Entscheidungsstichwort (Thema)

besondere amtliche Verwahrung eines errichteten gemeinschaftlichen Testaments. Zuständigkeitsbestimmung. Amtliche Verwahrung eines Testaments

 

Leitsatz (redaktionell)

Für die Zuständigkeit der Weiterverwahrung des gemeinschaftlichen Testaments ist entscheidend, an welchem Ort die nach dem Tod des ersten Ehegatten eröffnete letztwillige Verfügung vorangig zur Aufgabenerfüllung des Nachlassgerichts benötigt wird.

 

Normenkette

BGB § 2261 S. 2

 

Verfahrensgang

AG Lahnstein (Entscheidung vom 19.09.1998; Aktenzeichen 1 IV 498/93)

AG Schweinfurt (Entscheidung vom 16.12.1993; Aktenzeichen IV 0190/98)

 

Tenor

Das Amtsgericht Schweinfurt ist zur besonderen amtlichen Verwahrung des gemeinschaftlichen Testaments vom 16. Dezember 1993 örtlich zuständig.

 

Gründe

Für die Entscheidung über die Meinungsverschiedenheiten der beteiligten Amtsgerichte ist gemäß § 5 Abs. 1 Satz 1, 199 Abs. 2 Satz 2 FGG, 4 Abs. 3 Nr. 2 a GerOrgG Rheinland-Pfalz der Senat zuständig, weil das zu seinem Zuständigkeitsbereich gehörende Amtsgericht Lahnstein zuerst mit der Sache befaßt war. Er entscheidet den Zuständigkeitsstreit dahin, daß das Amtsgericht – Nachlaßgericht – Schweinfurt für die weitere besondere amtliche Verwahrung des Testaments zuständig ist.

Die Frage, welches Gericht für die besondere amtliche Weiterverwahrung eines gemeinschaftlichen Testaments oder Erbvertrags nach dem Tode des Erstversterbenden zuständig ist, wird in Rechtsprechung und Literatur unterschiedlich beantwortet. Einerseits wird die Auffassung vertreten, daß § 2261 Satz 2 BGB zur Zuständigkeit desjenigen Amtsgerichts führe, das die Aufgaben des Nachlaßgerichts nach dem Tode des Erstversterbenden wahrzunehmen habe (früher BayObLGZ 1974, 7, 8; OLG Celle Rpfleger 1979, 24; OLG Hamm Rpfleger 1987, 313 und Rpfleger 1990, 299; OLG Frankfurt NJW-RR 1995, 460; MüKo/Musielak, BGB 3. Aufl. § 2273 Rdnr. 8; Staudinger/Kanzleiter, BGB 12. Aufl. § 2273 Rdnr. 4). Dieser Auffassung hat sich der Senat angeschlossen (Rpfleger 1988, 149 = NJW-RR 1988, 264 = MDR 1988, 233 sowie Beschluß vom 28. Oktober 1991 – 2 AR 40/91).

Die Gegenmeinung steht auf dem Standpunkt, daß die Zuständigkeit für die besondere amtliche Weiterverwahrung eines gemeinschaftlichen Testaments oder Erbvertrags durch den ersten Erbfall keine Veränderung erfährt und bei dem bisher zuständigen Amtsgericht verbleibt (KG Rpfleger 1981, 304; OLG Köln, Rpfleger 1975, 249; SchlHOLG SchlHA 1978, 101; OLG Oldenburg NJW-RR 1987, 265; OLG Stuttgart Rpfleger 1988, 189; OLG Saarbrücken Rpfleger 1988, 484; mittlerweile auch BayObLG Rpfleger 1989, 284; FamRZ 1995, 681; Palandt/Edenhofer, BGB 58. Aufl. § 2273 Rdnr. 6).

Der Senat hält nach erneuter Prüfung an seiner bisherigen Auffassung fest. Zur Begründung kann – wie bereits im Beschluß vom 28. Oktober 1991 – auf die ausführlichen Darlegungen des OLG Hamm (Rpfleger 1990, 299) verwiesen werden. Demgegenüber enthält die zuletzt ergangene Entscheidung des BayObLG (FamRZ 1995, 681) keine neuen Aspekte. § 2273 Abs. 2 Satz 2 BGB trifft keine Regelung für die örtliche Zuständigkeit der Wiederverwahrung. Entscheidend ist deshalb der Gesichtspunkt, an welchem Ort nach dem Tod des erstversterbenden Ehegatten (Vertragsschließenden) die eröffnete letztwillige Verfügung vorrangig zur Aufgabenerfüllung des Nachlaßgerichts benötigt wird (vgl. Senat Rpfleger 1988, 149; OLG Hamm Rpfleger 290, 299, 300). Insoweit kann es auch nicht maßgeblich darauf ankommen, daß der Wohnsitz oder Aufenthalt des Erblassers im Zeitpunkt des Todes für den zweiten Erbfall nicht feststeht (so BayObLG FamRZ 1995, 681, 682). Die Ungewißheit besteht bereits für den ersten Erbfall. Insoweit macht es keinen Unterschied, ob beim zweiten Erbfall sodann das vor der ersten Eröffnung zuständige oder das nach dem ersten Erbfall zuständige Amtsgericht gemäß § 2261 BGB zu verfahren hat.

 

Unterschriften

Hengesbach, Reichling, Wagner

 

Fundstellen

Haufe-Index 943176

NJWE-FER 1998, 279

Rpfleger 1998, 428

OLGR-KSZ 1998, 492

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