Leitsatz (amtlich)
§ 238 Abs. 1 S. 2 FamFG erfordert einen Vortrag, der eine Differenzbetrachtung hinsichtlich sämtlicher relevanter Tatsachen einschließlich des dem titulierten Unterhaltsbetrag zugrundeliegenden gesamten Zahlenwerks und eine darauf basierende Neuberechnung ermöglicht.
In zeitlichem Zusammenhang mit der Trennung zutage getretenen Umständen lassen für sich i.d.R. keinen verlässlichen Schluss auf das Vorliegen einer verfestigten Lebensgemeinschaft zu, ebenso wenig genügt allein der Ablauf eines festen Zeitraums von einem Jahr seit der Trennung.
Normenkette
BGB § 1361 Abs. 3, § 1579 Nr. 2; FamFG § 238
Verfahrensgang
AG Grünstadt (Aktenzeichen 3 F 180/18) |
Tenor
1. Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Amtsgerichts Grünstadt vom 04.04.2019 wird zurückgewiesen.
2. Der Antragsteller hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.
3. Der Verfahrenswert wird auf bis 5.936 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Der Antragsteller und die Antragsgegnerin sind Eheleute, die seit dem 07.08.1992 verheiratet sind und seit Januar 2014 getrennt leben. Das bei dem Familiengericht Grünstadt anhängige Scheidungsverfahren wird von den Beteiligten seit geraumer Zeit nicht betrieben. Aus der Ehe sind die Kinder ... hervorgegangen. Der Sohn ... ist körperlich beeinträchtigt und lebt zusammen mit seinem Bruder ... im Haushalt der Antragsgegnerin.
Der Antragsteller ist vollschichtig erwerbstätig bei der Firma B.. In dem Verfahren 3 F 138/14 des Familiengerichts Grünstadt wurde der Antragsteller mit Beschluss vom 20.05.2015 unter anderem verpflichtet, der Antragstellerin ab Juni 2015 laufenden Trennungsunterhalt in Höhe von monatlich 424 EUR zu zahlen. Die Antragsgegnerin geht keiner Erwerbstätigkeit nach. Im Rahmen eines Antrages auf Bewilligung von BAföG hat sie angegeben, monatlich einen Betrag von insgesamt 2.487 EUR zu vereinnahmen, der sich zusammensetzt aus 388 EUR Kindergeld, 407 EUR Unterhalt L., 427 EUR Unterhalt R., 295 EUR Wohngeld, 545 EUR Pflegegeld R. und 425 EUR Ehegattenunterhalt.
Erstinstanzlich hat der Antragsteller behauptet, die Antragsgegnerin lebe bereits seit Dezember 2013 mit ihrem Partner R.K. zusammen. Auf Drängen der Antragsgegnerin hätte in diesem Zeitpunkt eine notarielle Scheidungsfolgenvereinbarung abgeschlossen werden sollen, in der sie wegen der Beziehung zu R.K. auf Unterhalt habe verzichten wollen. Auf den Hinweis des Familiengerichts hat der Antragsteller zur Untermauerung seines Vorbringens verschiedene Screenshots und Chat-Verläufe aus dem Zeitraum November 2013 bis September 2014 vorlegen lassen und behauptet, das Auto der Antragsgegnerin habe auch im Sommer 2016 noch regelmäßig auf der Straße vor der Wohnung des R.K. gestanden. Ebenfalls 2016 habe er beide noch zusammen auf einem Fest gesehen.
Darüber hinaus hat der Antragsteller geltend gemacht, dass sich die Einkommensverhältnisse der Antragsgegnerin deutlich verändert hätten. Neben dem seinerzeit zugrunde gelegten fiktiven Einkommen von 1 037 EUR hätte sie weitere Einnahmen von 2 487 EUR monatlich, wie sich aus der von ihr erteilten Auskunft ergebe. Das fiktive Einkommen sei damals von dem Familiengericht nicht nur unzutreffend berechnet worden, auch ergebe sich eine Erhöhung allein aufgrund der Veränderungen des Mindestlohns.
Der Antragsteller hat in 1. Instanz beantragt,
den Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Grünstadt vom 20.05.2015 - Az. 3 F 138/14 - dahingehend abzuändern, dass seine Unterhaltspflicht ab November 2018 entfällt.
Die Antragsgegnerin hat beantragt,
den Antrag zurückzuweisen.
Sie hat vorgebracht, dass sie zwar zwischenzeitlich ein "Techtelmechtel" mit R.K. gehabt habe, dieses sei aber spätestens Anfang 2015 beendet gewesen. Seither seien sie nur noch freundschaftlich verbunden. Zu dem Abschluss der in Rede stehenden notariellen Vereinbarung habe der Antragsteller sie zwingen wollen. Sie sei aufgrund ihrer schlechten gesundheitlichen Verfassung nicht in der Lage, einer Erwerbstätigkeit nachzugehen. Aus der von dem Antragsteller angeführten Auskunft ergebe sich kein Einkommen in Höhe von 2 487 EUR.
Das Familiengericht hat nach Anhörungen der Beteiligten im Termin vom 26.03.2019 den Antrag des Antragstellers mit der angefochtenen Entscheidung als unbegründet zurückgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, der Antragsteller habe nicht plausibel dargelegt, dass die Partnerschaft der Antragsgegnerin mit R.K. unverändert fortbestehe. Die Behauptung einer verfestigten Partnerschaft sei ins Blaue hinein erfolgt. Die von ihm dargelegten Umstände ließen nicht auf eine verfestigte Lebensgemeinschaft schließen. Eine wesentliche Veränderung der Einkommensverhältnisse, insbesondere ein tatsächlich höheres Einkommen der Antragsgegnerin habe der Antragsteller nicht substantiiert dargelegt. Der dem Haushalt der Antragsgegnerin nach der erteilten Auskunft zur Verfügung stehende Betrag von 2 487 EUR stelle kein unterhaltsrelevantes Einkommen dar. Veränderungen aufgrund des gesetzlichen Mindestlohnes könnten nicht zu...