Leitsatz (amtlich)
Die Nutzung der elektronischen Form für ein Ersuchen an das Grundbuchamt ist in §§ 126 ff. GBO i.V.m. der Landesverordnung über den elektronischen Rechtsverkehr in Rheinland-Pfalz vom 10. Juli 2015 ausschließlich für Notare verpflichtend vorgesehen. Mit der Einführung von § 130d ZPO und § 14b FamFG hat der Bundesgesetzgeber den Wortlaut des § 135 Abs. 1 Nr. 4 GBO nicht angepasst und keine Ausweitung der Nutzungspflicht, beispielsweise für Behörden, normiert.
Normenkette
FamFG § 14b; GBO §§ 126, 130d, 135 Abs. 1 Nr. 4
Tenor
Auf die Beschwerde wird der Beschluss des Amtsgerichts - Grundbuchamt - ... vom 2. Februar 2022 aufgehoben.
Das Grundbuchamt wird angewiesen, die mit dem Ersuchen vom 11. Januar 2022 begehrte Eintragung, namentlich die Eintragung einer Zwangssicherungshypothek zu ... EUR für ... im Wege des Verwaltungszwangsverfahrens am verfahrensgegenständlichen Grundbesitz in das Grundbuch vorzunehmen.
Gründe
I. Der Beschwerdeführer begehrt die Eintragung einer Zwangssicherungshypothek im Grundbuch.
Der Schuldner ist als Miteigentümer des verfahrensbefangenen Grundstücks im Grundbuch eingetragen.
... hat das Amtsgericht schriftlich ersucht, zu Gunsten der ... eine Zwangssicherungshypothek zu ... EUR einzutragen. Das Ersuchen ist gesiegelt und unterschrieben. ... versichert darin, dass die gesetzlichen Voraussetzungen für die Vollstreckung zugunsten des Beschwerdeführers vorliegen (§ 322 Abs. 3 Satz 2 AO).
Das Grundbuchamt hat ... mehrfach auf die Notwendigkeit der Einhaltung der elektronischen Form hingewiesen und sodann das Ersuchen des Finanzamts wegen Formunwirksamkeit zurückgewiesen.
Am 7. Februar 2022 ist aufgrund eines angeordneten vorläufigen Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Schuldners eine Verfügungsbeschränkung in Form eines Zustimmungsvorbehalts zu Lasten des verfahrensbefangenen Grundstücks ins Grundbuch eingetragen worden.
Der Beschwerdeführer wendet sich gegen die Zurückweisung seines Ersuchens als unzulässig und verweist zur Begründung insbesondere darauf, dass die Vorschriften der Grundbuchordnung den Vorschriften der Zivilprozessordnung vorgehen würden.
II. Die zulässige Beschwerde hat in der Sache Erfolg.
1. Im Verfahren zur Eintragung einer Zwangssicherungshypothek nach § 867 ZPO ist nicht der Beschwerderechtszug der ZPO, sondern der Rechtsmittelzug der GBO gegeben (OLG Köln, FGPrax 2008, 193). Der Senat ist somit nach §§ 72, 119 Abs. 1 Nr. 1b) GVG, 4 Abs. 3 Nr. 2a) GerOrgG Rheinland-Pfalz zur Entscheidung hierüber berufen.
2. Die Beschwerde ist begründet. Das Grundbuchamt hat das Ersuchen des Beschwerdeführers zu Unrecht zurückgewiesen. Entgegen der Ansicht des Grundbuchamtes ist weder § 130d ZPO noch § 14b FamFG hier anwendbar.
a) Das Ersuchen des Beschwerdeführers genügt den gesetzlichen Formvorgaben.
Die Nutzung der elektronischen Form für ein behördliches Ersuchen an das Grundbuchamt ist in der Grundbuchordnung nicht gesetzlich vorgeschrieben.
Die Formvorschriften des Grundbuchrechts bestimmen sich nach §§ 126 ff. GBO, insbesondere nach §§ 135 ff. GBO i.V.m. der Landesverordnung über den elektronischen Rechtsverkehr in Rheinland-Pfalz vom 10. Juli 2015, zuletzt geändert am 4. April 2017, GVBl. S. 86, ber. S. 121, (ERVLVO) (BeckOK FamFG/Burschel, 41. Ed. 1. Januar 2022, FamFG § 14 Rn. 2). So regeln §§ 135 ff. GBO, zum Beispiel § 137 Abs. 1 Nr. 2 GBO für zu siegelnde Schriftstücke, die elektronische Form im Gegensatz zu den insoweit allgemeineren Vorschriften § 126a BGB oder § 14 FamFG speziell für die grundbuchrechtlichen Formanforderungen. § 135 Abs. 1 Nr. 4 GBO i.V.m. § 1 ERVLVO normiert den Nutzungszwang des elektronischen Rechtsverkehrs ausschließlich für Notare. Mit der Einführung von § 130d ZPO und § 14b FamFG hat der Bundesgesetzgeber den Wortlaut des § 135 Abs. 1 Nr. 4 GBO nicht angepasst und keine Ausweitung der Nutzungspflicht normiert.
Zudem ist bei einem behördlichen Ersuchen nach § 38 GBO die doppelte Prüfungskompetenz des Grundbuchamtes von grundbuchrechtlichen und vollstreckungsrechtlichen Voraussetzungen bei der Eintragung einer Zwangssicherungshypothek ohnehin eingeschränkt (vgl. zum Prüfungsumfang OLG München, Beschluss vom 9. April 2019 - 34 Wx 281/17, Rn. 15 ff., juris). Das Grundbuchamt ist dann im Wesentlichen auf die Prüfung grundbuchspezifischer Vorschriften beschränkt. Auch deshalb sind § 130d ZPO und § 14b FamFG nicht einschlägig.
b) Die weiteren gesetzlichen Voraussetzungen für eine Eintragung liegen ebenfalls vor, §§ 29, 38, 39 GBO.
Das Finanzamt ist für ein Ersuchen zur Eintragung einer Zwangssicherungshypothek gesetzlich befugt, (§ 322 Abs. 3 S. 1 und 4 AO, § 249 Abs. 3 AO). Auch sind die durch das Ersuchen nicht ersetzten Eintragungsvoraussetzungen gegeben. Der Schuldner ist als Miteigentümer des Grundstücks eingetragen, § 39 GBO (Miteigentum ist ausreichend, vgl. Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht, Beschluss vom 10. September 2010 - 2 W 98/10, Rn. 15 ff., juris), und die Wertgrenze von 750 EUR ist überschritten, § 866 Abs. 3 S. 1 ZPO....