Entscheidungsstichwort (Thema)

Verfahrenswert für einstweilige Anordnung über Verfahrenskostenvorschuss

 

Leitsatz (amtlich)

Der Verfahrenswert eines auf Zahlung eines Verfahrenskostenvorschuss gerichteten einstweiligen Anordnungsverfahrens ist mit dem hälftigen Vorschussbetrag anzusetzen.

 

Normenkette

BGB § 1360a Abs. 4; FamGKG §§ 35, 41, 51; FamFG § 52 Abs. 2, §§ 54, 57, 246 Abs. 1

 

Verfahrensgang

AG Bad Dürkheim (Beschluss vom 29.12.2015; Aktenzeichen 1 F 161/15)

 

Tenor

1. Auf die Beschwerde, über die der Senat wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Sache gemäß § 57 Abs. 5 Satz 2 FamGKG in seiner vollen Besetzung entscheidet, wird der angefochtene Beschluss geändert:

Der Verfahrenswert wird auf 1.740,55 EUR festgesetzt.

Mit der angefochtenen Entscheidung hat das Familiengericht den Verfahrenswert auf den mit dem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung verlangten Verfahrenskostenvorschussbetrag von 3.481,10 EUR festgesetzt.

Die hiergegen mit dem Ziel der Reduzierung des Verfahrenswert auf die Hälfte des verlangten Vorschussbetrags eingelegte Beschwerde ist verfahrensrechtlich bedenkenfrei; sie ist form- und fristgerecht eingelegt, der Wert des Beschwerdegegenstands übersteigt 200,00 EUR (§§ 59 Abs. 1 Satz 1 und 3, 55 Abs. 3 Satz 2 FamGKG).

Das Rechtsmittel hat auch in der Sache Erfolg.

In der obergerichtlichen Rechtsprechung ist umstritten, ob der Verfahrenswert eines auf Zahlung eines Verfahrenskostenvorschusses gerichteten einstweiligen Anordnungsverfahrens mit dem vollen oder in Anwendung des § 41 FamGKG lediglich mit dem hälftigen Vorschussbetrag anzusetzen ist (für den vollen Wert: OLGe Bamberg Beschluss vom 13.5.2011 - 2 WF 102/11, Düsseldorf Beschluss vom 13.2.2014 - 5 WF 24/14, Hamm Beschluss vom 25.2.2014 - 6 WF 8/14, Frankfurt am Main [3. Senat] Beschlüse vom 22.8.2013 - 3 WF 216/13 - und 12.6.2014 - 3 WF 136/14, Köln Beschluss vom 13.6.2014 - 26 WF 60/14 und Bremen Beschluss vom 24.9.2014 - 5 WF 72/14; für den hälftigen Wert: OLGe Frankfurt am Main [5. und 6. Senat] Beschlüsse vom 4.4.2014 - 5 WF 40/14 - und 3.7.2015 - 6 WF 136/15, Celle Beschlüsse vom 9.7.2013 - 10 WF 230/13 und 31.1.2015 - 19 WF 318/14; zitiert nach juris).

Der Senat folgt der letztgenannten Auffassung.

Der Verfahrenskostenvorschussanspruch ist Unterhaltsanspruch (§ 1360a Abs. 4 BGB).

Da mit seiner Geltendmachung keine wiederkehrenden monatlichen Leistungen begehrt werden, sondern eine Einmalzahlung, richtet sich der Verfahrenswert für die Gerichtsgebühren (und dem folgend auch für die Anwaltsgebühren - vgl. § 23 Abs. 1 RVG) nicht nach der besonderen Wertvorschrift des § 51 FamGKG, sondern nach der allgemeinen Wertvorschrift des § 35 FamGKG, also nach der Höhe der bezifferten Geldforderung.

Wird Verfahrenskostenvorschuss nicht im Hauptsacheverfahren, sondern - wie regelmäßig und auch hier - im Wege der einstweiligen Anordnung begehrt, ist der Wert allerdings regelmäßig mit der Hälfte des für die Hauptsache bestimmten Werts anzusetzen (§ 41 FamGKG). Einstweilige Anordnungen haben - auch soweit sie Verfahrenskostenvorschuss zum Gegenstand haben - gegenüber Hauptsacheentscheidungen geringere Bedeutung.

Auf ihrer Grundlage erfolgte Zahlungen haben keine Erfüllungswirkung; sie schaffen keine Grundlage zum Behaltendürfen des vereinnahmten Betrags.

Sie erwachsen nicht in materielle Rechtskraft und können jederzeit vom Familiengericht aufgehoben oder abgeändert werden (§ 54 FamFG).

Auch sind Hauptsacheverfahren weder ausgeschlossen noch entbehrlich. Eine Überprüfung der familiengerichtlichen Entscheidung durch das Oberlandesgericht kann wegen der fehlenden Anfechtbarkeit der eA-Entscheidung (§ 57 FamFG) nur im Rahmen eines Hauptsacheverfahrens - dessen Einleitung auch vom Antragsgegner veranlasst werden kann (vgl. § 52 Abs. 2 FamFG) - erreicht werden.

Der Umstand, dass diese Verfahrensmöglichkeiten in der Praxis wenig genutzt werden und einstweilige Anordnungen zum Verfahrenskostenvorschuss keine vorläufigen Regelungen, sondern Zahlungsverpflichtungen aussprechen (§ 246 Abs. 1 FamFG), rechtfertigt nach Auffassung des Senats keine andere Beurteilung. Dies ändert nichts an ihrer im Vergleich zur Hauptsache - beschränkten - Wirkung.

2. Das Beschwerdeverfahren ist gerichtsgebührenfrei; außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet (§ 59 Abs. 3 FamGKG).

 

Fundstellen

Haufe-Index 9661454

FamRZ 2017, 54

FuR 2017, 159

AGS 2016, 527

RVGreport 2017, 71

NZFam 2016, 951

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