Leitsatz (amtlich)
Zur Rechtmäßigkeit lang andauernder besonderer Informationserhebungen durch den Betrieb von Überwachungskameras zum Schutz eines an Leib und Leben bedrohten Staatsanwalts.
Normenkette
Polizei- und Ordnungsbehördengesetz Rheinland-Pfalz § 2; Polizei- und Ordnungsbehördengesetz Rheinland-Pfalz § 7; Polizei- und Ordnungsbehördengesetz Rheinland-Pfalz § 21 Abs. 1; Polizei- und Ordnungsbehördengesetz Rheinland-Pfalz § 25b
Verfahrensgang
LG Koblenz (Beschluss vom 20.05.2003; Aktenzeichen 2 T 216/03) |
AG Koblenz (Aktenzeichen 30 Gs II 3552/02) |
Tenor
I. Die weitere Beschwerde wird zurückgewiesen.
II. Der Wert des Beschwerdegegenstandes für das Verfahren der weiteren Beschwerde wird auf 3.000 Euro festgesetzt.
Gründe
I. Der Beteiligte zu 1) ist Eigentümer einer Wohnung in der Wohnungseigentumsanlage T. in K. In dem Anwesen wohnt als Mieter auch ein Staatsanwalt, zu dessen Gunsten eine Objekt- und Personenschutzwache eingerichtet ist. Das AG hat erstmals mit Beschluss vom 20.9.1999 die Installation und den Betrieb von Überwachungskameras angeordnet. Mit dieser Maßnahme bezweckt die Polizei, im Rahmen des Bewachungskonzepts öffentlich nicht zugängliche personenbezogene Informationen zu erheben. Gegen die erneute Anordnung der besonderen Informationserhebungen durch Beschluss des AG vom 18.10.2002 hat der Beteiligte zu 1) Beschwerde eingelegt. Das LG hat das Rechtsmittel mit Beschluss vom 20.5.2003 zurückgewiesen. Hiergegen wendet sich der Beteiligte zu 1) mit seiner weiteren Beschwerde.
II.1. Die weitere Beschwerde ist statthaft und auch sonst in förmlicher Hinsicht nicht zu beanstanden (§§ 25b Abs. 1 S. 2, 21 Abs. 1 S. 3 Polizei- und Ordnungsbehördengesetz Rheinland-Pfalz (POG), 27 Abs. 1, 29 Abs. 1 S. 1 und 2, Abs. 4, 20 Abs. 1, 21 Abs. 2 FGG). Die Beschwerdeberechtigung des Beteiligten zu 1) ergibt sich aus der Zurückweisung seiner Erstbeschwerde.
2. In der Sache führt die weitere Beschwerde nicht zum Erfolg. Die Entscheidung des LG beruht nicht auf einer Verletzung des Rechts (§§ 27 Abs. 1 S. 2 FGG, 546 ZPO). Die Kammer hat die Erstbeschwerde zu Recht zurückgewiesen. Die vom Beteiligten zu 1) beanstandete Anordnung besonderer Informationserhebungen findet ihre Rechtsgrundlage in § 25b Abs. 1 S. 1 Nr. 2 POG. Die Entscheidung ergeht gem. §§ 25b Abs. 1 S. 2, 21 Abs. 1 S. 3 POG im Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit; dies ist jedenfalls im Erstbeschwerdeverfahren beachtet worden (vgl. Keidel/Meyer-Holz, FG, 15. Aufl., § 27 Rz. 32 f.).
Die Voraussetzungen des § 25b Abs. 1 S. 1 Nr. 2 POG sind erfüllt. Nach dieser Bestimmung darf die Polizei öffentlich nicht zugängliche personenbezogene Informationen durch den Einsatz zur verdeckten Informationserhebung bestimmter besonderer technischer Mittel nur über die in den §§ 4, 5 und 7 POG genannten Personen zur vorbeugenden Bekämpfung der in § 100a StPO genannten Straftaten erheben.
a) Mit der von ihr beantragten Anordnung bezweckt die Polizei jedenfalls auch, personenbezogene Informationen zu erheben, die öffentlich nicht zugänglich sind. Denn diese werden an einem öffentlich nicht zugänglichen Ort – insb. auf dem befriedeten Besitztum der Wohnungseigentumsanlage T. in K. – erhoben (vgl. De Clerck/Schmidt, POG, § 25b Anm. 2 Buchst. a; Roos, POG, 2. Aufl., § 25b Rz. 2; Beckmann, POG, § 25b Anm. 2). Die von der Polizei zur Überwachung des Anwesens aufgestellten Kameras erfassen zwangsläufig auch die nicht öffentlich zugänglichen Bereiche.
b) Die angeordnete Informationserhebung erfolgt durch den Einsatz zur verdeckten Informationserhebung bestimmter besonderer technischer Mittel. Unter dieses Tatbestandsmerkmal fallen zur Überwachung aufgestellte Kameras dann, wenn sie „getarnt” so eingesetzt werden, dass die Betroffenen sie nicht sehen sollen oder können (vgl. De Clerck/Schmidt, POG, § 25b Anm. 3 Buchst. a, § 25a Anm. III 2; Roos, POG, 2. Aufl., § 25b Rz. 3). So liegt es hier: Um die zur Überwachung eingesetzten Kameras vor Witterungseinflüssen zu schützen, hat der Beteiligte zu 2) diese entspr. „verbaut”, so dass sie ggü. anderen Personen, namentlich Besuchern und Passanten, insb. zur Nachtzeit, verborgen bleiben.
c) Die besonderen Informationserhebungen dienen im vorliegenden Fall auch der vorbeugenden Bekämpfung einer der in § 25b Abs. 1 S. 1 Nr. 2 POG i.V.m. § 100a S. 1 Nr. 2 StPO aufgeführten Straftaten. Mit der angeordneten Maßnahme bezweckt die Polizei nämlich, einen Mord oder einen Totschlag zum Nachteil des betroffenen Staatsanwaltes zu verhindern (§§ 211, 212 StGB).
Allerdings müssen tatsächliche Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass eine der im Gesetz genannten Katalogtaten tatsächlich begangen werden soll, d.h., es müssen die Voraussetzungen einer konkreten Gefahr i.S.d. § 9 Abs. 1 POG vorliegen (De Clerk/Schmidt, POG, § 25b Anm. 4 Buchst. b; Beckmann, POG, § 25b Anm. 1; Roos, POG, 2. Aufl., § 25b Rz. 6). Auch diese Voraussetzung hat das LG ohne Rechtsfehler bejaht. Es hat sich verfahrensfehlerfrei die Überzeugung verschafft, „dass – nach wie vor – die k...