Entscheidungsstichwort (Thema)
Anrechnung der Geschäftsgebühr auf die Verfahrensgebühr
Leitsatz (amtlich)
Die am 5.8.2009 in Kraft getretene Regelung des § 15a RVG enthält keine Gesetzesänderung i.S.v. § 60 Abs. 1 RVG. Sie stellt lediglich klar, dass sich die alte, bereits unter der Geltung von § 118 Abs. 2 BRAGO bestehende Rechtslage durch die Einführung des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes nicht geändert hat und findet damit auch auf noch nicht entschiedene "Altfälle" aus der Zeit vor ihrem Inkrafttreten Anwendung.
Normenkette
RVG § 15a; BRAGO § 118 Abs. 2; RVG-VV Nrn. 2300, 3100; RVG-VV Vorbemerkung 3 Abs. 4 zu Teil 3
Verfahrensgang
AG Rockenhausen (Beschluss vom 25.11.2009; Aktenzeichen 1 F 15/09) |
Tenor
I. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
II. Der Antragsteller hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.
III. Der Wert des Beschwerdegegenstands wird auf 586,30 EUR festgesetzt.
Gründe
Das - zulässige - Rechtsmittel hat in der Sache keinen Erfolg.
Die Rechtspflegerin des AG - Familiengericht - Rockenhausen hat zu Recht davon abgesehen, die - hier unstreitig entstandene - Geschäftsgebühr der Nr. 2300 RVG VV gem. Teil 3 Vorbemerkung 3 Abs. 4 RVG VV zur Hälfte auf die Verfahrensgebühr i.S.v. Nr. 3100 RVG VV anzurechnen.
Der am 5.8.2009 in Kraft getretene § 15a RVG beinhaltet keine Gesetzesänderung i.S.d. § 60 Abs. 1 RVG sondern enthält lediglich eine Klarstellung des Gesetzgebers zu den bisherigen Anrechnungsregeln (§ 118 Abs. 2 BRAGO und Teil 3 Vorbemerkung 3 Abs. 4 RVG VV), so dass § 15a RVG auch auf noch nicht abschließend entschiedene "Altfälle" anzuwenden ist (im Anschluss an BGH Beschluss vom 2.9.2009 Az. II ZB 35/07 Rpfleger 2009, 646 ff.; so auch OLG Stuttgart Rpfleger 2009, 647).
Diese Auslegung erschließt sich ohne weiteres aus der Entstehungsgeschichte der Bestimmung des § 15a RVG.
Der VIII. Zivilsenat des BGH hat mit Beschluss vom 22.1.2008 (Rpfleger 2008, 332) entschieden, dass die Geschäftsgebühr zwingend auf die Verfahrensgebühr angerechnet werden muss. Diese Entscheidung stand in Widerspruch zu bisherigen höchstrichterlichen Entscheidungen wie auch der gesamten Kommentarliteratur, die darauf abstellte, dass die - alten wie neuen - Anrechnungsregeln der BRAGO und auch des RVG grundsätzlich nur das Innenverhältnis zwischen Anwalt und Mandant betreffen.
In der Literatur wurde daher der Ruf nach dem Gesetzgeber laut, eine fast 50-jährige einhellige Rechtstradition durch einen gesetzgeberischen Akt klarzustellen (s. hierzu Gerold/Schmidt RVG 18. Aufl. Rz. 217 zu VV 3100; vgl. auch Schons in AnwBl. 2008, 356 f.).
Diesem Ruf ist der Gesetzgeber durch die Schaffung des § 15a RVG gefolgt.
Mit dieser Bestimmung wurde somit lediglich eine bestehende Gesetzeslage klargestellt.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO, die Festsetzung des Beschwerdewertes auf § 3 ZPO.
Fundstellen
Haufe-Index 2336610 |
RVGreport 2010, 266 |