Entscheidungsstichwort (Thema)
Beschwerde gegen isolierte Kostenentscheidungen. Kosten bei Erledigung durch Vergleich
Leitsatz (amtlich)
1. In Familienstreitsachen sind für Beschwerden gegen sog. isolierte Kostenentscheidungen, die ohne gleichzeitige Hauptsacheentscheidung ergehen, gemäß § 113 Abs. 1 FamFG die Vorschriften der ZPO anzuwenden (Bestätigung Senat vom 30. März 2011, 6 WF 224/10).
2. Im Rahmen der Ermessensausübung gemäß § 243 Satz 2 FamFG kann auch der Rechtsgedanke des § 98 ZPO einfließen, wonach die Kosten eines durch Vergleich erledigten Rechtstreits als gegeneinander aufgehoben anzusehen sind, wenn nicht die Parteien ein anderes vereinbart haben.
Verfahrensgang
AG Neustadt an der Weinstraße (Entscheidung vom 13.01.2011; Aktenzeichen 2 F 76/10) |
Tenor
I. Der angefochtene Beschluss wird geändert:
Die Kosten des Verfahrens werden gegeneinander aufgehoben.
II. Die Antragstellerin hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.
III. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
IV. Der Wert des Beschwerdegegenstandes wird auf bis zu 1.200,00 € festgesetzt.
Gründe
I. Die Beteiligten waren vom 10. Juli 1980 bis zum 30. November 2011 verheiratet. Mit am 7. Oktober (richtig: Mai) 2010 zugestelltem Antrag vom 30. März 2010 hat die Antragstellerin für die Zeit ab März 2010 monatlichen Trennungsunterhalt in Höhe von 3.146,00 € begehrt. Nachdem der Antragsgegner zunächst mit Schriftsatz vom 14. Mai 2010 monatliche Teilbeträge für März bis Mai 2010 in Höhe von 1.500,00 € und für die Zeit ab Juni 2010 in Höhe von 500,00 € anerkannt hat, haben die Beteiligten im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 15. Juni 2010 vor dem Familiengericht einen Vergleich über monatlichen Trennungsunterhalt ab März 2010 in Höhe von 2.000,00 € geschlossen. Eine Kostenregelung enthält der Vergleich nicht.
Im Scheidungsverfahren haben die Beteiligten im Termin vom 20. November 2011 eine Scheidungsfolgenvereinbarung geschlossen, in welcher auch rückständige Trennungsunterhaltsansprüche aus dem Vergleich vom 15. Juni 2010 abschließend geregelt und die Kosten der Vereinbarung gegeneinander aufgehoben wurden.
Mit dem angefochtenen Beschluss hat das Familiengericht, gestützt auf § 243 Satz 2 Nr. 1 FamFG, im Hinblick auf das Verhältnis von Obsiegen und Unterliegen der Antragstellerin 39 % und dem Antragsgegner 61 % der Kosten auferlegt.
Gegen diesen ihm am 24. Januar 2011 zugestellten Beschluss hat der Antragsgegner mit Anwaltsschreiben vom 23. Februar 2011, per Fax abgesandt am 23. Februar und im Original bei Gericht eingegangen am 24. Februar 2011, Beschwerde eingelegt, die das Familiengericht dem Senat vorgelegt hat. Zur Begründung beruft er sich auf die Kostenregelung in der Scheidungsfolgenvereinbarung und erstrebt Kostenaufhebung.
II. Das Rechtsmittel des Antragsgegners, über das der Senat gemäß § 568 Satz 2 ZPO in der im GVG vorgeschriebenen Besetzung zu entscheiden hat, ist nach Gewährung der Wiedereinsetzung zulässig und führt in der Sache zu dem erstrebten Erfolg.
Die Beschwerde ist allerdings verspätet, nämlich erst mehr als zwei Wochen nach Zustellung der angefochtenen Entscheidung eingelegt worden. Nach Auffassung des Senats sind in Familienstreitsachen für Beschwerden gegen sog. isolierte Kostenentscheidungen, die ohne gleichzeitige Hauptsacheentscheidung ergehen, gemäß § 113 Abs. 1 FamFG die Vorschriften der ZPO anzuwenden, hier insbesondere die §§ 91a Abs. 2, 99 Abs. 2 und - im vorliegenden Fall einschlägig - § 98 i.V.m. §§ 567 ff. Gemäß der ZPO gilt für die Anfechtung die Zwei-Wochen-Frist nach § 569 Abs. 1, weiterhin wird ein Beschwerdewert von - nur - 200,00 € vorausgesetzt (§ 567 Abs. 2) und es besteht die grundsätzliche Zuständigkeit des Einzelrichters (§ 568).
Die Frage ist allerdings in Kommentarliteratur und obergerichtlicher Rechtsprechung nicht unumstritten. Nach Auffassung der Oberlandesgerichte Brandenburg (Beschluss vom 15.2.2010, FamRZ 2010, 1464) und Oldenburg (5. Senat für Familiensachen, Beschluss vom 1.6.2010, FamRZ 2010, 1831) handelt es sich auch hier um Endentscheidungen im Sinne der §§ 38 Abs. 1, 58 Abs. 1 FamFG, für die folgerichtig die Beschwerde nach den §§ 58 ff. FamFG statthaft sei. Ebenso wird in der Kommentarliteratur zum Teil uneingeschränkt von der Anwendbarkeit der letztgenannten Vorschriften ausgegangen, ohne zwischen nichtstreitigen und streitigen Familiensachen zu unterscheiden (MK-FamFG
§ 81 Rn. 78; Prütting/Helms, FamFG § 81 Rn. 32; Bork/Jacoby/Schwab, FamFG § 81 Rn. 21). Dies hätte zur Folge, dass die Anfechtungsfrist einen Monat beträgt (§ 63 FamFG), ein Beschwerdewert von 600,00 € zu beachten
(§ 61 FamFG) und grundsätzlich das Beschwerdegericht in seiner Gesamtheit zur Entscheidung berufen ist (§ 68 Abs. 4 FamFG).
Nach mittlerweile wohl herrschender Ansicht sind dagegen die o.a. Vorschriften der ZPO zugrunde zu legen (OLG Nürnberg, Beschluss vom 9.6.2010, 11 WF 172/10 - FamRZ 2010, 1837; KG Berlin, Beschluss vom 29.6.2010, 19 UF 28/10 - juris; OLG Oldenburg, 1. Senat für Familiensachen, Beschluss v...