Entscheidungsstichwort (Thema)
Betreuung: Betreuerauswahl und Interessenkollision
Leitsatz (amtlich)
Zur Frage der Eignung der Tochter als Vermögensbetreuerin, wenn diese aus einem notariellen Grundstücksübertragungsvertrag zur Wartung und Pflege der Mutter verpflichtet ist, den Lohn für die hierfür eingestellte Pflegekraft dem Vermögen der Mutter entnimmt und darüber hinaus die Überweisung größerer Geldbeträge von dem Konto der Mutter an sich und ihre Schwester veranlasst hat.
Verfahrensgang
LG Kaiserslautern (Beschluss vom 29.04.2004; Aktenzeichen 1 T 30/04) |
AG Kaiserslautern (Aktenzeichen XVII 557/02) |
Tenor
I. Der angefochtene Beschluss wird insoweit aufgehoben, als die Beteiligte zu 2) auch zur Vermögensbetreuerin der Betroffenen bestellt worden ist.
Im Umfang der Aufhebung wird das Verfahren zur erneuten Sachbehandlung und Entscheidung, auch über eine etwaige Kostenerstattung im Rechtsbeschwerdeverfahren, an das LG Kaiserslautern zurückverwiesen.
II. Der Gegenstandswert des Verfahrens der weiteren Beschwerde wird auf bis zu 750 Euro festgesetzt.
Gründe
I. Die Beteiligte zu 1) und die Beteiligte zu 2) sind die Töchter der Betroffenen.
Im Oktober 2003 regte die Beteiligte zu 1) an, für die Betroffene eine Vermögensbetreuung zu errichten.
Die Betroffene lebt im Haushalt der Beteiligten zu 2), der sie (und ihr damals noch lebender Ehemann) mit notariellem Vertrag das Hausgrundstück übergeben hat. Als Gegenleistung für die Übergabe ist ein lebenslängliches Leibgeding zugunsten der Betroffenen vereinbart. Für die Pflege der Betroffenen wurde zwischenzeitlich eine Vollzeitkraft eingestellt, deren Lohn die Beteiligte zu 2) mit der Rente der Betroffenen begleicht.
Im Dezember 2003 wurde aus dem Vermögen der Betroffenen an die Beteiligten zu 1) und 2) jeweils ein Betrag i.H.v. 30.000 Euro überwiesen. Nach dem Vortrag der Beteiligten zu 1) soll die Überweisung auf Veranlassung der Beteiligten zu 2) erfolgt sein.
Das AG hat den Antrag auf Einrichtung einer Betreuung zurückgewiesen. Auf die Beschwerde der Beteiligten zu 1) hat das LG Betreuung mit den Wirkungskreisen Gesundheitsfürsorge, Vermögenssorge und Aufenthaltsbestimmung angeordnet und - dem Vorschlag der Betroffenen entsprechend - die Beteiligte zu 2) zur Betreuerin bestellt.
Mit der weiteren Beschwerde wendet sich die Beteiligte zu 1) ausschließlich gegen die Bestellung der Beteiligten zu 2) zur Vermögensbetreuerin.
II. Die weitere Beschwerde ist statthaft, nicht an eine Frist gebunden und auch im Übrigen verfahrensrechtlich nicht zu beanstanden (§§ 27 Abs. 1, 29 Abs. 1 und 4 FGG).
Insbesondere ist die Beteiligte zu 1) beschwerdebefugt, § 69g Abs. 1 FGG. Nach überwiegender Rechtsprechung, der der Senat folgt, können nahe Angehörige i.S.d. § 69g Abs. 1 FGG auch gegen die erstmalige Bestellung eines Betreuers Beschwerde mit dem Ziel einlegen, die eigene Person an die Stelle des ausgewählten Betreuers zu setzen. Denn hierbei handelt es sich um eine zulässige Teilanfechtung der die Bestellung und Auswahl umfassenden Einheitsentscheidung nach § 69 Abs. 1 Nr. 2 FGG (vgl. BGH v. 6.3.1996 - XII ZB 7/96, MDR 1996, 714 = FamRZ 1996, 607; OLG Zweibrücken v. 3.3.1997 - 3 W 9/97, OLGReport Zweibrücken 1997, 127 = FGPrax 1997, 104; FGPrax 1999, 146; Beschl. v. 20.2.2003 - 3 W 245/02; KG v. 26.1.1995 - 1 W 7060/94, KGReport Berlin 1995, 69 = FamRZ 1995, 1442; OLG Hamm v. 30.5.1996 - 15 W 122/96, NJW-RR 1997, 70 [71]; Keidel/Kuntze/Winkler/Kayser, FGG, 15. Aufl., § 69g Rz. 13). Das Gleiche gilt für den Fall, dass Ziel des Rechtsmittels - wie hier - nicht die eigene Bestellung des Angehörigen, sondern vielmehr die Bestellung eines Dritten ist (vgl. etwa OLG Zweibrücken, Beschl. v. 20.2.2003 - 3 W 245/02; OLG Schleswig v. 8.6.1994 - 2 W 20/94, MDR 1994, 805 = FamRZ 1995, 432; Keidel/Kuntze/Winkler/Kayser, FGG, 15. Aufl., § 69g Rz. 13). Denn für die in § 69g Abs. 1 FGG geregelte Beschwerdebefugnis kommt es nicht darauf an, ob der Rechtsmittelführer selbst bereit und in der Lage ist, die Betreuung zu übernehmen. Die Vorschrift räumt dem in ihr genannten Personenkreis und der zuständigen Behörde unabhängig von der Beeinträchtigung eigener Rechte eine Beschwerdebefugnis ein.
III. In der Sache führt das Rechtsmittel zu einem jedenfalls vorläufigen Erfolg.
Der Beschluss, mit dem das LG für die Betroffene Betreuung angeordnet und die Beteiligte zu 2) zur Betreuerin für sämtliche Wirkungskreise bestellt hat, beruht insoweit auf einer Verletzung des Rechts, als die Auswahl der Beteiligten zu 2) als Betreuerin auch für den Aufgabenbereich der Vermögenssorge verfahrensfehlerhaft erfolgt ist (§ 27 Abs. 1 FGG, § 546 ZPO). Dies nötigt zur Aufhebung des Beschlusses und zur Zurückverweisung in diesem Umfang.
Rechtlich zutreffend ist der Ausgangspunkt des LG, dass bei der Auswahl des Betreuers der Vorschlag des Betroffenen, eine bestimmte Person zu seinem Betreuer zu bestellen, unabhängig von der Geschäftsfähigkeit des Betroffenen einen Vorrang dieser Person vor allen anderen in Betracht kommenden Person...