Entscheidungsstichwort (Thema)
Rechtsmitteleinlegung beim örtlich unzuständigen Gericht
Leitsatz (amtlich)
Das für die Rechtsmitteleinlegung unzuständige und auch vorher mit der Sache noch nicht befasste Gericht trifft ggü. dem Rechtsmittelführer keine generelle Fürsorgepflicht, durch Hinweise oder geeignete Maßnahmen eine Versäumung der Rechtsmittelfrist zu verhindern. Unterbleiben derartige Maßnahmen, ist darin kein Wiedereinsetzungsgrund zu sehen (Fortführung der Entscheidung des OLG Zweibrücken v. 9.2.2005 - 3 W 5/05, OLGReport Zweibrücken 2005, 460 = MDR 2005, 707).
Normenkette
FGG § 22 Abs. 2; GerOrgG Rheinland-Pfalz § 4 Abs. 3 Nr. 2a
Verfahrensgang
LG Mainz (Beschluss vom 20.06.2005; Aktenzeichen 3 T 202/04) |
AG Worms (Aktenzeichen 4 UR II 62/03 WEG) |
Tenor
I. Der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Einlegung der sofortigen weiteren Beschwerde wird abgelehnt.
II. Die sofortige weitere Beschwerde wird als unzulässig verworfen.
III. Die Antragsgegner haben die Gerichtskosten des Verfahrens der sofortigen weiteren Beschwerde zu tragen.
IV. Der Geschäftswert für das Verfahren der sofortigen weiteren Beschwerde wird auf 36.351,18 EUR festgesetzt.
Gründe
Das Rechtsmittel der Antragsgegner ist als sofortige weitere Beschwerde nach §§ 43 Abs. 1 Nr. 4, 45 Abs. 1 WEG an sich statthaft. Es ist jedoch als unzulässig, da verfristet, zu verwerfen, weil die weitere Beschwerde innerhalb der gesetzlich vorgeschriebenen Frist (§§ 43 Abs. 1, 45 Abs. 1 WEG, § 22 Abs. 1 FGG) nicht bei dem für die Entscheidung zuständigen Pfälzischen OLG Zweibrücken angebracht worden ist.
Die Zweiwochenfrist des § 22 Abs. 1 FGG wurde mit der Zustellung des angefochtenen Beschlusses am 1.7.2005 in Gang gesetzt und endete daher mit Ablauf des 15.7.2005 (§ 17 Abs. 1 FGG, § 188 Abs. 2 BGB). Das Fehlen der in Wohnungseigentumssachen an sich erforderlichen Rechtsmittelbelehrung im Beschluss des LG steht weder der Wirksamkeit der gerichtlichen Entscheidung noch dem Beginn des Laufs der Rechtsmittelfrist entgegen (BGH v. 2.5.2002 - V ZB 36/01, BGHZ 150, 390 = BGHReport 2002, 617 m. Anm. Becker = MDR 2002, 1140 = FGPrax 2002, 166).
Durch die Einlegung der sofortigen weiteren Beschwerde per Telefaxschreiben vom 13.7.2005 bei dem OLG Koblenz ist die Frist nicht gewahrt worden, weil das von dem Verfahrensbevollmächtigten der Antragsgegner angegangene Gericht nicht das zuständige Rechtsmittelgericht ist. In Rheinland-Pfalz ist die Zuständigkeit für Entscheidungen über das Rechtsmittel der weiteren Beschwerde in WEG-Sachen aufgrund der Ermächtigung des § 199 Abs. 1 FGG beim Pfälzischen OLG Zweibrücken konzentriert, § 4 Abs. 3 Nr. 2a GerOrgG Rheinland-Pfalz (Sammlung des bereinigten Landesrechts Rheinland-Pfalz - BS-300-1).
Bei dem Pfälzischen OLG Zweibrücken ist die weitere Beschwerde aber erst am 18.8.2005 - und damit verfristet - eingegangen.
Gegen die Fristversäumnis kann den Antragsgegnern die mit Schriftsatz vom 1.9.2005 nachgesuchte Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht bewilligt werden.
Gemäß §§ 22 Abs. 2, 29 Abs. 4 FGG setzt die Gewährung der Wiedereinsetzung voraus, dass die Antragsgegner ohne eigenes Verschulden oder Verschulden ihres anwaltlichen Vertreters an der Einhaltung der Rechtsmittelfrist gehindert waren. Dieses Erfordernis ist nicht erfüllt. Die Antragsgegner müssen sich das Verschulden ihres Verfahrensbevollmächtigten zurechnen lassen, welches darin liegt, dass er die weitere Beschwerde bei einem unzuständigen Gericht eingelegt hat.
Wie der Senat wiederholt entschieden hat, ist die Versäumung der Notfrist zur Einlegung der sofortigen weiteren Beschwerde nicht unverschuldet, wenn ein außerhalb des Landes Rheinland-Pfalz ansässiger Rechtsanwalt die landesrechtliche Bestimmung, nach der für die weitere Beschwerde in Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit das Pfälzische OLG Zweibrücken zuständig ist, wegen Gesetzesunkenntnis nicht beachtet; das gilt auch bei Fehlen der in Wohnungseigentumssachen an sich erforderlichen Rechtsmittelbelehrung in der Entscheidung des LG über die Erstbeschwerde (vgl. zum Ganzen mit näherer Begründung, auf die hiermit zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug genommen wird, OLG Zweibrücken, Beschl. v. 9.2.2005 - 3 W 5/05, OLGReport Zweibrücken = MDR 2005, 707 = NJW 2005, 1439 = juris; Beschl. v. 2.12.1987 - 3 W 106/87, MDR 1988, 418).
Im vorliegenden Fall dürfte als weiteres Verschuldenselement hinzukommen, dass vor Einlegung der sofortigen weiteren Beschwerde die vorerwähnte Entscheidung des Senats vom 9.2.2005 u.a. im Heft Nr. 20 der NJW vom 16.5.2005 und im Heft Nr. 12 der MDR vom 20.6.2005 (OLG Zweibrücken v. 9.2.2005 - 3 W 5/05, OLGReport Zweibrücken 2005, 460 = MDR 2005, 707 = NJW 2005, 1439) veröffentlicht worden war und den Rechtsanwalt die Berufspflicht trifft, zumindest eine allgemeine juristische Fachzeitschrift regelmäßig und zeitnah zu ihrem Erscheinen auszuwerten (BGH NJW 1979, 877).
Darüber hinaus liegt ein Anwaltsverschulden auch darin, dass der Verfahr...