Entscheidungsstichwort (Thema)
Selbstständiges Beweisverfahren: Kein Ersatz des Klagegebots durch Geltendmachung eines Zurückbehaltungsrechts
Leitsatz (amtlich)
Dem im selbstständigen Beweisverfahren an den Antragsteller gerichteten Gebot, innerhalb einer bestimmten Frist Klage zu erheben, wird durch die Geltendmachung eines Zurückbehaltungsrechts in dem vom Antragsgegner rechtshängig gemachten Prozess nicht Rechnung getragen.
Verfahrensgang
LG Kaiserslautern (Beschluss vom 05.11.2003; Aktenzeichen 2 OH 35/03) |
Tenor
I. Die sofortige Beschwerde wird zurückgewiesen.
II. Die Antragstellerin hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.
III. Der Wert des Beschwerdegegenstandes wird auf bis zu 3.000 Euro festgesetzt.
Gründe
Durch den angefochtenen Beschluss hat der Einzelrichter des LG Kaiserslautern der Antragstellerin die der Antragsgegnerin im selbständigen Beweisverfahren erwachsenen Kosten mit der Begründung auferlegt, sie sei der gerichtlichen Anordnung zur Erhebung der Hauptsacheklage nicht nachgekommen. Zur Ergänzung der Sachdarstellung wird auf den Inhalt des angefochtenen Beschlusses verwiesen.
Gegen den ihr am 12.11.2003 zugestellten Beschluss hat die Antragstellerin mit Schriftsatz vom 26.11.2003 sofortige Beschwerde eingelegt und zur Begründung ihres Rechtsmittels zugleich ausgeführt, sie sei dem ihr durch Beschluss vom 14.8.2004 auferlegten Klagegebote innerhalb der gewährten Fristverlängerung dadurch nachgekommen, dass sie ihre sich auf der Grundlage des Ergebnisses des selbständigen Beweisverfahrens ergebenden Gegenrechte in der von der Antragsgegnerin mit Schriftsatz vom 7.8.2003 erhobenen Zahlungsklage mittels Zurückbehaltungsrecht geltend gemacht habe.
Die sofortige Beschwerde der Antragstellerin ist verfahrensrechtlich nicht zu beanstanden, hat in der Sache jedoch keinen Erfolg.
Über die für die Entscheidung maßgebliche Frage, ob mit der Geltendmachung eines Zurückbehaltungsrechts in dem vom Antragsgegner rechtshängig gemachten Rechtsstreit dem gerichtlichen Klagegebot nach § 494a ZPO entsprochen wird, bestehen, wie die Antragstellerin zutreffend aufzeigt, in Rechtsprechung und Literatur unterschiedliche Auffassungen.
Zum einen wird darauf abgestellt, dass es einer Klageerhebung durch den Antragsteller dann nicht mehr bedarf, wenn feststeht, dass die im selbständigen Beweisverfahren zu klärende Streitfrage (ganz oder teilweise) vom Streitstoff eines bereits rechtshängigen Verfahrens erfasst wird und die Kosten des Beweisverfahrens deshalb in diesem "Hauptverfahren" ganz oder teilweise mit festzusetzen sind (vgl. z.B. OLG Braunschweig BauR 2001, 990; OLG Köln v. 9.6.1999 - 17 W 241/98, OLGReport Köln 1999, 323 = NJW-RR 2000, 361; OLG Nürnberg BauR 2000, 442; LG Aachen BauR 2001, 1292; OLG Hamm v. 29.7.1997 - 21 W 15/97, OLGReport Hamm 1997, 299).
Zum anderen wird, wie auch das Erstgericht dies im Ergebnis zutreffend aufgezeigt hat, maßgeblich auf das Interesse des Antragsgegners an der alsbaldigen Klärung eines evtl. Kostenerstattungsanspruchs gegen den Antragsteller des selbständigen Beweisverfahrens gem. § 494 a Abs. 2 ZPO abgestellt (vgl. z.B. OLG Dresden v. 25.7.2002 - 7 U 330/02, OLGReport Dresden 2003, 199 = NJW-RR 2003, 305 f.; OLG Köln v. 16.9.1996 - 11 W 52/96, OLGReport Köln 1997, 67 = NJW-RR 1997, 1295; OLG Düsseldorf MDR 1994, 201; Stein/Jonas/Leipold, ZPO, II/1999, § 494a Rz. 16; Zöller/Herget, ZPO, 24. Aufl. § 494a Rz. 2; Thomas/Putzo, ZPO, 25. Aufl., § 494 a Rz. 4).
Letzterer Auffassung tritt der erkennende Richter bei. Sie entspricht dem Wortlaut der gesetzlichen Regelung § 494 a Abs. 1 ZPO und wird den Interesse beider Parteien an einer Kostenregelung für das selbständige Beweisverfahren gleichermaßen gerecht. Dem Antragsgegner ist mit dem ihm eröffneten Antrag nach § 494a Abs. 1 ZPO die Möglichkeit eröffnet, binnen absehbarer Zeit eine Kostengrundentscheidung über die ihm im selbständigen Beweisverfahren erwachsenen Kosten herbeizuführen. Der Antragsteller hat es seinerseits in der Hand durch fristgemäße Klageerhebung die Beweisfrage des selbständigen Beweisverfahrens zum Gegenstand eines Hauptverfahrens zu machen. Diese vom Gesetz mit § 494a ZPO ersichtlich angestrebte Zielsetzung ist jedoch nicht mehr gewährleistet, wenn sich der Antragsteller gegen die vom Antragsgegner rechtshängig gemachte Zahlungsklage unter Berufung auf das Ergebnis der Beweiserhebung nur mit der Geltendmachung eines Zurückbehaltungsrechts wehrt. Selbst nach der von der Antragstellerin vertretenen Auffassung müsste letztlich wieder auf das Verfahren nach § 494a ZPO zurückgegriffen werden, wenn in dem vom Antragsgegner eingeleiteten "Hauptverfahren" nur ein Teilausschnitt aus dem selbständigen Beweisverfahren entscheidungserhebliche Bedeutung erlangt (vgl. z.B. auch OLG Nürnberg BauR 2000, 442; LG Aachen BauR 2001, 1292; OLG Köln v. 16.9.1996 - 11 W 52/96, OLGReport Köln 1997, 67 = NJW-RR 1997, 1295). Dies wird nach Auffassung des erkennenden Richters dem Sinn und Zweck der gesetzlichen Regelung des § 494a ZPO n...