Leitsatz (amtlich)
Zumindest in den Fällen, in welchen nur noch eine im Verhältnis zum Kaufpreis bzw. Grundstückswert geringe Restforderung streitig ist, ist der Streitwert der Auflassungsklage auf den Wert dieser Forderung zu begrenzen. Der Senat schließt sich insoweit der von verschiedenen Oberlandesgerichten vertretenen Auffassung an.
Normenkette
GKG § 48 Abs. 1 S. 1; ZPO §§ 3, 6
Verfahrensgang
LG Landau (Pfalz) (Aktenzeichen 2 O 158/15) |
Tenor
1. Die Beschwerde des Prozessbevollmächtigten des Beklagten vom 20.06.2017 gegen den Streitwertbeschluss des Einzelrichters der 2. Zivilkammer des
Landgerichts Landau vom 09.05.2017 - 2 O 158/15 - wird zurückgewiesen.
2. Das Beschwerdeverfahren ist gerichtsgebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet.
Gründe
I. Der Kläger hat vom Beklagten mit notariellem Vertrag vom 23.07.2014 ein Hausgrundstück zum Kaufpreis in Höhe von EUR 175.000,- gekauft. Am 10.09.2014 leistete er eine Kaufpreiszahlung in Höhe von EUR 165.000,-. Die bereits angewiesene Restzahlung in Höhe von EUR 10.000,- zog der Kläger im Hinblick auf zwischenzeitlich von ihm ausgemachte Feuchtigkeitsschäden im Haus wieder zurück. Die Kosten der Beseitigung der Schäden bezifferte er auf insgesamt EUR 39.880,- (vgl. Klageschrift, Seite 9, Bl. 20 d.A.).
Mit seiner Klage begehrt er in der Hauptsache neben Schadensersatz in Höhe von EUR 29.880,- (Klageantrag Ziffer 1.) vom Beklagten die Abgabe einer auf Auflassung sowie Bewilligung der Eigentumseintragung gerichteten Willenserklärung (Klageantrag Ziffer 2.).
Der Einzelrichter der 2. Zivilkammer des Landgerichts Landau in der Pfalz hat die Klage mit Urteil vom 09.05.2017 - 2 O 158/15 - abgewiesen und hat den Streitwert mit Beschluss vom selben Tag auf "bis EUR 40.000,- (Gebührenstufe)" festgesetzt (Bl. 300 d.A.).
Gegen den Streitwertbeschluss richtet sich die Beschwerde der Beklagtenvertreter aus eigenem Recht. Sie machen geltend, dass für die Bemessung des Klageantrages Ziffer 2. der Wert des Eigentums (= EUR 175.000,-) heranzuziehen sei, weil der Kläger gerade dieses Interesse am Eigentum verfolge. Hilfsweise sei zumindest ein angemessener Bruchteil des Eigentumswertes anzusetzen, jedoch nicht weniger als die Hälfte (vgl. Beschwerdeschrift vom 20.06.2017, Seite 2, Bl. 306 d.A.).
II. Die Beschwerde, über die der Senat gemäß §§ 68 Abs. 1 S. 5, 66 Abs. 6 S. 2 GKG in der im GVG vorgeschriebenen Besetzung entscheidet, ist gemäß §§ 68 Abs. 1 GKG, 32 Abs. 2 RVG zulässig.
Sie ist in der Sache jedoch erfolglos.
Die Frage, ob bei Geltendmachung eines Auflassungsanspruchs grundsätzlich gemäß § 6 ZPO der Verkehrswert des aufzulassenden Grundstücks zugrunde zu legen ist oder in bestimmten Ausnahmefällen gemäß § 3 ZPO auf den Wert einer noch streitigen Restforderung festgesetzt werden kann, wird in Literatur und Rechtsprechung nicht einheitlich beantwortet.
Zum Teil wird die Auffassung vertreten, dass sich der Gegenstandswert bei Klagen auf Erteilung der Auflassung auch dann nach § 48 Abs. 1 S. 1 GKG i.V.m. § 6 ZPO bestimmt, wenn die Auflassung allein wegen eines verhältnismäßig geringfügigen Gegenanspruchs verweigert wird (vgl. Wöstmann in Münchener Kommentar zur ZPO, 5. Auflage 2016, § 3, Rdnr. 35 mwN; Herget in Zöller, ZPO, 31. Auflage, § 3, Rdnr. 16 "Auflassung" mwN; OLG Köln vom 20.09.2004 - 19 U 214/02 - in MDR 2005, 298; OLG München vom 10.03.1997 - 28 W 2542-96 - in NJW-RR 1998, 142). Zur Begründung wird dafür im Wesentlichen angeführt, dass für die Anwendung von § 6 ZPO die Gewährleistung einer berechenbaren und einheitlichen Wertberechnung spreche. Auch werde dadurch dem Umstand Rechnung getragen, dass Einwendungen und Gegenrechte der Beklagtenseite bei der Wertberechnung ohne Einfluss zu bleiben haben (vgl. aaO).
Für vorzugswürdig erachtet der Senat allerdings die Auffassung, wonach zumindest in den Fällen, in welchen nur noch eine im Verhältnis zum Kaufpreis, bzw. zum Grundstückswert geringe Restforderung streitig ist und allein das Bestehen oder Nichtbestehen dieser Restforderung über die Erfolgsaussichten der Klage entscheidet, der Streitwert nach § 3 ZPO auf den Wert der streitigen Forderung zu begrenzen ist (so OLG Nürnberg vom 08.12.2010 - 2 W 2145/10 -, in NJW-RR 2011, 1007; OLG Hamm vom 30.01.2013 - 12 W 37/12, I-12 - in BauR 2013, 995; OLG Stuttgart vom 23.09.2009 - 8 W 392/09 -, in MDR 2009, 1353).
Das OLG Hamm (aaO) hat richtigerweise darauf abgestellt, dass nur unter Berücksichtigung der wirtschaftlichen Aspekte bei einem starken Missverhältnis zwischen streitiger Forderung einerseits (hier: Restkaufpreis in Höhe von EUR 10.000,-) und Gesamtkaufpreis andererseits (hier: EUR 175.000,-) im Ergebnis dem sich aus dem Rechtsstaatsprinzip ergebenden Anspruch des Rechtssuchenden auf Zugang zu effektivem Rechtsschutz hinreichend Rechnung getragen werden kann. Bei nicht wirtschaftlicher Betrachtungsweise bestünde dagegen die Gefahr, dass wegen des in keiner wirtschaftlich vernünftigen Relation zur eigentlich streitigen Restforderung stehenden Kostenrisikos der Zugang zu effe...