Entscheidungsstichwort (Thema)
Rechtliche Betreuung
Leitsatz (amtlich)
Zur Betreuerbestellung trotz erteilter Vollmacht, zum Umfang der Rechtskontrolle im dritten Rechtszug hinsichtlich der Betreuerauswahl und zur Zulässigkeit der Anordnung eines Einwilligungsvorbehalts auch bei Geschäftsunfähigkeit des Betreuten.
Normenkette
BGB § 104 Nr. 2, §§ 105, 1896 Abs. 1, 1a, 2, § 1897 Abs. 1, 4, § 1903; FGG § 27 Abs. 1
Verfahrensgang
LG Zweibrücken (Beschluss vom 23.01.2006; Aktenzeichen 4 T 224/04) |
AG Zweibrücken (Aktenzeichen XVII 84/04) |
Tenor
Die weitere Beschwerde wird zurückgewiesen.
Gründe
Das Rechtsmittel der Betroffenen ist, soweit es sich gegen die Anordnung der rechtlichen Betreuung richtet, als einfache weitere Beschwerde nach §§ 20 Abs. 1, 27 Abs. 1 FGG statthaft; soweit der von dem VormG darüber hinaus angeordnete Einwilligungsvorbehalt angefochten wird, handelt es sich um eine sofortige weitere Beschwerde nach §§ 69g Abs. 4 S. 1 Nr. 1, 27 Abs. 1, 29 Abs. 2 FGG. Die Verfahrensfähigkeit der Betroffenen folgt ohne Rücksicht auf ihre Geschäftsfähigkeit aus § 66 FGG; dementsprechend konnte sie ihre anwaltlichen Verfahrensbevollmächtigten auch selbst wirksam mit der Wahrnehmung ihrer Rechte beauftragen (BayObLG v. 11.7.2001 - 3Z BR 203/01, FamRZ 2002, 764). Wegen der anwaltlichen Vertretung der Betroffenen hat der Senat von der Bestellung eines Verfahrenspflegers für den dritten Rechtszug abgesehen (§ 67 Abs. 1 S. 7 FGG).
In der Sache hat die Rechtsbeschwerde keinen Erfolg. Die angefochtene Entscheidung des LG hält der im Verfahren der weiteren Beschwerde allein zulässigen rechtlichen Nachprüfung (§ 27 Abs. 1 FGG, § 546 ZPO) stand.
Im Einzelnen gilt dazu Folgendes:
1. Kann ein Volljähriger aufgrund einer psychischen Krankheit oder einer körperlichen, geistigen oder seelischen Behinderung seine Angelegenheiten ganz oder teilweise nicht besorgen, bestellt das VormG auf seinen Antrag oder von Amts wegen für ihn einen Betreuer (§ 1896 Abs. 1 S. 1 BGB). Gegen den Willen des Betroffenen - so liegt der Fall hier - darf eine "Zwangsbetreuung" nur angeordnet werden, wenn der Betroffene aufgrund einer der in § 1896 BGB genannten Eingangsalternativen seinen Willen nicht frei bestimmen kann (§ 1896 Abs. 1a BGB), d.h. nicht in der Lage ist, ihn unbeeinflusst von der Krankheit oder Behinderung zu bilden und nach zutreffend gewonnenen Einsichten zu handeln. Abzustellen ist dabei darauf, ob eine freie Entscheidung nach Abwägung des Für und Wider bei sachlicher Prüfung der in Betracht kommenden Gesichtspunkte möglich ist oder ob umgekehrt von einer freien Willensbildung nicht mehr gesprochen werden kann, etwa weil infolge der Geistesstörung Einflüsse dritter Personen den Willen übermäßig beherrschen (BGH v. 5.12.1995 - XI ZR 70/95, MDR 1996, 348 = NJW 1996, 918 [919], m.w.N.; BayObLG BtPrax 2004, 239 [240]).
Im Weiteren muss bei der Prüfung der Frage, ob und ggf. in welchem Umfang eine Betreuung erforderlich ist (§ 1896 Abs. 2 S. 1 BGB), zwischen Betreuungsbedürftigkeit und Betreuungsbedarf unterschieden werden: Erstere bezieht sich auf die Unfähigkeit des Volljährigen zur Besorgung seiner Angelegenheiten, Letzterer auf den Kreis der konkret zu besorgenden Angelegenheiten. Das Bestehen einer Vollmacht oder das Vorhandensein anderer Hilfen (Angehörige, Freunde, Nachbarn etc.) kann nach dem in § 1896 Abs. 2 S. 2 BGB verankerten Grundsatz der Subsidiarität die Erforderlichkeit der Betreuung ausschließen, wenn dadurch die Angelegenheiten des Betroffenen ebenso gut wie durch einen Betreuer besorgt werden können (vgl. zum Ganzen etwa OLG Zweibrücken v. 8.12.2004 - 3 W 187/04, OLGReport Zweibrücken, 2005, 249 = FamRZ 2005, 748, m.w.N.).
2. Von dieser Rechtslage ist die Zivilkammer bei ihrer Entscheidung zutreffend ausgegangen. In dem aufgezeigten rechtlichen Rahmen tragen die den Senat bindenden (§ 27 Abs. 1 FGG, § 559 ZPO) tatsächlichen Feststellungen die Bestellung der Betreuerinnen für die von dem VormG festgelegten Aufgabenkreise und die Anordnung des Einwilligungsvorbehalts.
a) Nach den Feststellungen der hierzu sachverständig beratenen Tatrichter ist die Betroffene betreuungsbedürftig.
Danach leidet die 80-jährige Betroffene nach langjährigem chronischen Alkoholmissbrauch an einer unumkehrbaren krankhaften Störung der Geistestätigkeit, hervorgerufen durch einen hirnorganischen Abbauprozess (schweres organisches Psychosyndrom im Sinne einer Demenzerkrankung). Durch den Hirnleistungsabbau ist die Betroffene - trotz weitgehend erhaltener Persönlichkeitsfassade im alltäglichen Leben in ihrer gewohnten Umgebung - in ihrer Urteilsfähigkeit und in ihrem Kritikvermögen massiv beeinträchtigt. Komplexe Zusammenhänge vermag sie nicht mehr zu erfassen; in ihrer Willensbildung zeigt sie eine erhöhte Suggestibilität. Zur freien Bestimmung ihres Willens ist die Betroffene wegen des schweren und dauerhaften Defektzustandes nicht mehr in der Lage.
Gegen diese Tatsachenfeststellungen des LG bestehen keine rechtlichen Bedenken.
Sie beruhen insb. auf dem E...