Entscheidungsstichwort (Thema)

Schuldrechtlicher Versorgungsausgleich

 

Leitsatz (amtlich)

1. Wechselseitige Ansprüche auf schuldrechtlichen Versorgungsausgleich durch Zahlung einer Ausgleichsrente können aus verfahrensökonomischen Gründen miteinander verrechnet werden.

2. Für den zur Ermittlung der Geringwertigkeit der Differenz gleichartiger Anrechte i.S.v. § 18 Abs. 1 VersAusglG maßgebenden Zeitpunkt ist bei Ausgleichsansprüchen nach der Scheidung auf die Fälligkeit der Ausgleichsrente abzustellen.

 

Normenkette

VersAusglG §§ 20, 18 Abs. 1, 3, § 5 Abs. 4 S. 2; VAHRG § 10a Abs. 1 Nr. 2

 

Verfahrensgang

AG Landau (Pfalz) (Beschluss vom 21.02.2012; Aktenzeichen 2 F 340/10)

 

Tenor

1. Der Beschluss des AG - Familiengericht - Landau in der Pfalz vom 21.2.2012 wird aufgehoben. Der Antrag auf Durchführung des schuldrechtlichen Versorgungsausgleichs wird zurückgewiesen.

2. Kosten des Beschwerdeverfahrens werden nicht erhoben.

3. Der Gegenstandswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 1.000 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Die Eheleute wurden durch Urteil des AG - Familiengericht -Göppingen vom 25.9.1985, rechtskräftig seit 31.10.1985 geschieden. Der öffentlich-rechtliche Versorgungsausgleich wurde durchgeführt; hinsichtlich der Anwartschaft des Antragsgegners auf betriebliche Altersversorgung beim Labor Prof. Berthold, Wildbad (heute: Berthold Technologies GmbH & Co KG) wurde der schuldrechtliche Versorgungsausgleich vorbehalten.

Mit Schriftsatz vom 30.9.2010, dem Antragsgegner zugestellt am 6.10.2010, hat die Antragstellerin beantragt, den schuldrechtlichen Versorgungsausgleich durchzuführen. Das Erstgericht hat nach Einholung eines schriftlichen Sachverständigengutachtens zum Wert des schuldrechtlichen Versorgungsausgleichs in der angefochtenen Entscheidung beschlossen, dass der Antragsgegner verpflichtet wird, an die Antragstellerin beginnend ab 1.10.2010 eine monatliche Ausgleichsrente i.H.v. 14,14 EUR zu zahlen. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass aufgrund des beiderseitigen Rentenbezugs die Voraussetzungen des § 20 VersAusglG erfüllt seien. In Anlehnung an das vom Gericht eingeholte Sachverständigengutachten sei nach Abzug der auf die Ausgleichsrente entfallenden Sozialversicherungsbeiträge ein Nettobetrag i.H.v. 14,14 EUR zu zahlen. Zur Berechnung der Geringfügigkeitsgrenze seien die auf das Ende der Ehezeit bezogenen Bezugsgrößen anzunehmen.

Der Antragsgegner macht mit seiner Beschwerde geltend, dass entgegen den Ausführungen des Sachverständigen nicht nur pauschale, an der Höhe der gesetzlichen Beiträge orientierten Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge in Abzug zu bringen seien, sondern vielmehr seine vollen Beiträge im Verhältnis zu allen Einkünften. Weiterhin ist er der Auffassung, dass ein Ausgleich im vorliegenden Fall aufgrund des Unterschreitens der Geringfügigkeitsgrenze zu unterbleiben habe.

II. Das Rechtsmittel führt zur Aufhebung der Erstentscheidung und Zurückweisung des Antrags auf Durchführung des schuldrechtlichen Versorgungsausgleichs.

Unabhängig von der Frage, in welcher Höhe Beiträge zur privaten Kranken- und Pflegeversicherung hier tatsächlich zu berücksichtigen sind, ist der Ausgleich nach § 20 Abs. 1 S. 3 i.V.m. § 18 VersAusglG wegen Geringfügigkeit nicht durchzuführen.

Der Sachverständige führt nachvollziehbar aus, dass sich ausgehend von dem letzten Bescheid des Versorgungsträgers die ehezeitliche betriebliche Versorgung des Antragsgegners auf 158,03 EUR belaufe, somit ein Bruttobetrag i.H.v. 79,01 EUR auszugleichen sei. Weiter sei im vorliegenden Fall zu berücksichtigen, dass auch eine Teilrente der Antragstellerin noch nicht ausgeglichen und damit dem schuldrechtlichen Ausgleich vorbehalten sei, weil beim öffentlich-rechtlichen Versorgungsausgleich im Anwartschaftszeitraum nur die unverfallbare statische Versicherungsrente der Zusatzversorgung des Öffentlichen Dienstes zu berücksichtigen gewesen sei. Damit sei nun die Differenz des Ehezeitanteils der statischen Versicherungsrente zu der bei Eintritt des Versicherungsfalls unverfallbar gewordenen volldynamischen Versorgungsrente, welcher sich auf 61,88 EUR brutto belaufe, schuldrechtlich auszugleichen, was im vorliegenden Fall gem. § 1 Abs. 2 VersAusglG im Wege des sog. Hin-und-Her-Ausgleichs erfolge. Allerdings verrechnet der Sachverständige im Ergebnis die beiden Ausgleichsrenten.

Die Wertermittlung des Sachverständigen ist in sich schlüssig und nachvollziehbar und wird hinsichtlich der ermittelten Bruttowerte auch nicht angefochten. Auch die Verrechnung der beiden schuldrechtlichen Ausgleichsrenten wird nicht angefochten und begegnet auch keinen Bedenken. Zwar sieht § 1 VersAusglG im Gegensatz zur früheren Rechtslage eine Halbteilung der verschiedenen Anrechte und gerade keine Saldierung vor; allerdings ist im Rahmen des schuldrechtlichen Ausgleichs zu berücksichtigen, dass die wechselseitigen Ansprüche der Ehegatten auf tatsächlich bezogenen Versorgungsleistungen beruhen und jeweils auf (Renten-) Leistungen gerichtet sind, die ihrem Gegenstand ...

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