Entscheidungsstichwort (Thema)

Kein Anspruch auf vollen Ehegattenunterhalt ohne gleichzeitige Erfüllung der eigenen Pflicht zur Leistung von Kindesunterhalt

 

Leitsatz (amtlich)

Betreut der auf nachehelichen Unterhalt in Anspruch genommene Beklagte ein gemeinsames Kind, so ist bei der Berechnung des Einkommens der Klägerin der von ihr als Kindesunterhalt geschuldete und titulierte Tabellenbetrag in Abzug zu bringen. Ihren so ermittelten Unterhaltsanspruch kann die Klägerin allerdings nach Treu und Glauben (§ 242 BGB) nicht durchsetzen, solange und soweit sie den Kindesunterhalt nicht zahlt (Anschluss an OLG Koblenz OLGR 2004, 301).

 

Normenkette

BGB §§ 242, 1559, 1573 Abs. 2

 

Verfahrensgang

AG Bad Dürkheim (Beschluss vom 16.03.2006; Aktenzeichen 1 F 168/05)

 

Tenor

I. Auf die sofortige Beschwerde der Antragstellerin wird der angefochtene Beschluss teilweise geändert und insgesamt neu gefasst:

Der Antragstellerin wird ratenfreie Prozesskostenhilfe für die beabsichtigte Klage bewilligt, soweit sie damit die Verurteilung des Beklagten zur Zahlung eines nachehelichen Unterhaltes von monatlich 30 EUR ab 16.4.2006 erreichen will.

Ihr weitergehender Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe wird abgewiesen.

Im Umfang der Bewilligung wird der Antragstellerin die von ihr ausgesuchte Rechtsanwältin Rempel, Ludwigshafen am Rhein, beigeordnet.

II. Die Antragstellerin hat die in Nr. 1811 des Kostenverzeichnisses zum GKG angesetzte Festgebühr zu tragen, nachdem ihr Rechtsmittel ganz überwiegend zurückgewiesen wurde.

 

Gründe

Mit der angefochtenen Entscheidung hat das AG - FamG - Bad Dürkheim der Antragstellerin die nachgesuchte Prozesskostenhilfe für eine Klage, mit der sie die Verurteilung des Antragsgegners zur Zahlung eines monatlichen Unterhaltes von 319,15 EUR ab Oktober 2005 erstrebt, wegen Fehlens hinreichender Erfolgsaussicht der beabsichtigten Rechtsverfolgung verweigert.

Die hiergegen gerichtete sofortige Beschwerde der Antragstellerin, über die der Senat gem. § 568 Satz 2 ZPO in seiner im Gerichtsverfassungsgesetz vorgesehenen Besetzung entscheidet, ist verfahrensrechtlich bedenkenfrei, insb. form- und fristgerecht eingelegt.

In der Sache führt das Rechtsmittel lediglich zu einem ganz geringen Erfolg.

1. Zutreffend hat das FamG ausgeführt, dass zugunsten der Antragstellerin allenfalls ein Aufstockungsunterhalt gem. § 1573 Abs. 2 BGB in Betracht kommt.

Auf Seiten der Antragstellerin besteht eine Obliegenheit zur vollschichtigen Erwerbstätigkeit. Nur soweit die Einkünfte aus einer solchen ihr zumutbaren Tätigkeit (zzgl. des ihr bis zum Auszug aus dem vormals gemeinsamen, veräußerten Anwesen Mitte April 2006 zuzurechnenden Wohnvorteils) zur Deckung ihres eheangemessenen Lebensbedarfes nicht ausreichen, ist ein Unterhaltsanspruch ggü. dem Antragsgegner gegeben.

a) Die Antragstellerin hat den Beruf einer Apothekenhelferin erlernt; in diesem Beruf war sie zuletzt bis Januar 2005 erwerbstätig; seither bezieht sie Arbeitslosengeld. Zu von ihr entfalteten Bemühungen um die Erlangung einer neuen Arbeitsstelle hat die Antragstellerin keinen ausreichenden Sachvortrag gehalten. Ihr sind daher jedenfalls für die Zeit ab Oktober 2005 erzielbare Einkünfte aus einer Tätigkeit als Apothekenhelferin zuzurechnen. Ausgehend von einem erzielbaren Stundenlohn von 10 EUR brutto, könnte die Antragsgegnerin bei vollschichtiger Tätigkeit (40 Stunden pro Woche) ein Bruttoeinkommen von rund 1.735 EUR erzielen. Nach Bereinigung um hierauf zu zahlende Steuern (Steuerklasse I 0,0 Kinderfreibeträge einschließlich Kirchensteuer), Sozialabgaben sowie die Pauschale von 5 % für berufsbedingte Aufwendungen, verbliebe ein durchschnittliches monatliches Nettoeinkommen von rund 1.092 EUR. Bereinigt um den Erwerbsanreiz blieben rund 983 EUR, die der Antragstellerin fiktiv zuzurechnen sind.

Hinzuzurechnen ist bis Mitte April 2006 der Gebrauchsvorteil des mietfreien Wohnens im eigenen Anwesen mit dem objektiven Mietwert. Diesen hat das FamG (wie auch bereits im Verfahren betreffend Kindesunterhalt 1 F 83/05) mit monatlich 650 EUR in Ansatz gebracht; substantiierte Einwendungen hiergegen sind nicht erhoben. Bis zur Eröffnung des Insolvenzverfahrens am 6.1.2006 ist der Wohnvorteil zu bereinigen um von der Antragstellerin getragene Hausverbindlichkeiten. Für das Prozesskostenhilfeverfahren wird zu ihren Gunsten unterstellt, dass sie ihren Anteil an diesen Verbindlichkeiten von monatlich rund 202 EUR noch bis einschließlich Dezember 2005 getragen hat (den Antrag auf Einleitung der Verbraucherinsolvenz hat sie im Dezember 2005 gestellt). Für die Zeit danach kommt eine solche Bereinigung nicht mehr in Betracht, da die Antragstellerin diese Verbindlichkeit nicht weiter bedienen durfte (§§ 80 f InsO) und wohl auch nicht mehr bedient hat.

Vom Einkommen der Antragstellerin vorweg abzuziehen ist der als Kindesunterhalt für den vom Antragsgegner betreuten Sohn Fabian von ihr geschuldete Tabellenbetrag, da dieser durch Urteil des AG - FamG - Bad Dürkheim vom 6.9.2005 (1 F 83/05) ab de...

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