Leitsatz (amtlich)
§ 25 Abs. 6 Satz 1 StVG gebietet nur die Anrechnung der Dauer einer in demselben Verfahren angeordneten vorläufigen Entziehung der Fahrerlaubnis.
Verfahrensgang
AG Landstuhl (Entscheidung vom 20.08.2020; Aktenzeichen 2 OWi 4211 Js 12876/19) |
Tenor
- Auf die Rechtsbeschwerde des Staatsanwaltschaft wird das Urteil des Amtsgerichts Landstuhl vom 20. August 2020 im Rechtsfolgeausspruch mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben.
- Die Sache wird im Umfang der Aufhebung zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an dieselbe Abteilung des Amtsgerichts zurückverwiesen.
Gründe
Das Amtsgericht hat den Betroffenen auf dessen rechtzeitig erhobenen Einspruch gegen den Bußgeldbescheid des Polizeipräsidiums Rheinpfalz vom 19. Juni 2019 (Az.: 19.1000547.9) mit Urteil vom 20. August 2020 wegen vorsätzlichen Überschreitens der zulässigen Höchstgeschwindigkeit außerhalb geschlossener Ortschaften um 98 km/h am 10. Februar 2019 zu einer Geldbuße von 1.200,-- EUR verurteilt und ein Fahrverbot von 3 Monaten angeordnet. Es hat sodann festgestellt, dass die Dauer der vorläufigen Entziehung der Fahrerlaubnis im Verfahren vor dem Amtsgericht Kaiserslautern (Az.: 6070 Js 12532/19) für die Dauer vom 25. Juli 2019 bis zum 9. Juni 2020 auf das im hiesigen Verfahren angeordnete Fahrverbot von 3 Monaten gemäß § 25 Absatz 6 Satz 1 StVG anzurechnen ist, sodass das angeordnete Fahrverbot als vollstreckt gilt. Die Staatsanwaltschaft wendet sich mit ihrer wirksam eingelegten und rechtzeitig begründeten Rechtsbeschwerde gegen die in Ziffer 2 des Tenors getroffene Feststellung über die Anrechnung der Dauer der vorläufigen Entziehung der Fahrerlaubnis auf das angeordnete Fahrverbot.
Das nach § 79 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 OWiG statthafte, lediglich den Rechtsfolgeausspruch des angefochtenen Urteils betreffende Rechtsmittel, ist begründet und führt zum Erfolg. Die Ausführungen des Amtsgerichts rechtfertigen vorliegend die Anrechnung der Dauer der vorläufigen Entziehung der Fahrerlaubnis im Verfahren des Amtsgericht Kaiserslautern, Az. 6070 Js 12532/19, auf das in diesem Urteil angeordnete Fahrverbot von 3 Monaten nicht. Dies entzieht dem Rechtsfolgenausspruch insgesamt die Grundlage, mit der Folge, dass die von der Staatsanwaltschaft vorgenommene Rechtsmittelbeschränkung auf einen Teil des Rechtsfolgeausspruchs unwirksam ist.
I.
Das Amtsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung folgendes ausgeführt:
"Das Fahrverbot gilt jedoch als vollstreckt, § 25 Abs. 6 S. 1 StVG."
Zusätzlich finden sich unter III. bezüglich des Vortrags des Verteidigers noch folgende Ausführungen:
"Der Verteidiger des Betroffenen hat wie folgt vorgetragen: das anzuordnende Fahrverbot muss als vollstreckt gelten, weil der Betroffene in anderer Sache (Dokument wurde als Anlage zum Protokoll vorgelegt) eine vorläufige Entziehung der Fahrerlaubnis über fast 11 Monate hinnehmen musste."
II.
1) Die Voraussetzungen des § 25 Absatz 6 Satz 1 StVG liegen nicht vor.
Aus dem Tenor und dem dargestellten Vortrag des Verteidigers ist zu entnehmen, dass die vorläufige Entziehung der Fahrerlaubnis in einem anderen Verfahren angeordnet wurde. Regelmäßig kann die Anrechnung der Dauer einer vorläufigen Entziehung der Fahrerlaubnis auf ein später angeordnetes Fahrverbot gemäß § 25 Absatz 6 Satz 1 StVG jedoch nur dann erfolgen, wenn beide Anordnungen im gleichen Verfahren - wenn auch nicht zwingend wegen derselben Tat - erfolgt sind (vgl. Haus/Krumm/Quarch, 2. Auflage, 2017, § 25 StVG Rn 62). Dies ergibt sich bereits daraus, dass der Tatbestand des § 25 StVG in seiner Grundkonzeption dem Fahrverbot gemäß § 44 StGB nachgebildet ist (vgl. Burmann/Heß/Hühnermann/Jahnke, 26. Aufl. 2020, § 25 StVG Rn 1). Der Gesetzgeber hat schon bei der Einführung der Anrechnungsmöglichkeit einer vorläufigen Entziehung der Fahrerlaubnis auf ein Fahrverbot im § 25 StVG ausdrücklich eine Anpassung an die diesbezüglichen Vorschriften des Strafgesetzbuches beabsichtigt (vgl. BT Drucksache V/4094, Seite 60, zu Artikel 83, zu Nummer 1). Nach dem eindeutigen Gesetzeswortlaut besteht eine Anrechnungsmöglichkeit auf ein Fahrverbot im Sinne des § 44 StGB gemäß § 51 Absatz 5 i.V.m. Absatz 1 StGB jedoch nur in den Fällen, in denen der Verhängung des Fahrverbots im gleichen Verfahren eine vorläufige Entziehung der Fahrerlaubnis voranging (vgl. MüKo StGB, 2020, § 51 StGB Rn 65f.). Es ist auch nicht ersichtlich, warum sich die Regelung zur Anrechenbarkeit bei einem Fahrverbot gemäß § 25 StVG von derjenigen bezüglich eines Fahrverbots gemäß § 44 StGB unterscheiden sollte. Sinn und Zweck sind identisch. Die Möglichkeit der Anrechnung trägt dem Gedanken Rechnung, dass eine im selben Verfahren erlittene Entziehung der Fahrerlaubnis durch seine Verbotswirkung den Zweck eines später angeordneten Fahrverbots im Sinne einer Denkzettel- und Besinnungsmaßnahme (vgl. BT-Drucksache V/1319, 90) bereits erfüllt hat und dieses daher entbehrlich macht. Eine über den gesetzlichen Wortlaut des § 51 Absa...