Leitsatz (amtlich)

Werden in einem Prozessvergleich Ansprüche einbezogen, die Gegenstand eines anderen gerichtlichen Verfahrens sind, erhält der Rechtsanwalt, der in jenem Verfahren bereits die volle Prozessgebühr nach § 31 Abs. 1 Nr. 1 BRAGO verdient hat, für seine Mitwirkung am Vergleich keine zusätzliche Prozessdifferenzgebühr gem. §§ 32, 13 Abs. 3 BRAGO.

 

Normenkette

BRAGO § 13 Abs. 3, § 31 Abs. 1 Nr. 1, § 32

 

Verfahrensgang

AG Rockenhausen (Aktenzeichen 3 F 262/01)

 

Tenor

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

 

Gründe

Mit der angefochtenen Entscheidung hat das AG – FamG – Rockenhausen die Erinnerung der Beschwerdeführerin gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss des Urkundsbeamten des AG – FamG – Rockenhausen vom 30.9.2002, mit welchem dem Antrag der beigeordneten Rechtsanwältin auf Festsetzung der ihr aus der Staatskasse zu gewährenden Vergütung vom 22.9.2002 nur teilweise entsprochen worden ist, zurückgewiesen. Festgesetzt wurden vom Urkundsbeamten statt der angemeldeten 5/10-Prozessgebühr aus in den Prozessvergleich einbezogenen Regelungen betreffend – nicht anhängige – Kindesunterhaltsansprüche und – in einem gesonderten Rechtsstreit beim gleichen Gericht (Az.: 3 F 88/02) anhängigen – Trennungsunterhaltsansprüche i.H.v. insgesamt 237,50 DM zzgl. Mehrwertsteuer (Gebühr gem. § 123 BRAGO aus den Teilstreitwerten betreffend Trennungsunterhalt – 12.300,14 DM – und betreffend Kindesunterhalt – 5.421,26 DM = insgesamt 17.721,70 DM) lediglich eine 5/10-Prozessgebühr aus dem vorgenannten Teilstreitwert betreffend den Kindesunterhalt, jedoch in Anwendung des § 13 Abs. 3 BRAGO gekürzt auf die Differenz zwischen einer vollen (Prozess-)Gebühr aus dem Gesamtstreitwert der hier anhängigen Verfahrensgegenstände (= 22.212,95 DM) zzgl. des Gegenstandswertes des nicht anhängigen Verfahrensgegenstandes Kindesunterhalt, insgesamt 27.834,51 DM (= 565 DM) und der bereits nach § 31 Abs. 1 BRAGO verdienten vollen Prozessgebühr aus den hier anhängigen Verfahrensgegenständen (= 525 DM), also auf 40 DM zzgl. MwSt.

Die gegen die Zurückweisung der Erinnerung gerichtete Beschwerde, über die der Senat gem. § 568 S. 2 ZPO n.F. in seiner nach dem Gerichtsverfassungsgesetz vorgeschriebenen Besetzung entscheidet, ist statthaft (§ 128 Abs. 4 BRAGO) und auch i.Ü. verfahrensrechtlich bedenkenfrei, bleibt in der Sache jedoch ohne Erfolg.

Zum einen wäre auch unter Beachtung der Rechtsauffassung der Beschwerdeführerin keine zusätzliche 5/10-Prozessgebühr aus der Summe der Gegenstandswerte betreffend Trennungs- und Kindesunterhalt (= 17.721,70 DM) neben der vollen Prozessgebühr aus den hier anhängigen Verfahrensgegenständen anzusetzen, sondern lediglich die Differenz zwischen einer vollen Prozessgebühr aus einem Gesamtstreitwert von 40.134,25 DM und der vollen Gebühr der hier anhängigen Verfahrensgegenstände gem. § 31 Abs. 1 BRAGO, mithin lediglich ein Betrag von (685 DM ./. 525 DM =) 160 DM zzgl. MwSt. (§ 13 Abs. 3 BRAGO).

Der Senat teilt aber die Ansicht des Erstgerichtes, wonach bei der Bemessung der hier gem. §§ 32, 13 Abs. 3 BRAGO zusätzlich verdienten Prozess(differenz)gebühr der Teilstreitwert der von der Beschwerdeführerin für die Antragsgegnerin in einem anderen Verfahren anhängig gemachten Trennungsunterhaltsansprüche überhaupt nicht zu berücksichtigen ist. Insoweit hat die Beschwerdeführerin in vorliegendem Verfahren lediglich Anspruch auf Festsetzung einer Vergleichsgebühr, die – entspr. ihrem Antrag – auch erfolgt ist (der Teilstreitwert betreffend der Trennungsunterhaltsansprüche ist im für die Vergleichsgebühr maßgeblichen Gesamtstreitwert von 28.749,62 DM enthalten).

Nach § 32 Abs. 1 BRAGO erhält der Rechtsanwalt nur eine halbe Prozessgebühr, wenn der ihm erteilte Auftrag endigt, bevor er die Klage, den ein Verfahren einleitenden Antrag oder einen Schriftsatz, der Sachanträge, die Zurücknahme der Klage oder die Zurücknahme des Antrages enthält, eingereicht oder bevor er für seine Partei einen Termin wahrgenommen hat – also bevor er die in § 31 Abs. 1 Nr. 1 BRAGO bestimmte volle Gebühr verdient hat. Das ist hier nicht der Fall, da die Beschwerdeführerin das Trennungsunterhaltsverfahren anhängig gemacht und damit dort die volle Prozessgebühr des § 31 Abs. 1 Nr. 1 BRAGO für ihre Tätigkeit verdient hat.

§ 32 Abs. 2 BRAGO billigt einem Rechtsanwalt, der lediglich beantragt, eine Einigung der Parteien zu Protokoll zu nehmen, neben der Vergleichsgebühr auch eine halbe Prozessgebühr zu. Diese Vorschrift will eine gebührenrechtliche Lücke schließen. Die anwaltliche Tätigkeit, die von vornherein nur auf die Antragstellung i.S.d. § 32 Abs. 2 BRAGO gestützt war, soll mit mehr als der – i.Ü. nur im Falle des erfolgreichen Abschlusses verdienten – Vergleichsgebühr honoriert werden. Hierfür besteht aber keine Veranlassung, wenn der Rechtsanwalt für seine Tätigkeit aufgrund anderweitig erteilten Prozessauftrages eine volle Prozessgebühr gem. § 31 BRAGO bereits verdient hat. Damit ist sein mit dem Betreiben des Geschäftes verbundener Aufwand abgegolten; es i...

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