Entscheidungsstichwort (Thema)
Missachtung des Gerichts durch lautes Zuschlagen der Tür
Leitsatz (amtlich)
1. Das laute Zuschlagen der Tür des Gerichtssaales stellt eine schuldhafte Verletzung der Würde des Gerichts dar.
2. Die Entscheidung über die Kosten des Beschwerdeverfahrens richtet sich nach den jeweiligen Vorschriften des Verfahrens, in dem der Ordnungsgeldbeschluss ergangen ist.
Normenkette
GVG §§ 178, 181; WEG §§ 8, 47
Verfahrensgang
AG Ludwigshafen (Aktenzeichen 2d UR II 79/04 WEG) |
Tenor
I. Die sofortige Beschwerde wird zurückgewiesen.
II. Der Antragsteller hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.
III. Der Wert des Beschwerdegegenstandes wird auf 200 Euro festgesetzt.
Gründe
Die gem. § 181 GVG zulässige sofortige Beschwerde führt in der Sache nicht zum Erfolg. Das AG hat gegen den Antragsteller zu Recht ein Ordnungsgeld gem. § 178 Abs. 1 GVG verhängt.
Nach der über § 43 Abs. 1 WEG, § 8 FGG (Keidel/Kuntze/Winkler/Zimmermann, FG, 15. Aufl., § 8 Rz. 8 ff.; Wolf in MünchKomm/GVG, 4. Aufl., § 176 Rz. 7, § 181 Rz. 9) auch für das Wohnungseigentumsverfahren anwendbaren Vorschrift des § 178 GVG kann gegen Parteien, die sich in der Sitzung einer Ungebühr schuldig machen, ein Ordnungsgeld bis zu 1.000 Euro festgesetzt werden. Ungebühr liegt vor bei einem Verstoß gegen die zur sachgerechten Durchführung der Verhandlung notwendige Ordnung. Diese besteht in der unmittelbaren Beachtung der Ordnungsvorschriften, der Gewährleistung der ungehinderten Wahrnehmung der Verfahrensrechte für alle Verfahrensbeteiligten, der Schaffung und Sicherung einer Atmosphäre ruhiger Sachlichkeit, Distanz und Toleranz, die allein die erforderliche Suche nach der Wahrheit und dem Recht ermöglicht und dem Ernst der Rechtsprechungstätigkeit gerecht wird. Den Tatbestand der Ungebühr erfüllen die persönliche Herabsetzung, die Kundgabe von Missachtung sowie Lärm, da diese den schwierigen und ernsten Vorgang der Wahrheitssuche und Rechtsfindung erschweren (Kissel/Mayer, Gerichtsverfassungsgesetz, 4. Aufl., § 178 Rz. 10). Das laute Zuschlagen der Tür des Gerichtssaals stellt eine schuldhafte Verletzung der Würde des Gerichts dar (OLG Stuttgart Justiz 1962, 185; OLG Hamm JMBlNRW 1975, 106; KG, Beschl. v. 6.3.2000 - 1 AR 167/00, juris; Kissel/Mayer, Gerichtsverfassungsgesetz, 4. Aufl., § 178 Rz. 12).
Auf der Grundlage des Protokolles vom 6.9.2004 steht der zu ahndende Sachverhalt für den Senat jedenfalls insoweit fest, als dem Beteiligten zu 1) vorgeworfen wird, die Tür des Gerichtssaales beim Verlassen heftigst zugeschlagen zu haben, zumal das AG dem Berichtigungsantrag nicht stattgegeben hat und der Beteiligte im Übrigen auch eingeräumt hat, dass die Tür "sehr laut ins Schloss" gefallen ist. Zweck der durch § 182 GVG vorgeschriebenen Protokollierung ist es, die Voraussetzung für die Nachprüfung der Entscheidung ohne weitere Sachaufklärung zu schaffen. Das durch § 182 GVG vorgeschriebene Protokoll schließt deshalb weitere Aufklärungsmaßnahmen aus (OLG Zweibrücken v. 4.8.1989 - 1 Ws 281/89, MDR 1990, 79; Kissel/Mayer, Gerichtsverfassungsgesetz, 4. Aufl., § 182 Rz. 4, m.w.N.).
Ausgehend hiervon steht für den Senat - wie bereits ausgeführt - fest, dass der Antragsteller den Gerichtssaal unter heftigstem Zuschlagen der Tür verlassen hat. Die im Beschwerdeverfahren von dem Antragsteller aufgestellte Behauptung, die Tür sei ihm "aus der Hand gefallen", vermag die Aufhebung des Ordnungsgeldes nicht zu rechtfertigen. Denn er hat zugleich eingeräumt, dass die Tür beim Hinausgehen "sehr laut ins Schloss" gefallen ist. Diese Folge ist - worauf das AG in seiner Nichtabhilfeentscheidung bereits hingewiesen hat - nicht mit einem bloßen "aus der Hand fallen" zu erklären, so dass auch ein Verschulden des Antragstellers zu bejahen ist. Hiergegen hat sich der Antragsteller auch in seiner Stellungnahme zu der Nichtabhilfeentscheidung nicht mehr gewandt. Ob darüber hinaus bei dem Zuschlagen der Tür die Fensterscheiben gezittert haben, spielt im Hinblick darauf keine Rolle.
Nicht ausreichend protokolliert ist jedoch der Vorwurf, der Antragsteller habe den Gerichtssaal "unter lauten Protesten" verlassen. Denn der Vorgang, der die Ungebühr darstellt, ist möglichst konkret ins Protokoll aufzunehmen; beleidigende Äußerungen sowie Zurufe sind wörtlich anzuführen (Kissel/Mayer, Gerichtsverfassungsgesetz, 4. Aufl., § 182 Rz. 3). Diesen Anforderungen genügt das Protokoll im Hinblick auf die dem Antragsteller vorgeworfenen "lauten Proteste" nicht. Denn aus dem Protokoll ist für den Senat als Beschwerdegericht nicht ersichtlich, welche Äußerungen tatsächlich gemacht wurden, ob sie etwa sachlichen oder beleidigenden Inhalts waren. Dieses Verhalten kann deshalb nicht Grundlage der Verhängung eines Ordnungsgeldes sein.
Das verhängte Ordnungsgeld ist ausgehend von dem durch § 178 Abs. 1 GVG vorgegebenen Rahmen in der Höhe dennoch nicht zu beanstanden, obwohl der Vorwurf der "lauten Proteste" nicht berücksichtigt werden kann. Denn das Verlassen des Gerichtssaales unter heftigs...