Leitsatz (amtlich)
Wirksame anderweitige Regelung im Sinne des § 620f ZPO ist in Unterhaltssachen ein in der Hauptsache ergehendes Urteil bereits dann, wenn es nur vorläufig vollstreckbar ist, auch wenn die Vollstreckung von einer Sicherheitsleistung abhängt oder durch eine solche abgewendet werden kann (im Anschluss an OLG Hamm FamRZ 1984, 718; gegen BGH FamRZ 2000, 750).
Tenor
1. Der Antrag des Beklagten vom 4. Juli 2000, den Beschluss (Einstweilige Anordnung) des Amtsgerichts - Familiengericht - Ludwigshafen am Rhein vom 26. Mai 2000 aufzuheben, wird zurückgewiesen.
2. Der Streitwert für das einstweilige Anordnungsverfahren wird auf 10980 DM festgesetzt.
Gründe
Die Klägerin nimmt den Beklagten auf Trennungsunterhalt in Anspruch. Das Amtsgericht - Familiengericht - Ludwigshafen am Rhein hat den Beklagten am 26. Mai 2000 unter Klageabweisung im Übrigen verurteilt, ab Mai 2000 einen laufenden Unterhalt von monatlich 2000 DM sowie Rückstände für die vorangegangene Zeit zu bezahlen. Durch einstweilige Anordnung vom selben Tag hat das Familiengericht den Beklagten - entsprechend dem insoweit eingeschränkten Antrag der Klägerin - zur Zahlung eines monatlichen Unterhaltes von 1830 DM ab Mai 2000 verpflichtet, falls nicht die Vollstreckung aufgrund des o. a. Urteils erfolge.
Der Beklagte hat gegen das Urteil Berufung eingelegt und den Antrag angekündigt, die Klage insgesamt abzuweisen. Er beantragt zudem die Aufhebung der einstweiligen Anordnung, weil ausweislich der von ihm abgegebenen Berufungsbegründung Unterhalt nicht geschuldet sei. Der Beklagte hat von der ihm eingeräumten Befugnis Gebrauch gemacht, die Vollstreckung aus dem Urteil durch Sicherheitsleistung in Höhe von 37 TDM abzuwenden; die Klägerin ist nach eigenen Angaben nicht in der Lage, eine Sicherheit in dieser Höhe aufzubringen.
Der Aufhebungsantrag ist statthaft (§§ 644, 620b ZPO); nach Einlegung der Berufung ist der Senat insoweit zur Entscheidung zuständig (§§ 620b Abs. 3, 620a Abs. 4 ZPO). Der Antrag führt aber nicht zu dem erstrebten Erfolg, sondern geht ins Leere, weil die vom Familiengericht erlassene einstweilige Anordnung wegen des gleichzeitig verkündeten Urteils gemäß § 620f Abs. 1 Satz 1 ZPO unmittelbar wirkungslos geworden bzw. überhaupt nicht in Kraft getreten ist; dass das Urteil nach Einlegung der Berufung weiterhin nur vorläufig vollstreckbar ist und der Beklagte diese Vollstreckung durch Sicherheitsleistung abwenden kann, steht nach Auffassung des Senats nicht entgegen. Für die Feststellung der eingetretenen Wirkungslosigkeit ist nicht der Senat zuständig, sondern das Amtsgericht als dasjenige Gericht, das die Anordnung erlassen hat (§ 620f Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 ZPO).
Gemäß § 620f Abs. 1 Satz 1 ZPO tritt die einstweilige Anordnung beim Wirksamwerden einer anderweitigen Regelung außer Kraft. Wann in Unterhaltssachen ergehende Urteile in diesem Sinne wirksam werden, ist in Literatur und obergerichtlicher Rechtsprechung seit langem umstritten:
a) Zum Teil wird angenommen, dass ein nur vorläufig vollstreckbares Urteil in der Hauptsache auch dann eine wirksame anderweitige Regelung darstellt, wenn die Vollstreckung - wie es hier der Fall ist - von einer Sicherheitsleistung abhängt oder durch Sicherheitsleistung abgewendet werden kann (so OLG Hamm, 6. FamS FamRZ 1984, 718 und 11. FamS FamRZ 1999, 29; Dörr, FamRZ 1988, 557).
b) Nach anderer Auffassung kann ein noch nicht rechtskräftiges Urteil nur dann eine wirksame anderweitige Regelung in diesem Sinne darstellen, wenn die vorläufige Vollstreckbarkeit ohne Einschränkungen angeordnet wird, also weder eine Sicherheitsleistung gefordert noch eine Abwendungsbefugnis eingeräumt ist (so OLG Hamm - 2. FamS - FamRZ 1980, 708; OLG Frankfurt am Main FamRZ 1982, 410; Baumbach, ZPO 58. Aufl. § 620f Rn. 4; Johannsen/Henrich, Eherecht 3. Aufl. § 620f Rn. 7; Schwab, Handbuch des Scheidungsrechts 3. Aufl. Rn. I, 973).
c) Nach einer weiteren, vermittelnden Ansicht soll die einstweilige Anordnung durch ein nur bedingt vorläufig vollstreckbares Urteil außer Kraft gesetzt werden, soweit es einen geringeren Unterhalt als die einstweilige Anordnung oder keinen Unterhalt zuerkennt; wird dagegen ein gleich hoher oder höherer Unterhalt zugesprochen, wird die Anordnung nur dann wirkungslos, wenn das Urteil uneingeschränkt - ohne Sicherheitsleistung oder Abwendungsbefugnis - vorläufig vollstreckbar ist (OLG Karlsruhe FamRZ 1982, 1221; OLG Hamburg FamRZ 1984, 719; OLG Düsseldorf FamRZ 1996, 745; Luthin FamRZ 1996, 1059).
d) Eine weitere Auffassung schließlich lässt die einstweilige Anordnung erst mit Rechtskraft des eine anderweitige Regelung enthaltenden Urteils außer Kraft treten (so Zöller, ZPO 21. Aufl. § 620f Rn. 22; Musielak, ZPO § 620f Rn. 11; MK-ZPO 2. Aufl. § 620f Rn. 16f. ; Stein/Jonas, ZPO 21. Aufl. § 620f Rn. 2a).
Der Bundesgerichtshof hat bereits früher entschieden, dass bei Feststellungsurteilen ebenso wie bei Urteilen, die einen Leistungsantrag abweisen, die vorläufige Vollstreckbarkeit für die Wirksamkeit als...