Entscheidungsstichwort (Thema)
Sitzverlegung eines ausländischen Idealvereins nach Deutschland
Normenkette
EGV Art. 43, 48; BGB § 60; FGG § 160a
Verfahrensgang
LG Koblenz (Beschluss vom 22.07.2005; Aktenzeichen 2 T 406/05) |
AG Neuwied (Aktenzeichen 3.2 AR 23/05) |
Tenor
I. Die sofortige weitere Beschwerde wird zurückgewiesen.
II. Der Geschäftswert für das Verfahren der sofortigen weiteren Beschwerde wird auf 3.000 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Der Antragsteller, ein deutscher Rechtsanwalt, erstrebt als nach seiner Darstellung alleinvertretungsberechtigter Präsident des im Beschlusseingang genannten französischen Vereins dessen Eintragung in das Vereinsregister des für seinen Wohnsitz in Deutschland zuständigen AG, nachdem die insgesamt sechs Mitglieder des Vereins die Verlegung des satzungsmäßigen Vereinssitzes nach dorthin beschlossen haben.
Für das Rechtsbeschwerdeverfahren ist davon auszugehen, dass der von dem Verfahren betroffene Verein in Frankreich als "association" französischen Rechts gegründet wurde, dort in Paris seinen statuarischen Sitz ("siège social") hat und infolge seiner Anmeldung bei der zuständigen Verwaltungsbehörde im Gründungsstaat Rechtsfähigkeit erlangt hat.
Ausweislich der Bekanntmachung im Journal Officiel vom 10.11.1973 ist der Zweck des Vereins die Förderung der Forschung auf den Gebieten der Vorbeugung und der Behandlung von Brustkrebs ("Objet: favoriser le développement de la recherche de la prévention et du traitement du cancer du sein").
Das AG - Registergericht - hat die Anmeldung des Vereins zur Eintragung in das deutsche Vereinsregister zurückgewiesen. Die dagegen eingelegte Beschwerde ist beim LG ohne Erfolg geblieben. Mit seiner sofortigen weiteren Beschwerde hält der Antragsteller an der Rechtsmeinung fest, dass mit Blick auf die jüngere Rechtsprechung des EuGH zu der in Art. 43, 48 EGV garantierten Niederlassungsfreiheit die weiterhin begehrte Registereintragung des Vereins nicht abgelehnt werden dürfe.
II. Das Rechtsmittel ist als sofortige weitere Beschwerde statthaft (§§ 160a Abs. 1, 29 Abs. 2 FGG) und auch im Übrigen verfahrensrechtlich nicht zu beanstanden. In der Sache ist die Rechtsbeschwerde unbegründet. Die Ablehnung der Eintragung des nach französischem Recht gegründeten Vereins in das deutsche Vereinsregister durch die Instanzgerichte hält der Rechtskontrolle im dritten Rechtszug (§ 27 Abs. 1 FGG, § 546 ZPO) stand.
Im Einzelnen gilt dazu Folgendes:
1. Rechtslage nach französischem Recht:
Nach dem Vorbringen des Antragstellers wurde die in Rede stehende "association" in Frankreich im Jahr 1973 gem. dem Gesetz vom 1.7.1901 gegründet und damit entsprechend der allgemeinen Definition des Art. 1 jenes Gesetzes als Personenvereinigung ohne Gewinnzweck ("à but non lucratif).
Mit der Anmeldung des Vereins bei der zuständigen Verwaltungsbehörde und der Bekanntmachung im Journal Officiel nach Art. 5, 6 des Vereinsgesetzes von 1901 erlangte dieser die Rechtsstellung einer "association déclarée" und somit eine beschränkte Rechtsfähigkeit ("petite capacité"); die "association déclarée" kann z.B. nicht unentgeltlich erwerben und darf Immobilien ausschließlich zur Erfüllung ihres satzungsmäßigen Zwecks besitzen (vgl. zum Ganzen: Ferid/Sonnenberger, Das Französische Zivilrecht, Bd. 1/1, 2. Aufl. 1994, Rz. 1 D 322 bis 324, Bd. 2, 2. Aufl., 1986, Rz. 2 L 27, 28).
2. Rechtslage nach deutschem Recht:
a) Das deutsche internationale Privatrecht enthält keine Regelung des internationalen Vereinsrechts (vgl. Art. 37 Nr. 2 EGBGB). Die Rechtsfähigkeit eines ausländischen Vereins bestimmt sich nach dem Recht des Gründungsstaates. Der im Ausland gegründete Verein, der dort Rechtsfähigkeit erlangt hat, gilt (vorbehaltlich eines etwaigen ordre public-Verstoßes, Art. 6 EGBGB) im Umfang der ihm im Gründungsstaat zuerkannten Rechtsfähigkeit auch in Deutschland als rechtsfähig. Eines staatlichen Anerkennungsaktes bedarf es hierfür nicht (Stöber, Handbuch zum Vereinsrecht, 9. Aufl., 2004, Rz. 84).
b) Verlegt ein rechtsfähiger Verein mit ausländischem Vereinsstatut und Satzungssitz im Ausland diesen nach Deutschland, trifft das deutsche Recht keine Bestimmung darüber, dass sich der Verein mit seiner in dem ausländischen Staat erworbenen Rechtspersönlichkeit hier fortsetzen würde; das deutsche Recht enthält keine Regelung über die grenzüberschreitende Verlegung des satzungsmäßigen Sitzes ins Inland.
Nach deutschem Rechtsverständnis stellt sich die "Einwanderung" des ausländischen Vereins nicht als rein tatsächlicher Vorgang dar, sondern als Rechtsakt, weicher die künftige Zugehörigkeit des Vereins zur Rechtsordnung der Bundesrepublik Deutschland begründet. Deshalb verlangt die herrschende Auffassung für die Rechtsfähigkeit des Vereins in Deutschland mit Recht dessen Neugründung nach dem Recht des BGB und anschließende Eintragung in das Vereinsregister (§ 21 BGB) oder Konzessionierung gem. § 22 BGB (Stöber, Handbuch zum Vereinsrecht, 9. Aufl., 2004, Rz. 85; Reichert, Handbuch Vereins- und Verbandsrecht, 10. Aufl., 2...