Leitsatz (amtlich)
1. Soweit der Abschluss eines Ehevertrages (mit "Globalverzicht") von der im Zuge der notariellen Beratung angestellten Erwägung getragen ist, die Ehefrau könne und wolle die finanziellen Risiken eines Familienunternehmens nicht tragen, so spricht dies für eine unterlegene Verhandlungsposition der Ehefrau. Dies gilt vor allem dann, wenn die Ehefrau in der irrigen Annahme bestärkt wurde, sie mindere durch Abschluss des Ehevertrages ein Haftungsrisiko, das in Wirklichkeit überhaupt nicht bestanden hat.
2. Zur Inhaltskontrolle eines Ehevertrages mit einer Schwangeren.
Normenkette
BGB § 138
Verfahrensgang
AG Pirmasens (Aktenzeichen 1 F 70/23) |
Tenor
I. Auf die Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Pirmasens vom 19. Oktober 2023 in seiner Ziffer 4 (Zugewinnausgleich) wie folgt abgeändert.
Der Antragsgegner wird verpflichtet,
1. vollständige Auskunft über sein Vermögen zu folgenden Stichtagen zu erteilen:
12.05.1995 (Anfangsvermögen)
01.03.2020 (Trennungsvermögen)
30.12.2021 (Endvermögen)
durch Vorlage eines geordneten detaillierten Vermögensverzeichnisses bezogen auf die vorbezeichneten Stichtage, welches die vorhandenen einzelnen Vermögenspositionen samt der dazugehörigen Wertangaben unter Angabe der wertbildenden Faktoren, gegliedert nach Aktiva und Passiva, zu enthalten hat und zwar insbesondere
a) Konten, Sparkonten, Depots, Bausparguthaben, Anlagen über vermögenswirksame Leistungen und sonstige Finanzanlagen
b) Fortführungswerte zu Lebensversicherungen inkl. Angaben zum Rückkaufswert ohne Stornoabschläge, Gewinnanteile, Prämien, Anwartschaftsbarwert auf Schlussgewinnanteile
c) Immobilieneigentum
d) Vermögensgegenstände, insbesondere Schmuck, Pkws, Möbel, Haushaltsgegenstände, Kunstgegenstände
e) ... GmbH mit Angaben zum Hauptsitz und Filialen, sowie sonstiger Firmenbesitz samt Angaben zu Gesellschaftsanteilen an den jeweiligen Gesellschaften unter Angabe der Gesellschaften und der Gesellschaftsform
f) Verbindlichkeiten, insbesondere Darlehen auf Lebensversicherungen (Policendarlehen)
2. Die erteilte Auskunft im Vermögensverzeichnis zu den jeweiligen Stichtagen 12.05.1995, 01.03.2020 und 30.12.2021 zu belegen, und zwar durch
a) Kontoauszüge, Bankbestätigungen und Bank-/Depot-/Bausparverträge zu den Konten, Sparkonten, Depots, Bausparguthaben, Anlagen über vermögenswirksame Leistungen und sonstige Finanzanlagen
b) Schriftliche Auskunft der Versicherungsgesellschaften zu den Fortführungswerten der einzelnen Lebensversicherungen (inkl. Angaben zum Rückkaufswert ohne Stornoabschläge), Gewinnanteile, Prämien, Anwartschaftsbarwert auf Schlussgewinnanteile
c) Grundbuchauszüge, Notarverträge zum Nachweis des Immobilien- und Grundeigentums, Angaben zu den wertbildenden Faktoren und Wertangaben bzgl. Immobilieneigentum sowie der Beschreibung der Immobilien und Ausbauten, der Grundstücksgröße, Wohnfläche, der Lage, Art der Bebauung, Nutzung, Gebäudesubstanz, Baujahr, Ausstattungsmerkmalen, Mietverträge zum Nachweis der Mieteinnahmen
d) Angaben zu wertbildenden Faktoren und Wertangaben zu den Vermögensgegenständen, insbesondere zu Schmuck, Pkws, Möbel, Haushaltsgegenstände, Kunstgegenstände wie z.B. Kfz-Brief, Alter des Pkws, Beschreibung von Erhaltungszustand des Pkws, Bewertungen, Photographien von Vermögensgegenständen
e) Unterlagen zu dem vom Antragsgegner betriebenen ... GmbH am Hauptsitz und Filialen, die der Wertermittlung, der Ermittlung des Gesellschaftsanteils samt Beteiligungsquote, der stillen Reserven, Gewinnrücklagen, Beteiligung Einlagen und Stammkapital etc. zu dienen geeignet sind, wie z.B. Gesellschaftsverträge, Satzungen der Gesellschaften, Bilanzen nebst Gewinn- und Verlustrechnungen, Anlagespiegel, Inventarlisten, der ... GmbH am Hauptsitz und der Filialen der letzten fünf Jahre vor dem jeweiligen Bewertungsstichtag
f) Kontoauszüge, Darlehensverträge, Bankbestätigungen zu Darlehen auf Lebensversicherungen (Policendarlehen)
II. Im Übrigen wird der Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Pirmasens vom 19. Oktober 2023 auf die Beschwerde der Antragstellerin aufgehoben und das Verfahren zur erneuten Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten des Beschwerdeverfahrens - an das Amtsgericht - Familiengericht - Pirmasens zurückverwiesen.
III. Der Wert des Beschwerdegegenstandes wird in die Gebührenstufe bis 50.000,00 EUR festgesetzt.
IV. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Die Beteiligten streiten in dem vorliegenden Scheidungsverbundverfahren um die Rechtmäßigkeit des Scheidungsanspruches, die Durchführung des Versorgungsausgleiches sowie um Ansprüche der Antragstellerin auf Zahlung von Zugewinnausgleich und Nachscheidungsunterhalt.
Am 28. April 1995 schlossen die Beteiligten vor dem Notar ... ... in ... unter der Urkundenregisternummer ... einen Ehevertrag. Darin verständigten sie sich auf einen Ausschluss des Versorgungsausgleiches hinsichtlich sämtlicher Anwartschaften oder Anrechte wegen Alters-, Berufs- oder Erwerbsunfähigkeit. ...