Leitsatz (amtlich)
1. Werden im Zusammenhang mit dem Grundstückserwerb eines Minderjährigen zugunsten des Übergebers ein Nießbrauch bestellt und ein bedingter Rückübertragungsanspruch durch Eintragung einer Auflassungsvormerkung dinglich gesichert, besteht kein Genehmigungsbedürfnis nach § 1821 Abs. 1 Nr. 1 u. 4 BGB, wenn sich die Belastung bei wirtschaftlicher Betrachtung als Teil des Erwerbsvorgangs darstellt.
2. Das Genehmigungserfordernis gemäß § 1821 Abs. 1 Nr. 1 u. 4 BGB zielt darauf ab, dass der Minderjährige bereits vorhandenen Grundbesitz nicht verliert, nicht aber darauf, dass er vor jedweder über das Eigentum an dem zu übertragenden bzw. übertragenen Grundstück hinausgehender (abstrakter) Haftungsgefahr geschützt sein soll.
Tenor
Auf die Beschwerde wird die Zwischenverfügung des Amtsgerichts - Grundbuchamt - Mainz vom 20. April 2022 (Az.: MZ-10476-13) aufgehoben und das Grundbuchamt angewiesen, den Antrag nicht aus den Gründen der aufgehobenen Zwischenverfügung abzulehnen.
Gründe
I. Die Antragstellerin zu 1) (Übergeberin) ist Alleineigentümerin von dem im Rubrum näher bezeichneten Grundbesitz eingetragen im Wohnungs- und Teileigentumsgrundbuch von .... Unter Datum vom 26. August 2021 wurde die unentgeltliche Übertragung des Grundbesitzes auf die am 1. März 2017 geborene Antragstellerin zu 2), vertreten durch den gerichtlich bestellten Ergänzungspfleger, als Übernehmerin notariell beurkundet. In § 4 der notariellen Urkunde behielt sich die Übergeberin ein durch Eintragung im Grundbuch dinglich zu sicherndes lebenslanges, der Ausübung nach nicht übertragbares Nießbrauchsrecht an dem Vertragsgegenstand vor.
In § 5 der notariellen Urkunde heißt es ferner u.a.:
Die Übergeberin (...) behält sich das Recht vor, die Rückübertragung des übertragenen Wohnungseigentums und des Teileigentums an sich zu verlangen, wenn eine der nachgenannten Voraussetzungen vorliegt:
a) der übertragene Grundbesitz zu Lebzeiten des Übergebers ohne deren schriftliche Zustimmung ganz oder teilweise veräußert oder belastet wird,
b) über das Vermögen des Übernehmers das Insolvenzverfahren eröffnet wird oder der Übernehmer ein Vermögensverzeichnis abzugeben und die Richtigkeit an Eides statt zu versichern hat,
c) die Zwangsvollstreckung in den übertragenen Grundbesitz ganz oder teilweise betrieben und die Zwangsvollstreckungsmaßnahme nicht innerhalb von zwei Monaten wieder aufgehoben wird, oder
d) der Übernehmer vor der Übergeberin verstirbt.
Der Rückübertragungsanspruch kann vom Übergeber nur höchstpersönlich durch schriftliche Erklärung gegenüber dem Übernehmer geltend gemacht werden. Im Falle des Todes des Übernehmers erfolgt die Erklärung gegenüber dem Erben, bei mehreren Erben genügt die Erklärung gegenüber einem von ihnen. (...)
Der Rückforderungsanspruch ist nicht vererblich und nicht übertragbar. Der Anspruch auf Rückübertragung ist selbst dann nicht vererblich, wenn die Berechtigte die Rückübertragung bereits zu Lebzeiten geltend gemacht hat. (...)
Der bedingte Rückübertragungsanspruch soll zu Lebzeiten des Übergebers durch Eintragung einer Auflassungsvormerkung im Grundbuch dinglich gesichert werden. Im Falle der Rückübertragung hat der Übergeber nur solche Rechte zur dinglichen Duldung zu übernehmen, denen er mit seiner Auflassungsvormerkung den Vorrang eingeräumt hat. Sämtliche Rückgewähransprüche und Eigentümerrechte der vom Übergeber zu übernehmenden Grundpfandrechte werden an diesen abgetreten.
Die Kosten für die Rückübertragung hat der Übergeber zu tragen. Nutzungen sind von Übernehmer bis zur Geltendmachung des Rückforderungsrechts nicht zu erstatten.
Auf den Vollzugsantrag des Notars vom 4. September 2021 hielt die Rechtspflegerin des Grundbuchamts gemäß Schreiben vom 29. Oktober 2021 mit Hinweis u.a. auf die Entscheidungen OLG München, Beschluss vom 30. April 2020, Az.: 34 Wx 341/18, hier zit. n. Juris, sowie Brandenburgisches OLG, Beschluss vom 10. September 2020, Az.: 9 WF 198/20, hier zit. n. Juris, eine Genehmigung des Familiengerichts nach § 1821 Abs. 1 Nr. 4 i.V.m. Nr. 1 BGB für erforderlich. Der Notar teilte daraufhin mit Schreiben vom 2. Dezember 2021 mit, er habe die familiengerichtliche Genehmigung beim Amtsgericht ... beantragt. Unter Datum vom 29. März 2022 verwies er auf die Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 11. März 2021, Az.: V ZB 127/19, hier zit. n. Juris, wonach die Eintragung einer Rückauflassungsvormerkung keiner familiengerichtlichen Genehmigung bedürfe, weshalb auch das Amtsgericht ... mit Schreiben vom 23. März 2022 mitgeteilt habe, keine Genehmigungsbedürftigkeit zu sehen.
Mit Zwischenverfügung vom 20. April 2022 hat das Grundbuchamt unter erneutem Hinweis auf die fehlende Genehmigung nach § 1821 Abs. 1 Nr. 4 i.V.m. Nr. 1 BGB dem Vollzugsantrag nicht entsprochen. In der Entscheidung des Bundesgerichtshofs werde auf die Eintragungsfähigkeit der Vormerkung nicht eingegangen. Es ergebe sich auch nicht, ob die Rückübertragungsverpflichtung nach bereicherungsrechtlichen Vorschriften beschränkt gewesen se...