Entscheidungsstichwort (Thema)
Pfändung eines Oder-Kontos durch Gläubiger des Kontoinhabers der nicht Schuldner ist
Leitsatz (amtlich)
1. Wird das Guthaben auf einem Oder-Konto von einem Gläubiger des anderen Kontomitinhabers gepfändet, steht dem anderen Kontomitinhaber, der geltend macht, das Guthaben stehe im Innenverhältnis allein ihm zu, kein die Veräußerung hinderndes Recht im Sinne von § 771 ZPO zu.
2. Dem anderen Kontomitinhaber steht in einem solchen Fall auch kein Ausgleichsanspruch nach § 430 BGB oder ein Bereicherungsanspruch gegen den Pfändungsgläubiger zu hinsichtlich des an diesen vom Drittschuldner (Bank) abgeführten Betrags.
Normenkette
ZPO § 771; BGB § 430
Verfahrensgang
LG Stuttgart (Aktenzeichen 15 O 158/00) |
Nachgehend
Tenor
1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil der 15. Zivilkammer des LG Stuttgart vom 7.11.2000 (15 O 158/2000) wird
zurückgewiesen.
2. Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die gegen ihn gerichtete Vollstreckung des Beklagten gegen Sicherheitsleistung i.H.v. 7.500 DM abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in dieser Höhe leistet.
4. Die Beschwer des Klägers übersteigt 60.000 DM.
Der Gebührenstreitwert des Berufungsverfahrens beträgt 117.068,11 DM.
Tatbestand
Der Kläger widerspricht der Vollstreckung des Beklagten wegen Verbindlichkeiten der Mutter des Klägers, Frau H.M. an Steuern und steuerlichen Nebenleistungen in deren Ansprüche gegen die Bank und gegen die Kassenzahnärztliche Vereinigung. Außerdem begehrt er die Rückzahlung des von den Drittschuldnern an das beklagte Land ausgekehrten Geldbetrages.
Der Kläger ist Zahnarzt. Zusammen mit seiner Mutter betrieb er eine zahnärztliche Gemeinschaftspraxis. Seit 1996 hält sich Frau H.M. im Ausland auf. Ihre Zulassung als Zahnärztin gab sie zum 18.10.1998 zurück. Gemäß Bescheid des Zulassungsausschusses beim Regierungspräsidium ist die Gemeinschaftspraxis zum 31.3.1999 beendet. Im Zeitraum Juni 1996 bis August 1998 wurde von der Steuerfahndungsstelle des Finanzamts II bei Frau H.M. eine Steuerprüfung durchgeführt. Aufgrund dieser Ermittlungen erließ am 23.10.1997 die für die Mutter des Klägers zuständige Veranlagungsstelle des Finanzamts den nach § 165 Abs. 1 AO teilweise vorläufigen und nach § 164 Abs. 1 AO unter dem Vorbehalt der Nachprüfung ergangenen Bescheid für 1995 über Einkommensteuer und Solidaritätszuschlag, aus dem sich eine Zahllast i.H.v. 109.210,37 DM ergab. Weiter erließ ebenfalls am 23.10.1997 die für Frau H.M. zuständige Veranlagungsstelle des Finanzamts einen Vorauszahlungsbescheid über Einkommenssteuer und Solidaritätszuschlag. Mit Verfügung vom 18.5.1999 pfändete der Beklagte wegen Schulden an Steuern und steuerlichen Nebenleistungen von Frau H.M. deren Ansprüche bis zur Höhe von 647.710,37 DM gegen die Bank aus dem Konto Nr. … und ordnete die Einziehung der gepfändeten Ansprüche, Forderungen und Rechte in Höhe der von ihr geschuldeten Gesamtbetrags an. Bei dem Schuldbetrag handelt es sich um Einkommenssteuer einschließlich Vorauszahlungsbeträge der Jahre 1995 bis 1999 sowie des Solidaritätszuschlags zur Einkommenssteuer der gleichen Jahre. Mit Verfügung vom 31.5.1999 pfändete der Beklagte wegen derselben Steuerschulden der Mutter des Klägers deren Ansprüche in Höhe des bereits genannten Betrages gegen die Kassenzahnärztliche Vereinigung.
Am 8.6.1999 teilte die Bank mit, dass das als Oderkonto unter der Kontobezeichnung H.M. und Dr. M. geführte Konto mit der Nr. … ein Guthaben i.H.v. 91.634,46 DM ausweise und die Bank dieses Guthaben nach Ablauf der gesetzlichen Sperrfrist an den Beklagten auszahlen werde. Am 29.7.1999 überwies die Kassenzahnärztliche Vereinigung an den Beklagten 1.584,51 DM und am 1.10.1999 1.986,97 DM. Am 18.10.1999 zahlte die Bank das Guthaben einschließlich der aufgelaufenen Zinsen i.H.v. insgesamt 101.465,19 DM an den Beklagten aus. Mit Schreiben vom 3.10.1999 erhob der Kläger beim FG Baden-Württemberg Klage gegen den Beklagten. Mit Beschluss vom 11.4.2000 verwies das FG Baden-Württemberg den Rechtsstreit an das LG Stuttgart.
Der Kläger hat vorgetragen, dass das LG Stuttgart sachlich nicht zuständig sei. Die Beamten der Finanzbehörden hätten in ihrer Eigenschaft als Hilfsbeamte der Staatsanwaltschaft im Rahmen der Verfolgung einer angeblichen Steuerstraftat gehandelt. Es handle sich deshalb bei der Pfändung um einen Justizverwaltungsakt, für den gem. §§ 13, 16 GVG i.V.m. § 33 Abs. 3 FGO i.V.m. § 23 Abs. 1 EGGVG das OLG – Strafsenat – sachlich zuständig sei. Hilfsweise hat der Kläger vorgetragen, dass die Vollstreckungsmaßnahmen des Beklagten zur Pfändung und Überweisung von fremdem Vermögen geführt hätten. Die Kontoguthaben auf den Konten Nr. … bei der Bank seien ausschließlich und alleine durch die Arbeitskraft des Klägers verdient worden und stünden in dessen Eigentum. Dasselbe gelte für Ansprüche aus Honorarabrechnung bei der Kassen...