Entscheidungsstichwort (Thema)
Bestellung eines Prozesspflegers für GmbH
Leitsatz (amtlich)
Die Bestellung eines Prozesspflegers für eine GmbH wird nicht dadurch ausgeschlossen, dass (auch) die Bestellung eines Notgeschäftsführers (analog) § 29 BGB in Betracht kommt.
Normenkette
ZPO § 57
Verfahrensgang
LG Frankenthal (Pfalz) (Beschluss vom 29.11.2006; Aktenzeichen 3 O 223/06) |
Tenor
I. Der Beschluss des Einzelrichters der 3. Zivilkammer des LG Frankenthal (Pfalz) vom 29.11.2006 wird aufgehoben.
II. Das Verfahren wird zur erneuten Entscheidung, auch über die Kosten des Beschwerdeverfahrens, an den Einzelrichter zurückverwiesen.
III. Der Wert des Beschwerdegegenstandes wird auf 3.000 EUR festgesetzt.
Gründe
Die zulässige sofortige Beschwerde (§ 567 Abs. 1 Nr. 2 ZPO) des Klägers führt zu einem vorläufigen Erfolg.
Der Einzelrichter hat den Antrag des Klägers, der Beklagten gem. § 57 ZPO für das vorliegende Verfahren einen Prozesspfleger zu bestellen, zurückgewiesen, weil ihr Geschäftsführer am 12.1.2006 verstorben und ein neuer Geschäftsführer noch nicht bestellt ist; der Kläger habe die Möglichkeit, beim zuständigen AG die Bestellung eines Notgeschäftsführers nach § 29 BGB (analog) zu beantragen und nicht dargetan, dass ihm durch den Zeitverlust erhebliche Nachteile drohen würden.
Dem kann nicht gefolgt werden. Die Voraussetzungen für die Bestellung eines Prrozesspflegers für die prozessunfähige Beklagte (§ 57 Abs. 1 ZPO) liegen vor.
Die Beklagte hat vor Eintritt der Rechtshängigkeit ihre Prozessfähigkeit (§ 51 ZPO) verloren, weil ihr Geschäftsführer am 12.1.2006 verstorben ist. Zwar ist der von der Klägerin beantragte Mahnbescheid der Beklagten bereits am 12.12.2005 zugestellt worden. Auf den Widerspruch der Beklagten ist der Rechtsstreit aber erst am 13.6.2006 an das zuständige LG abgegeben worden, weil der Kläger erst an diesem Tag den erforderlichen Gerichtskostenvorschuss einbezahlt hat, so dass der Rechtsstreit nach § 696 Abs. 3 ZPO mit der Abgabe der Streitsache rechtshängig geworden ist. Auf die Frage, ob die Bestellung eines Prozesspflegers auch möglich ist, wenn die beklagte Partei erst im Laufe eines Prozesses prozessunfähig wird, kommt es daher nicht an (vgl. zum Meinungsstand Zöller/Vollkommer, ZPO, 26. Aufl., § 57 Rz. 3, m.w.N.).
Entgegen der Auffassung des LG kann die Klägerin nicht auf den Weg des § 29 BGB (analog) verwiesen werden.
Die Bestellung eines Prozesspflegers nach § 57 ZPO wird nicht dadurch ausgeschlossen, dass auch die Bestellung eines Notgeschäftsführers nach § 29 BGB (analog) in Betracht kommt. Die Bestellung eines Prozesspflegers gem. § 57 ZPO ist ggü. der Bestellung eines Notgeschäftsführers nach § 29 BGB (analog) der erheblich einfachere und in der Sache auch angemessene Weg, weil die Bestellung eines Prozesspflegers für die beklagte Partei weit weniger einschneidend ist als die gerichtliche Bestellung eines Vertretungsorgans. Während die Legitimation eines Prozesspflegers nach § 57 BGB auf den Rechtsstreit begrenzt ist (OLG Dresden, Beschl. v. 11.12.2001 - 2 W 1848/01, GmbHR 2002, 16; OLG Celle NJW 1965, 504) greift die Bestellung eines Notgeschäftsführers nach § 29 BGB (analog) in die originären statutarischen und normativen Befugnisse der Gesellschafter der beklagten Partei ein. So erhält der Notgeschäftsführer ohne entsprechenden Willen der Gesellschafter eine umfassende organschaftliche Stellung; er ist wie ein "normaler" Geschäftsführer mit allen Rechten und Pflichten versehen, kann die Gesellschaft deshalb uneingeschränkt rechtsgeschäftlich vertreten und ist in das Handelsregister einzutragen (OLG Zweibrücken v. 12.4.2001 - 3 W 23/01, OLGReport Zweibrücken 2001, 343 = GmbHR 2001, 571 m. Anm. Hohlfeld = ZIP 2001, 973; BayObLG NJW-RR 1999, 1259; OLG Celle, NJW 1965, 504). Soweit zum Teil angenommen wird, dass (deshalb) die Möglichkeit der Bestellung eines besonderen Vertreters nach § 57 ZPO grundsätzlich nicht die (weitergehende) Notwendigkeit entfallen lässt, einen Notgeschäftsführer nach § 29 BGB (analog) zu bestellen, führt das im Umkehrschluss nicht dazu, dass der Kläger vorrangig darauf zu verweisen wäre, die Bestellung eines Notgeschäftsführers nach § 29 BGB (analog) zu beantragen (vgl. auch OLG Köln, Beschl. v. 27.6.2005 - 19 W 32/05, OLGReport Köln 2005, 684; OLG Dresden v. 11.12.2001 - 2 W 1848/01, GmbHR 2002, 16; OLG Stuttgart v. 12.7.1996 - 9 W 69/94, MDR 1996, 198; Reuter in MünchKomm/BGB, 4. Aufl., § 29 Rz. 11 m.w.N.).
Mit dem Verzug der Bestellung eines gesetzlichen Vertreters durch die Beklagte ist für die Klägerin auch die Gefahr verbunden, dass die Verwirklichung ihrer Rechte beeinträchtigt werden könnte.
Das ergibt sich bereits daraus, dass die Beklagte seit mittlerweile mehr als einem Jahr ohne ordnungsgemäße gesetzliche Vertretung ist (vgl. OLG Köln v. 27.6.2005 - 19 W 32/05, OLGReport Köln 2005, 684). Hinzu kommt, dass die Beklagte die Bestellung eines neuen Geschäftsführers offenbar nicht mit der gebotenen Nachhaltigkeit betreibt. In ihrer Klageerwiderung vom 4.8.2...