Leitsatz (amtlich)

Ein Verband zur Förderung gewerblicher Interessen ist in der Regel ebenso wie ein Unternehmen mit eigener Rechtsabteilung in der Lage, einen Prozessbevollmächtigten am Sitz des Prozessgerichts schriftlich zu unterrichten, so dass Reisekosten eines dennoch beauftragten auswärtigen Rechtsanwalts zum Prozessgericht im allgemeinen nicht als notwendige Kosten der Rechtsverfolgung erstattungsfähig sind (im Anschluss an BGH, Beschluss I ZB 18/03 v. 18.12.2003). Erstattungsfähig sind dann auch nicht die Reisekosten eines fiktiven Prozessbevollmächtigten mit Niederlassung am vom Sitz des Prozessgerichts am weitesten entfernten Ort in dessen Bezirk (im Anschluss an OLG Celle, Beschluss 2 W 150/15 v. 22.06.2015; OLG Karlsruhe, Beschluss 20 WF 58/17 v. 25.04.2017), sondern lediglich fiktive Informationskosten, die auf 25 EUR geschätzt werden können.

Wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache wird aber die Rechtsbeschwerde zugelassen.

 

Normenkette

UWG § 8 Abs. 3 Nr. 2; ZPO § 91 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 S. 1, § 287

 

Verfahrensgang

LG Zweibrücken (Aktenzeichen HK O 34/17)

 

Tenor

1. Auf die sofortige Beschwerde des Verfügungsklägers wird der Kostenfestsetzungsbeschluss des Landgerichts Zweibrücken vom 10.10.2017 geändert: Die nach dem Versäumnisurteil des Landgerichts Zweibrücken vom 28.07.2017 von dem Verfügungsbeklagten an den Verfügungskläger zu erstattenden Kosten werden auf

1.462,50 EUR

festgesetzt. Im Übrigen wird der Kostenfestsetzungsantrag zurückgewiesen.

2. Die weitergehende sofortige Beschwerde des Verfügungsklägers wird zurückgewiesen.

3. Von den Kosten des Beschwerdeverfahrens haben der Verfügungskläger 95 Prozent und der Verfügungsbeklagte 5 Prozent zu tragen.

4. Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 511,90 EUR festgesetzt.

5. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

 

Gründe

I. Der Verfügungskläger, ein in der Form eines eingetragenen Vereins organisierter Interessenverband der Online-Unternehmer, § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG, mit Sitz in Leverkusen, nahm den Verfügungsbeklagten im Wege eines Verfahrens der einstweiligen Verfügung auf Unterlassung nach dem UWG in Anspruch. Hierbei ließ sich der Verfügungskläger von seinen Prozessvollbemächtigten mit Kanzleisitz in Hamburg vertreten, die wiederum einem Rechtsanwalt mit Kanzleisitz in Stuttgart für den Termin zur mündlichen Verhandlung am 28.07.2017 vor dem Landgericht Zweibrücken Untervollmacht erteilten.

Mit Versäumnisurteil vom 28.07.2017 wurden dem Verfügungsbeklagten die Kosten des Rechtsstreits auferlegt. Der Verfügungskläger hat mit Kostenfestsetzungsantrag vom 21.08.2017 neben einer 1,3 Terminsgebühr, einer 1,2 Verfahrensgebühr und Zustellungskosten die folgenden Kosten zur Festsetzung angemeldet: 0,65 Verfahrensgebühr, Terminsvertretung; Ziff. 3401, 3100 VV RVG 362,70 EUR Fahrtkosten Geschäftsreise 364 km × 0,30 EUR; Ziff. 7003 VV RVG 109,20 EUR Tage- und Abwesenheitsgeld; Ziff. 7005 Nr. 2 VV RVG 40,00 EUR.

Der Rechtspfleger hat mit der angefochtenen Entscheidung Gesamtkosten i.H.v. 1.437,50 EUR für erstattungsfähig gehalten, vorgenannte Kosten i.H.v. insgesamt 511,90 EUR nicht festgesetzt und zur Begründung ausgeführt, die Kosten des Unterbevollmächtigten seien nicht zu erstatten. Die in Hamburg ansässige Kanzlei hätte genauso gut eine Kanzlei in Zweibrücken beauftragen können statt in Stuttgart. Hiergegen wendet sich der Verfügungskläger mit seiner sofortigen Beschwerde, mit der er die Festsetzung des o.g. Betrages von 511,90 EUR, hilfsweise fiktiver Reisekosten von 216,40 EUR bzw. wiederum hilfsweise in Höhe von 61,60 EUR begehrt. Der Verfügungsbeklagte verteidigt die angefochtene Entscheidung.

Der Rechtspfleger hat der sofortigen Beschwerde nicht abgeholfen und diese dem Senat zur Entscheidung vorgelegt.

II. Die sofortige Beschwerde des Verfügungsklägers, über die der Senat gemäß § 568 Satz 2 Nr. 2 ZPO in der im Gerichtsverfassungsgesetz vorgeschriebenen Besetzung entscheidet, ist in förmlicher Hinsicht nicht zu beanstanden (§§ 11 Abs. 1 RPflG, 104 Abs. 3 Satz 1 ZPO, 567 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2, 569 Abs. 1 u. 2 ZPO). In der Sache führt sie jedoch lediglich in Höhe eines Teilbetrages von 25,- EUR als Kostenerstattung für fiktive Informationskosten zum Erfolg. Im Übrigen erweist sie sich als unbegründet. Im Einzelnen gilt Folgendes: 1. Im Wege der Kostenfestsetzung sind Kosten erstattungsfähig, soweit diese zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendig waren (vgl. § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO), wobei auch Reisekosten eines Rechtsanwalts, der nicht im Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und dort auch nicht wohnt, insoweit erstattungsfähig sind, als die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendig war (vgl. § 91 Abs. 2 Satz 1 ZPO). Bezogen auf die vorliegende Fallkonstellation waren insoweit fiktive Kosten i.H.v. 25,- EUR für die Information eines Prozessbevollmächtigten am Sitz des Prozessgerichts Landgericht Zweibrücken durch den Verfügungskläger als zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendig anzusehen. Der Erstat...

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