Entscheidungsstichwort (Thema)

Erteilung eines Erbscheins nach der am … verstorbenen S.K., geborene S., geboren am …, zuletzt wohnhaft …. Erbvertrag

 

Leitsatz (redaktionell)

Allein die Tatsache, dass ein Erbvertrag unter Ehegatten in einer Situation errichtet wurde, in welcher sich die Ehe in einer Krise befand, reicht nach den allgemeinen Erfahrungssätzen nicht aus, im Wege der Auslegung eines Fortgeltungswillen i.S.d. § 2077 Abs. 3 BGB bei Scheidung der Ehe festzustellen.

 

Normenkette

BGB § 207 Abs. 1 S. 1, § 2077 Abs. 3, §§ 2280, 2269 Abs. 1, § 2281 Abs. 1, § 2079

 

Verfahrensgang

LG Kaiserslautern (Beschluss vom 16.12.1997; Aktenzeichen 1 T 183/97)

AG Kaiserslautern (Beschluss vom 21.07.1997; Aktenzeichen VI 1241/96)

 

Tenor

1. Der angefochtene Beschluß wird geändert:

Die Beschwerde des Beteiligten zu 2) vom 29. Juli/4. August 1997 gegen den Beschluß des Amtsgerichts – Nachlaßgericht – Kaiserslautern vom 21. Juli 1997 wird zurückgewiesen.

2. Der Beteiligte zu 2) hat der Beteiligten zu 1) ihre im Erstbeschwerdeverfahren und im Verfahren über die weitere Beschwerde entstandenen notwendigen Kosten zu erstatten.

3. Der Gegenstandswert für das Verfahren der weiteren Beschwerde wird auf 80 000,– DM festgesetzt.

 

Tatbestand

I.

Die Erblasserin verstarb am … Sie war die geschiedene Ehefrau von C. M. K. mit dem sie von 1947 bis 1968 verheiratet war. Aus der Ehe gingen keine gemeinsamen leiblichen Abkömmlinge hervor.

Die Beteiligte zu 1) ist Tochter aus einer früheren Ehe der Erblasserin und war von C. M. K. adoptiert worden. Der Beteiligte zu 2) ist ein Sohn aus einer früheren Ehe von C. M. K.

Im Sommer 1965 trennte sich C. M. K. von der Erblasserin, nachdem er sich seiner Sekretärin S. F. zugewandt hatte.

Die Eheleute K. schlossen am 13. Dezember 1966 einen Erbvertrag, mit dem sie u. a. folgendes bestimmten:

„…

(II.) Wir setzen hiermit beiderseits je das Überlebende von

uns zum alleinigen und ausschließlichen Erben des dereinstigen Nachlasses des Erstversterbenden von uns ein, ohne Rücksicht darauf, ob und welche Pflichtteilsberechtigte dieses hinterlassen wird.

Wenn sich das Überlebende von uns nach dem Tode des Erstversterbenden wieder verheiratet, so hat es sofort an die beiden Kinder

  1. S. E., geb. B. (Beteiligte zu 1) …
  2. M. P. K. (Beteiligter zu 2) …

je drei Achtel des Wertes des Nachlasses des Erstversterbenden in Geld vermächtnisweise auszuzahlen; was eines der Kinder aufgrund seines Pflichtteils aus dem Nachlaß des Erstversterbenden bereits erhalten hat, ist auf das Vermächtnis anzurechnen …

(III.)

Zu Erben des Nachlasses des Zuletztversterbenden bestimmen wir unsere oben genannten Kinder S. E. (Beteiligte zu 1) und M. P. K. (Beteiligter zu 2) je zur Hälfte. Verlangt eines der Kinder nach dem Tode des Erstversterbenden seinen Pflichtteil aus dessen Nachlaß, so erhält das andere beim Tode des Zweitversterbenden als Vermächtnis des Erstversterbenden den Betrag seines Pflichtteils aus dessen Nachlaß; ist dieses andere der genannten Kinder am Nachlasse des Erstversterbenden nicht pflichtteilsberechtigt, so ist der Betrag des Vermächtnisses so zu berechnen, wie wenn beide Kinder pflichtteilsberechtigt wären …”

Die Erblasserin widersetzte sich zunächst einer Ehescheidung, erhob dann aber mit Schriftsatz ihrer Bevollmächtigten vom 27. September 1968 Scheidungsklage, welcher mit rechtskräftigem Urteil des Landgerichts Kaiserslautern vom 23. Oktober 1968 stattgegeben wurde.

Noch am Tage der Ehescheidung unterzeichnete der geschiedene Ehemann der Erblasserin eine maschinenschriftliche „Erklärung und Bestätigung”, in der u. a. folgendes festgehalten ist:

„… Mir ist bewußt, daß unser Erbvertrag hinfällig ist. Ich werde aber mein möglichstes tun, dass meinen Kindern nach meinem Ableben ein nicht geringes Erbteil zukommt. Diesen Text habe ich Frau S… K… (Erblasserin) telefonisch durchgegeben und bestätige denselben heute am Tage der Scheidung …”

Die Erblasserin vermerkte nach der Scheidung auf dem Deckblatt ihres Exemplars des Erbvertrages vom 13. Dezember 1966:

„seit Scheidung ungültig”.

Am 19. November 1968 verfaßte C. M. K. eine letztwillige Verfügung, in der er darlegte, eine Eheschließung mit S. F. habe wegen Beschaffungsschwierigkeiten hinsichtlich der notwendigen Papiere noch nicht stattfinden können; falls ihm vor der geplanten Eheschließung etwas zustoße, bestimme er, daß S. F. volles Verfügungsrecht über seine Hinterlassenschaft haben solle, so als ob sie bereits seine Frau sei. Am 23. Dezember 1968 schloß C. M. K. die Ehe mit S. F. und errichtete am 16. Oktober 1969 ein privatschriftliches Testament, mit dem er bestimmte, daß sein finanzieller Nachlaß zwischen seiner neuen Ehefrau und den Beteiligten zu 1 und 2) in drei gleiche Teile geteilt werden solle. Am 13. Juli 1971 verstarb C. M. K. und wurde auf der Grundlage des Testaments vom 16. Oktober 1969 von den darin Begünstigten beerbt; der Erbvertrag vom 13. Dezember 1966 wurde von keiner Seite zur Sprache gebracht.

Die Erblasserin verfaßte ihrerseits am 1. Juli 1975 ein privatschriftliche...

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