Leitsatz (amtlich)

1. Prozesskostenhilfe versagende Beschlüsse werden nach Ablauf der Beschwerdefrist unanfechtbar (formell rechtskräftig), erwachsen aber nicht in materielle Rechtskraft.

2. Die Wiederholung eines formell rechtskräftig abgelehnten Antrages unter Nachholung des erforderlichen Sachvortrages ist zulässig und führt zur erneuten Sachprüfung für die Zeit ab Eingang des vollständigen Prozesskostenhilfeantrages.

 

Normenkette

ZPO §§ 114-115, 117, 127 Abs. 2, § 569 Abs. 1

 

Verfahrensgang

AG Bad Dürkheim (Beschluss vom 14.03.2003; Aktenzeichen 1 F 7/99)

 

Tenor

Auf die sofortige Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluss des AG – FamG – Bad Dürkheim vom 14.3.2003 aufgehoben und die Sache zur erneuten Entscheidung, auch über die Kosten des Beschwerdeverfahrens, an das Erstgericht zurückverwiesen.

 

Gründe

I. Der Antragsteller hat am 8.2.2002 (erstmals) zu Protokoll Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe – wohl für das seit Anfang 1999 anhängige Ehescheidungsverfahren nebst Folgesachen – gestellt und seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse mit Vordruck gem. § 117 Abs. 4 ZPO vom 28.8.2002 erklärt.

Durch Beschluss vom 12.9.2002, den Prozessbevollmächtigten des Antragstellers zugestellt am 16.9.2002, hat das AG – FamG – Bad Dürkheim die nachgesuchte Prozesskostenhilfe verweigert; der Antragsteller habe seine Bedürftigkeit nicht in der nach § 117 Abs. 2 ZPO erforderlichen Form nachgewiesen, so dass die Abzugsfähigkeit der angeführten Verbindlichkeiten nicht beurteilt werden könne.

Die hiergegen am 22.11.2002 eingegangene Beschwerde vom 19.11.2002 haben die Prozessbevollmächtigten des Antragstellers nach Hinweis des Gerichts auf die Nichteinhaltung der Beschwerdefrist (§ 127 Abs. 2 S. 3 ZPO in der seit 1.1.2002 geltenden Fassung) zurückgenommen.

Mit Antrag vom 12.3.2003, eingegangen am 14.3.2003, hat der Antragsteller erneut um Prozesskostenhilfe „für die erste Instanz” nachgesucht und dabei – wie schon mit der Beschwerde gegen die Erstentscheidung – seine Angaben zu den persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen entspr. den Vorgaben im Beschluss vom 12.9.2002 ergänzt und belegt.

In dem nunmehr angefochtenen Beschluss vom 14.3.2003 hat das FamG den erneuten Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe als unzulässig verworfen. Da sich die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse des Antragstellers nicht geändert hätten, stehe dem erneuten Antrag die rechtskräftige Zurückweisung der Prozesskostenhilfe mit Beschluss vom 12.9.2003 (richtig: 2002) entgegen; bei anderer Beurteilung bliebe die Einführung der befristeten Beschwerde gegen die Versagung der Prozesskostenhilfe ohne rechtliche Konsequenzen.

Im Rahmen der Beschwerde gegen diese Entscheidung hat der Antragsteller nunmehr dargelegt, seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse hätten sich zwischenzeitlich geändert; seit Februar 2003 befinde er sich im Vorruhestand; mit der ihm bei Ausscheiden seitens der Arbeitgeberin gezahlten Nettoabfindung von rund 88.000 Euro müsse er bis Ende Mai 2007 (Vollendung des 60. Lebensjahres und Beginn der Ruhestandsbezüge) seinen Lebensunterhalt sichern, so dass ihm ein geringeres monatliches Einkommen als zuvor zur Verfügung stehe.

Das FamG hat der Beschwerde nicht abgeholfen und seine Entscheidung ergänzend begründet: Bei vollständiger ordnungsgemäßer Darlegung der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse, insb. Beleg der Verbindlichkeiten, wäre dem Antragsteller schon auf seinen ersten Antrag hin Prozesskostenhilfe ohne Ratenzahlung zu bewilligen gewesen. Die Einkommensreduzierung durch Eintritt in den Vorruhestand habe sich damit auf den Prozesskostenhilfeanspruch qualitativ nicht ausgewirkt. Deshalb könne auch auf diesen neuen Antrag keine Prozesskostenhilfe bewilligt werden. Der mit Einführung der befristeten Beschwerde verfolgte gesetzgeberische Zweck werde umgangen, wenn ein Bedürftiger, dem Prozesskostenhilfe mangels hinreichender Darlegung seiner persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse versagt worden ist, jede Veränderung dieser Verhältnisse nutzen könne, um letztlich doch eine positive Entscheidung seines Prozesskostenhilfe-Gesuchs zu erreichen.

II. Die gem. § 127 Abs. 2 und 3 ZPO gegen die Versagung der nachgesuchten Prozesskostenhilfe statthafte sofortige Beschwerde, über die der Senat gem. § 568 S. 2 ZPO in seiner im Gerichtsverfassungsgesetz vorgeschriebenen Besetzung entscheidet, ist verfahrensrechtlich bedenkenfrei, insb. form- und fristgerecht eingelegt und hat in der Sache einen vorläufigen Erfolg.

Die angefochtene Entscheidung war aufzuheben und die Sache zur erneuten Entscheidung über das Prozesskostenhilfe-Gesuch des Antragstellers an das Erstgericht zurückzuverweisen. Der Senat ist zu einer eigenen Sachentscheidung nicht in der Lage, da die Voraussetzungen einer Prozesskostenhilfe-Bewilligung – insb. die hinreichenden Erfolgsaussichten der Rechtsverfolgung des Antragstellers – nicht abschließend beurteilt werden können. Die hierfür erforderlichen Hauptakten stan...

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