Verfahrensgang
AG Lahnstein (Aktenzeichen 1 UR II 61/86 - WEG) |
LG Koblenz (Aktenzeichen 4 T 70/87) |
Tenor
1. Die sofortige weitere Beschwerde wird zurückgewiesen.
2. Die Antragstellerin hat die Gerichtsrichtskosten des Verfahrens der sofortigen weiteren Beschwerde zu tragen.
3. Der Wert des Beschwerdegegenstandes wird auf 5 000,– DM festgesetzt.
Gründe
I.
Die Eigentümergemeinschaft der Wohnanlage beschloß bei einer Versammlung vom 7. März 1986 bei zwei Gegenstimmen den Abschluß eines Verwaltervertrages, dessen § 2 Abs. 2 folgende Regelung enthält:
„Gleichzeitig erhält der Verwalter die Vollmacht, bei Streitigkeiten vor Gericht die Eigentümergemeinschaft zu vertreten. Hierzu bedarf es aber der Zustimmung aller Beiratsmitglieder. Das gleiche gilt für die Bestellung eines Rechtsanwalts durch den Verwalter.”
Diesen Beschluß hat die Antragstellerin mit einem am 3. April 1986 bei Gericht eingegangenen Schriftsatz angefochten. Die Vorinstanzen haben dieses Begehren zurückgewiesen. Mit ihrer sofortigen weiteren Beschwerde verfolgt die Antragstellerin ihre Anfechtung weiter. Sie ist der Auffassung, daß der beanstandete Beschluß gegen wesentliche Grundsätze des Wohnungseigentumsgesetzes sowie der errichteten Teilungserklärung verstoße. Die umfassende Bevollmächtigung des Verwalters zur gerichtlichen Rechtsverfolgung höhle die Rechte der Wohnungseigentümer aus. Die Durchführung eines Prozesses müsse stets von den Wohnungseigentümern beschlossen werden. Rechtlich unzulässig sei außerdem das Erfordernis der Zustimmung aller Beiratsmitglieder zur Durchführung von gerichtlichen Streitigkeiten bzw. zur Bestellung eines Rechtsanwalts durch den Verwalter. Das sei nicht Aufgabe des Beirats. Die Wohnungseigentümer würden außerdem durch diese Regelung entmachtet. Umgekehrt sei fraglich, was geschehe, wenn die vorgesehene Einstimmigkeit nicht zustande komme bzw. wenn der Beirat – wie im vorliegenden Fall geschehen – zurücktrete.
II.
Die sofortige weitere Beschwerde der Antragstellerin begegnet in verfahrensrechtlicher Hinsicht keinen Bedenken (§§ 45 Abs. 1, 43 Abs. 1 WEG, 27, 29 Abs. 1 Satz 1 und 2, Abs. 2, 22 Abs. 1 FGG). In der Sache muß das Rechtsmittel jedoch ohne Erfolg bleiben, da die angefochtene Entscheidung nicht auf einer Verletzung des Gesetzes, was vom Senat gemäß § 27 FGG allein zu überprüfen ist, beruht.
Die Vorinstanzen haben im Ergebnis zu Recht angenommen, daß der angefochtene Beschluß der Versammlung der Wohnungseigentümergemeinschaft vom 7. März 1986 (Tagesordnungspunkt 3) rechtlich nicht zu beanstanden ist.
1. Die in § 2 Abs. 2 Satz 1 des Verwaltervertrages enthaltene und in dieser Form beschlossene Bevollmächtigung des Verwalters, die Eigentümergemeinschaft bei Streitigkeiten vor Gericht zu vertreten, ist in § 27 Abs. 2 Ziff. 5 WEG für Aktivprozesse der Gemeinschaft ausdrücklich vorgesehen. Die Ermächtigung durch die Wohnungseigentümer muß nicht im Einzelfall, sondern sie kann auch generell in einer Vereinbarung, wie z. B. der Gemeinschaftsordnung, oder im Verwaltervertrag erteilt sein. Einer nochmaligen speziellen Ermächtigung im Einzelfall bedarf es dann nicht mehr (BayObLGZ 1980, 154 m. w. N.; Der Wohnungseigentümer 1979, 122; Bärmann/Pick/Merle, WEG, Komm., 6. Aufl., § 27 Rdnrn. 56 bis 67; Weitnauer, WEG, Komm., 6. Aufl., § 27 Rdnrn. 11 bis 13; Müller, Praktische Fragen des Wohnungseigentums, Rdnrn. 1072 ff; Bielefeld, Der Wohnungseigentümer, 2. Aufl., S. 318 ff).
2. Es bestehen auch keine rechtlichen Bedenken gegen die Ausweitung der Ermächtigung über die in § 27 Abs. 2 Ziff. 5 WEG vorgesehene Führung von Aktizprozessen hinaus auf Passivprozesse. Der Verwalter kann im Rahmen der auch in diesem Bereich grundsätzlich geltenden Vertragsfreiheit hierzu ebenfalls durch Beschluß der Eigentümergemeinschaft ermächtigt werden (Bärmann/Pick/Merle aaO, § 27 Rdnr. 58; Röll in MK zum BGB, § 27 WEG, Rdnr. 11).
Ebensowenig bestehen Bedenken gegen die ausdrückliche Ermächtigung des Verwalters in § 2 Abs. 2 Satz 3 des Verwaltervertrages, einen Rechtsanwalt mit der Durchführung gerichtlicher Streitigkeiten der Eigentümergemeinschaft zu beauftragen. Im allgemeinen wird dem Verwalter diese Befugnis bei jeder Ermächtigung zur Prozeßführung auch ohne ausdrückliche Erwähnung zuerkannt (vgl. BayObLG WEM 1979, 173, 174; Der Wohnungseigentümer 1982, 103; Müller aaO, Rdnr. 1078 m. w. N.).
3. Bedenken gegen die Gültigkeit der Ermächtigung bestehen auch nicht deshalb, weil diese unbeschränkt ist und der Verwalter danach auch zur Führung eines Rechtsstreits über die Entziehung des Wohnungseigentums gemäß § 18 WEG als befugt angesehen werden könnte. Ob die Ermächtigung tatsächlich so weit geht, kann offenbleiben (dafür: Bärmann/Pick/Merle aaO, § 27 Rdnr. 64 m. w. N.; Müller aaO, Rdnr. 1074; dagegen: Weitnauer aaO, § 27 Rdnr. 11). Denn diese Frage berührt zum einen nicht die Gültigkeit der hier vorgenommenen Ermächtigung; die Befugnis zur Geltendmachung eines Anspruchs im Sinne von § 18 WEG wäre ggf. in einem derartigen Verfahren zu prüfen. Zum and...