Entscheidungsstichwort (Thema)
Einigungsgebühr im isolierten Sorgerechtsverfahren
Leitsatz (amtlich)
Nach der Neuregelung der Rechtsanwaltsgebühren durch das Rechtsanwaltsvergütungsgesetz kann auch im isolierten Sorgerechtsverfahren eine Einigungsgebühr anfallen (Anschluss an OLG Zweibrücken, Beschl. v. 7.10. 2005 - 5 WF 96/05).
Normenkette
RVG § 13; RVG-VV Nr. 1000; BGB § 1671 Abs. 2 Nr. 1
Verfahrensgang
AG Ludwigshafen (Beschluss vom 16.09.2005; Aktenzeichen 5c F 87/05) |
Tenor
Der angefochtene Beschluss wird geändert:
Die der Verfahrensbevollmächtigten der Antragstellerin aus der Landeskasse zu zahlende Vergütung wird auf weitere 219,24 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Die Ehe der Beteiligten zu 1) und zu 2) wurde mit Urteil des AG - FamG - Ludwigshafen am Rhein vom 11.11.2003 geschieden. Der gemeinsame Sohn, geb. am ..., verblieb im Einverständnis des Vaters im Haushalt seiner Mutter; eine gerichtliche Regelung der elterlichen Sorge oder des Aufenthaltsbestimmungsrechts erfolgte anlässlich der Scheidung der Eltern nicht.
Nachdem es hinsichtlich der vorschulischen Erziehung des Sohnes J. zu Unstimmigkeiten zwischen den Eltern gekommen war, beantragte die Mutter mit Schriftsatz ihrer Verfahrensbevollmächtigten vom 15.2.2005, ihr die Alleinsorge für J. zu übertragen; hilfsweise begehrte sie die Übertragung des Aufenthaltsbestimmungsrechts sowie die Sorge im schulischen Bereich.
Der Vater beantragte seinerseits am 18.3.2005 zu Protokoll beim AG - FamG - Ludwigshafen am Rhein, ihm die Alleinsorge für J. zu übertragen.
Mit Beschluss des FamG vom 8.4.2005 wurden beide Verfahren zu gemeinsamer Verhandlung und Entscheidung miteinander verbunden.
Im Termin zur Anhörung beim FamG am 14.4.2005 gaben die Eltern folgende Erklärungen ab:
"1. Wir sind uns darüber einig, dass unser gemeinsames Kind J., geb. am ... auch zukünftig seinen Lebensmittelpunkt bei der Kindesmutter haben soll.
2. Wir sind uns beide darüber einig, dass es uneingeschränkt bei der gemeinsamen elterlichen Sorge verbleiben soll.
3. Die Antragstellerin und Kindesmutter erklärte ergänzend: Ich werde zukünftig für regelmäßigen Vorschulbesuch von J. sowie ab dem Schuljahr 2005/2006 für regelmäßigen Schulbesuch von J. sorgen. Ich werde auch dafür sorgen, dass J. außerschulische Förderungsmöglichkeiten, wie z.B. regelmäßige sportliche Bestätigung, Fortführung der logopädischen Behandlung u.ä., wahrnimmt.
4. Im Hinblick auf unsere Einigung erklären wir übereinstimmend das Hauptsacheverfahren für erledigt."
Mit Beschluss der Kostenbeamtin des FamG vom 30.5.2005 wurde die von der Verfahrensbevollmächtigten der Antragstellerin beantragte Einigungsgebühr i.H.v. 189 EUR zzgl. 16 % Mehrwertsteuer abgesetzt.
Die hiergegen gerichtete Erinnerung der Verfahrensbevollmächtigten der Antragstellerin vom 10.6.2005 wies das FamG mit Beschluss vom 16.9.2005, zugestellt am 28.9.2005, zurück.
Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Verfahrensbevollmächtigten der Antragstellerin vom 6.10.2005.
II. Die Beschwerde ist gem. den §§ 56 Abs. 2, 33 Abs. 3 RVG zulässig; insb. ist der Beschwerdewert von nunmehr 200 EUR überschritten. Die zur Festsetzung angemeldete Einigungsgebühr einschl. gesetzlicher Mehrwertsteuer beläuft sich auf insgesamt 219,24 EUR.
In der Sache hat das Rechtsmittel Erfolg, weil die Einigungsgebühr nach Nr. 1.000 RVG-VV entstanden und festzusetzen ist.
Nach der Bestimmung der Nr. 1.000 RVG-VV, die an die Stelle des § 23 Abs. 1 S. 1 und 2 BRAGO getreten ist, entsteht die Gebühr für die Mitwirkung des Rechtsanwalts beim Abschluss eines Vertrages, durch den der Streit oder die Ungewissheit der Parteien über ein Rechtsverhältnis beseitigt wird, es sei denn, der Vertrag beschränkt sich auf ein Anerkenntnis oder einen Verzicht.
Die Voraussetzungen dieser Regelung sind hier erfüllt.
Bereits unter der Geltung der BRAGO war es umstritten, ob der Rechtsanwalt in einem Sorgerechtsverfahren eine - dort so bezeichnete - Vergleichsgebühr verdienen konnte (bejahend OLG Koblenz v. 11.3.2005 - 7 WF 105/05, OLGReport Koblenz 2005, 685; verneinend OLG Zweibrücken v. 10.6.2002 - 2 WF 37/02, OLGReport Zweibrücken 2002, 425 = FamRZ 2003, 241). Als Begründung für die ablehnende Auffassung wurde vornehmlich darauf abgestellt, dass es an einer Verfügungsbefugnis der Eltern über das Sorgerecht fehle und deshalb kein Vergleich i.S.d. § 779 BGB geschlossen werden könne. Die gegenteilige Auffassung verwies demgegenüber auf die weitgehende Bindungswirkung einer Einigung der Eltern nach § 1671 Abs. 2 Nr. 1 BGB.
An der Begründung und auch an dem Ergebnis der eine Einigungsgebühr ablehnenden Auffassung kann jedenfalls nach In-Kraft-Treten des RVG nicht festgehalten werden (im Anschluss an den Beschluss des OLG Zweibrücken v. 7.10.2005 - 5 WF 96/05, z.V.v.).
Anders als § 23 Abs. 1 S. 1 und 2 BRAGO setzt Nr. 1.000 des Vergütungsverzeichnisses zum RVG für das Entstehen der Einigungsgebühr keinen Vergleichsvertrag i.S.v. § 779 BGB mehr voraus. Der Gesetzgeber ist von diesem Erfordernis bewusst abgerückt, um "jegliche vertragli...