Leitsatz (amtlich)

Voraussetzung für die Löschung einer im Handelsregister vollzogenen Löschung einer Gesellschaft ist, dass der Löschungseintrag auf einer Verletzung einer wesentlichen Verfahrensvorschrift beruht.

 

Normenkette

FamFG § 395

 

Verfahrensgang

AG Wittlich (Aktenzeichen HRB 40524)

 

Tenor

1. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

2. Die Beschwerdeführerin hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.

3. Der Beschwerdewert wird auf 5.000 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Das Verfahren betrifft die Amtslöschung der deutschen Zweigniederlassung einer englischen Limited aus dem Handelsregister nach dem Brexit.

Die Rechtspflegerin des Registergerichts hat die verfahrensgegenständliche Zweigniederlassung, die seit 2007 im Handelsregister eingetragen war, aus dem Register gelöscht. Zuvor fand Schriftverkehr mit dem Geschäftsführer der Zweigniederlassung statt, der auf die Anfrage der Rechtspflegerin mitteilte, dass die Tätigkeit der Gesellschaft ausschließlich in Deutschland stattfinde und die Gesellschaft noch in der Überlegungsphase sei, wie rechtlich mit den Folgen des Brexit umgegangen werden solle. Das Bundesministerium für Finanzen habe englischen Limiteds mit Sitz in Deutschland weiterhin den steuerrechtlichen Status einer Kapitalgesellschaft zugestanden, mit der Folge, dass diese der Körperschaftssteuer unterliege. Rechtlich sei die Gesellschaft wohl als OHG einzustufen, so dass die Eintragung im Handelsregister in Abteilung B zu löschen sei und als Personengesellschaft eingetragen werden müsse. Derzeit erscheine eine Löschung wohl unumgänglich.

Sodann kündigte die Rechtspflegerin die Löschung förmlich an und setzte Frist zur Geltendmachung eines Widerspruchs, die dem Geschäftsführer der Gesellschaft am 9. April 2021 zugestellt worden und ungenutzt verstrichen ist. Daraufhin trug sie am 20. Mai 2021 die Löschung der Gesellschaft von Amts wegen im Handelsregister ein.

Mit Schriftsatz vom 4. Oktober 2021 beantragte der Beschwerdeführer die Aufhebung der Zwangslöschung. Auch nach dem Brexit sei die Eigenständigkeit der Zweigniederlassung einer in der Vergangenheit gegründeten Limited weiter anzuerkennen. Für die Beurteilung der Rechtsfähigkeit sei auf den Zeitpunkt der Gründung der Gesellschaft abzustellen. Nach dem Rechtsstaatsprinzip bestehe damit Vertrauensschutz, dass eingetragenen Zweigniederlassungen grundsätzlich Bestandsschutz zu gewähren sei. Nach dem Handelsabkommen sei die Limited ebenfalls anzuerkennen. Die Rechtspflegerin des Handelsregisters hat die Industrie- und Handelskammer beteiligt. Auf deren Stellungnahme wird verwiesen. Das Registergericht hat das Begehr des Beschwerdeführers in eine Anregung der amtswegigen Beseitigung der Löschung umgedeutet und mit Datum vom 22. November 2021 diese Anregung zurückgewiesen. Dagegen richtet sich die Beschwerde, der das Amtsgericht nicht abgeholfen hat.

II. Die Beschwerde ist zulässig, bleibt aber in der Sache ohne Erfolg.

1. Die Beschwerde ist zulässig.

a. Die Beschwerde ist statthaft. Zwar war die Löschung vom 20. Mai 2021 nicht anfechtbar, da nach § 383 Abs. 3 FamFG gegen vollzogene Eintragungen im Handelsregister, zu denen auch Löschungen gehören, die Beschwerde an sich nicht statthaft ist (vgl. auch Senatsbeschluss vom 1. März 2002 - 3 W 38/02 -, Rn. 7, juris).

Allerdings ist das Begehren der Beschwerdeführerin als Anregung nach § 24 FamFG, eine Amtslöschung des Löschungsvermerks vom 20. Mai 2021 nach § 395 FamFG vorzunehmen, auszulegen, worauf auch das Registergericht in der Nichtabhilfeentscheidung unter Bezugnahme u.a. auf das Schreiben vom 22. November 2021 zu Recht hingewiesen hat. Denn das ist der einzige vom Gesetz vorgesehene Weg zur Beseitigung einer unrichtigen Eintragung, hier also einer nach Ansicht der Beschwerdeführerin unrichtigen Löschung (Senatsbeschluss vom 1. März 2002 - 3 W 38/02 -, Rn. 8, juris; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 1. März 2016 - I-3 Wx 191/15 -, Rn. 8, juris). Nach § 24 FamFG kann die Einleitung eines Verfahrens, welches von Amts wegen eingeleitet werden kann, auch angeregt werden. Nach Absatz 2 dieser Vorschrift hat das Gericht in Fällen, in denen es der Anregung nach § 24 Abs. 1 FamFG nicht folgt, denjenigen, der die Einleitung angeregt hat, darüber zu unterrichten, soweit ein berechtigtes Interesse an der Unterrichtung ersichtlich ist. Zutreffend hat das Registergericht daher die als Anregung ausgelegte Eingabe der Beschwerdeführerin mit Schreiben vom 22. November 2021 und nicht mit förmlichem Beschluss beschieden. Bei der Unterrichtung nach § 24 Abs. 2 FamFG handelt es sich nämlich um eine bloße Erklärung und nicht um eine Entscheidung des Gerichts (BeckOK FamFG/Burschel, 42. Ed. 1.4.2022, FamFG § 24 Rn. 14). Die Beschwerdemöglichkeiten des Anregenden werden durch § 24 Abs. 2 FamFG jedoch nicht eingeschränkt, es gelten vielmehr die allgemeinen Regeln der §§ 58 ff. (BGH, Beschluss vom 24. April 2012 - II ZB 8/10 -, Rn. 11; juris; BeckOK FamFG/Burschel, 42. Ed. 1.4.2022, FamFG § 24 Rn. 16).

Nach § 58 Abs. 1 FamFG findet die Be...

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