verbundenen Belastungen (die die Mieteinkünfte vollständig aufzehren), die Abtragung von Schulden für den gemeinsamen Sohn und den Zuverdienst der Klägerin, den sie in den letzten Jahren der Ehezeit durch ihre Tätigkeit als medizinische Fußpflegerin erzielt hat.
a) Der Beklagte hat folgendes laufendes Einkommen erzielt:
|
DM |
Gesamtbrutto |
64.185 |
Abzüge: |
|
Lohnsteuer |
9.507 |
Solidaritätszuschlag |
523 |
Krankenversicherung |
3.495 |
Rentenversicherung |
5.110 |
Arbeitslosenversicherung |
1.721 |
Pflegeversicherung |
450 |
Abzug für vermögenswirksame Leistungen (eheprägend) |
936 |
Saldo |
42.443 |
Er hat um die Jahreswende 2000/2001 eine Steuemachzahlung von 6.039,00 DM für 1999 aufbringen müssen; er hatte sich in diesem Jahr trotz ganzjähriger Trennung noch in Steuerklasse 3 veranlagen lassen, was erst im Einkommensteuerbescheid korrigiert wurde. Die Nachz...