Entscheidungsstichwort (Thema)

Keine grobe Unbilligkeit des Versorgungsausgleichs bei kurzer kinderloser Ehe

 

Leitsatz (amtlich)

Allein das Vorliegen einer Ehezeit von weniger als drei Jahren bei einer Ehe, aus der keine gemeinsamen Kinder hervorgegangen sind, rechtfertigt kein Absehen von der Durchführung des Versorgungsausgleichs.

 

Normenkette

VersAusglG § 27

 

Verfahrensgang

AG Rockenhausen (Beschluss vom 19.08.2015; Aktenzeichen 2 F 599/13)

 

Tenor

1. Auf die Beschwerde der Antragsgegnerin wird der Beschluss des AG - Familiengericht - Rockenhausen vom 19.8.2015 geändert:

Im Wege der externen Teilung wird zu Lasten des Anrechts des Antragstellers beim Bundesverwaltungsamt in Wiesbaden (Personalnummer 10225340) zu Gunsten der Antragsgegnerin auf deren Versicherungskonto bei der Deutschen Rentenversicherung Bund in Berlin (Versicherungsnummer 56 030580 E 501) ein Anrecht auf eine monatliche Rente von 21,44 EUR, bezogen auf den 31.12.2013, begründet.

Der Ausgleichswert ist in Entgeltpunkte umzurechnen.

Ein Ausgleich der Anrechte des Antragstellers aus privater Alterversorgung bei der Zurich Deutscher Herold Leben AG in Bonn (Versicherungsnummern 1FV-3238108 und 2FV-3238108) findet nicht statt.

2. Hinsichtlich der Kosten des ersten Rechtszugs verbleibt es bei der Kostengrundentscheidung im angefochtenen Beschluss.

Die Gerichtskosten des Beschwerdeverfahres tragen die beteiligten geschiedenen Ehegatten jeweils zur Hälfte; ihre außergerichtlichen Kosten tragen alle Beteiligte jeweils selbst.

3. Der Gegenstandswert des Beschwerdeverfahrens wird auf 2.160,00 EUR festgesetzt.

4. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

5. Der Antragsgegnerin wird für das Beschwerdeverfahren Verfahrenskostenhilfe ohne Zahlungsbestimmung bewilligt.

Zur Wahrnehmung ihrer Rechte wird ihr der von ihr ausgewählte Rechtsanwalt Dr. Meyers, Otterberg, beigeordnet.

 

Gründe

I. Die am 27.7.2012 geschlossene Ehe der Beteiligten wurde nach Abtrennung der Folgesache Versorgungsausgleich durch Beschluss des AG - Familiengericht - Rockenhausen vom 24.11.2014 geschieden. Der Scheidungsantrag des Antragstellers wurde der Antragsgegnerin am 2.1.2014 zugestellt.

Aus der Ehe sind keine gemeinsamen Kinder hervorgegangen. Die Antragsgegnerin war während der Ehe nicht erwerbstätig; sie hat sich um die Betreuung und Erziehung ihrer drei in den Jahren 2000, 2003 und 2008 geborenen Kinder aus anderen Beziehungen sowie um die Haushaltsführung gekümmert. Der Antragsteller ist Soldat auf Zeit.

Die Antragsgegnerin hat Antrag auf Durchführung des Versorgungsaussgleichs gestellt.

Mit der angefochtene Entscheidung hat das Familiengericht festgestellt, dass ein Versorgungsausgleich nicht stattfindet. Weil die Ehe nur von kurzer Dauer gewesen sei und keine gemeinsamen Kinder vorhanden seien, sei seine Durchführung gemäß § 27 VersAusglG grob unbillig.

Mit ihrer Beschwerde erstrebt die Antragsgegnerin die Durchführung des Versorgungsausgleichs nach den gesetzlichen Vorschriften. Ein Ausschluss des Versorgungsausgleichs wegen grober Unbilligkeit sei nicht gerechtfertigt. Sie sei auf die Durchführung des Versorgungsausgleichs angewiesen.

Der Antragsteller hat Anschlussbeschwerde eingelegt und ebenfalls die Durchführung des Versorgungsausgleichs nach den gesetzlichen Vorschriften beantragt. Bei dessen Durchführung müsse allerdings überprüft werden, ob die Antragsgegnerin tatsächlich in der Ehezeit kein Anrecht aus der gesetzlichen Rentenversicherung erworben habe; dies sei wegen der Kindererziehung nicht nachvollziehbar. Nach Erhalt der Stellungnahme der weiteren Beteiligten zu 4 hat er sein Anschlussrechtsmittel zurückgenommen.

II. Die Beschwerde ist verfahrensrechtlich bedenkenfrei, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt (§§ 58 Abs. 1, 63 Abs. 1 und 3, 64 Abs. 1 und 2 FamFG).

In der Sache führt das Rechtsmittel zur Abänderung der erstinstanzlichen Entscheidung und Durchführung des Versorgungsausgleichs nach den gesetzlichen Vorschriften.

Der Versorgungsausgleich findet trotz der unter drei Jahre liegenden Ehezeit (1.7.2012 bis 31.12.2013 - § 3 Abs. 1 VersAusglG) statt, weil die Antragsgegnerin dessen Durchführung beantragt hat (§ 3 Abs. 3 VersAusglG).

Die Voraussetzungen für den Ausschluss des Versorgungsausgleich wegen grober Unbilligkeit (§ 27 VersAusglG) sind nicht gegeben.

1. Anrechte der Beteilgten:

a) Der Antragsteller war bereits bei der Eheschließung Soldat auf Zeit; seine Dienstzeit endet voraussichtlich am 30.6.2018 (Auskunft der Versorgungsträgerin vom 23.1.2015).

Während seiner Dienstzeit ist er von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung befreit (§ 5 Abs. 1 Nr. 1 SGB VI). Er hat deshalb in der Ehezeit nach Auskunft der Deutschen Rentenversicherung Rheinland-Pfalz vom 16.3.2015 keine für die Rentenversicherung erheblichen Zeiten zurückgelegt und mithin kein Anrecht in der gesetzlichen Rentenversicherung erworben.

Soldaten auf Zeit, deren Dienstzeit noch nicht beendet ist, erwerben ein atypisch ausgestaltetes Anrecht. Werden sie nach Ende der Dienstzeit Be...

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