Entscheidungsstichwort (Thema)

Genehmigungstheorie, Erfüllungstheorie

 

Leitsatz (amtlich)

Ein vorläufiger Insolvenzverwalter mit Zustimmungsvorbehalt (sog. schwacher vorläufiger Insolvenzverwalter) muss einer im Einzugsermächtigungsverfahren erfolgten Belastungsbuchung innerhalb der Frist der Nr. 7 Abs. 3 AGB-Banken bzw. der Nr. 7 Abs. 4 AGB-Sparkassen widersprechen, um ein Eintreten der Genehmigungsfiktion zu verhindern.

 

Normenkette

InsO §§ 129-130, 147

 

Verfahrensgang

LG Stuttgart (Urteil vom 02.03.2009; Aktenzeichen 27 O 368/08)

 

Nachgehend

BGH (Urteil vom 30.09.2010; Aktenzeichen IX ZR 178/09)

 

Tenor

1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Einzelrichters der 27. Zivilkammer des LG Stuttgart vom 2.3.2009 - 27 O 368/08 - wird zurückgewiesen.

2. Die Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des aufgrund des Urteiles vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 110 % des zu vollstreckenden Betrages leistet.

4. Die Revision wird zugelassen.

Streitwert des Berufungsverfahrens:

Klage: 4.143,07 EUR

Widerklage: 278,20 EUR

Summe: 4.421,27 EUR.

 

Gründe

A. Der Kläger verlangt als Insolvenzverwalter die Rückzahlung von im Lastschriftverfahren eingezogenen Verbindlichkeiten aus Leasingverträgen. Die Beklagte macht widerklagend Ersatz der ihr zur Abwehr dieser Ansprüche entstandenen außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten geltend.

Die Firma I.N.H. M. GmbH (im Folgenden: Schuldnerin) hatte bei der Beklagten zwei Fahrzeuge geleast und der Beklagten eine Einzugsermächtigung für ihre fälligen Forderungen erteilt. Zwischen Anfang Oktober 2007 und Mitte November 2007 zog die Beklagte die vereinbarten Leasingraten sowie zusätzliche unstreitige Forderungen aus den Leasingverträgen i.H.v. insgesamt 6.352,26 EUR im Lastschriftverfahren über das Konto der Schuldnerin bei der Sparkasse H. ein. Mit dieser hatte die Schuldnerin die Geltung der AGB-Sparkassen und monatliche Rechnungsabschlüsse vereinbart. Im Einzelnen handelte es sich um folgende Belastungsbuchungen:

Anspruchsgrund

Betrag

Beleg

Datum der Belastung

1.

Leasingraten

1.485,72 EUR

Anlage B 6

1.10.2007 24.08.-23.10.2007

2.

Nutzungsentschädigung

74,29 EUR

Anlage B 7

14.11.2007 23.10.-26.10.2007

3.

Mehrkilometerausgleich

4.016,40 EUR

Anlage B 8

14.11.2007 24.8.2004.-26.10.2008

4.

Leasingrate

110,84 EUR

Anlage B 11

7.11.2007 26.10.-31.10.2007

5.

Leasingrate

665,01 EUR

Anlage B 11

7.11.2007 26.10.-30.11.2007

Summe:

6.352,26 EUR

Auf den am 23.11.2007 gestellten Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Schuldnerin wurde der Kläger am selben Tag zum vorläufigen Insolvenzverwalter mit Zustimmungsvorbehalt (§ 21 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2, § 22 Abs. 2 InsO) bestellt (Anlage K 1, Bl. 7 d.A.). Der Kläger unterrichtete die Beklagte mit Schreiben vom 30.11.2007 über die vorläufige Insolvenzverwaltung und stimmte einer Genehmigung der Belastungsbuchungen zu; gleichzeitig kündigte der Kläger eine Rückforderung unter dem Gesichtspunkt der Insolvenzanfechtung an (Anlage K 2, Bl. 8/9 d.A.). Am 1.2.2008 wurde das Insolvenzverfahren eröffnet und der Kläger zum Insolvenzverwalter bestellt (Anlage K 3, Bl. 10 d.A.). Mit Schreiben vom 8.4.2008 (Anlage K 4, Bl. 11/13 d.A.) focht der Kläger die Abbuchung der vorerwähnten Beträge an und forderte die Beklagte zur Rückzahlung bis zum 22.4.2008 auf. Die Beklagte lehnte eine Zahlung nach Mandatierung ihrer jetzigen Verfahrensbevollmächtigten mit Schreiben vom 20.5.2008 (Anlage B 12, Bl. 86 d.A.) endgültig ab.

Der Kläger hat die Beklagte gem. §§ 143, 130 Abs. 1 Nr. 2 InsO auf Zahlung von 6.352,26 EUR nebst Zinsen in Anspruch genommen. Die Beklagte hat im Wege der Widerklage Erstattung der vorgerichtlich angefallenen Rechtsanwaltskosten i.H.v. 507,50 EUR nebst Zinsen geltend gemacht, da ein Zahlungsanspruch des Klägers nicht bestehe und dieser pflichtwidrig i.S.v. § 280 Abs. 1 BGB gehandelt habe.

Wegen der weiteren tatsächlichen Feststellungen und des Vorbringens der Parteien im erstinstanzlichen Verfahren wird auf das angefochtene Urteil vom 2.3.2009 Bezug genommen (§ 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO).

Durch dieses Urteil hat das LG der Klage im Umfang von 4.143,07 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 2.2.2008 stattgegeben und den Kläger auf die Widerklage verurteilt, an die Beklagte 229,30 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 13.1.2009 zu bezahlen. Im Übrigen wurden Klage und Widerklage abgewiesen. Zur Begründung hat das LG im Wesentlichen ausgeführt, eine wirksame Genehmigung der Belastungsbuchungen liege nicht in der Erklärung des Klägers vom 30.11.2007 und eine Genehmigungsfiktion nach Ziff. 7 Abs. 4 AGB-Sparkassen komme im Streitfall nicht in Betracht. Als "schwacher" vorläufiger Insolvenzverwalter sei der Kläger zur Genehmigung von Be-

lastungsbuchungen aus eigenem Recht nicht berechtigt, weshalb ...

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