Leitsatz (amtlich)
1. Ein Umgangsausschluss kann gerechtfertigt sein, wenn konkrete Anhaltspunkte dafür bestehen, dass durch die Gewährung des Umgangs die körperliche und/oder die seelische Unversehrtheit des Obhutselternteils gefährdet wäre, da das Wohl des Kindes ganz entscheidend von der Unversehrtheit dieses Elternteils abhängt.
2. Eine Gefährdung des Kindeswohls kann auch dadurch begründet sein, dass ein Umgang erstmals in einer Justizvollzugsanstalt stattfinden müsste und das Kind dabei mit den massiven Straftaten des den Umgang begehrenden Elternteils zulasten des Obhutselternteils und deren Folgen konfrontiert würde.
3. Wird mit dem Umgangsverfahren lediglich bezweckt, wieder in Kontakt mit der Kindesmutter zu kommen und das Kind zur Erreichung dieses Ziels instrumentalisiert, kann ebenfalls eine Gefährdung des Kindeswohls gegeben sein.
Normenkette
BGB § 1684 Abs. 4 S. 2
Verfahrensgang
AG Germersheim (Aktenzeichen 2 F 225/20 UG) |
Tenor
1. Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Germersheim vom 20. Dezember 2021 wird zurückgewiesen.
2. Der Antragsteller hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.
3. Der Wert des Beschwerdeverfahrens wird auf 4 000 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Der Antragsteller ist Vater der Kinder ... und .... Die Kindeseltern, die beide die deutsche Staatsangehörigkeit besitzen, sind nicht standesamtlich verheiratet. Eine Eheschließung erfolgte nach islamisch-religiöser Art. Dieser Ehe ging eine Zwangsverheiratung der Antragsgegnerin mit dem Bruder des Antragstellers voraus, um dessen Aufenthalt in Deutschland zu ermöglichen. Die zwischen dem Bruder des Antragstellers und der Antragsgegnerin geschlossene Ehe ist geschieden.
Nach den Feststellungen der 1. Schwurgerichtskammer des Landgerichts Karlsruhe im Urteil vom ..., dauerte die Beziehung zwischen den Kindeseltern von 2007 bis Ende des Jahres 2013. Sie war unterbrochen durch zahlreiche vorübergehende Trennungen, erstmals im Jahr 2008, und geprägt von verbalen und tätlichen Übergriffen des Antragstellers gegenüber der Antragsgegnerin. Hieraus rührte eine der in dem vorgenannten Urteil aufgeführten Vorverurteilungen des Antragstellers wegen vorsätzlicher Körperverletzung und Bedrohung zum Nachteil der Antragsgegnerin mit Strafbefehl vom 3. Mai 2012. Am 25. Dezember 2013 entschloss sich die Antragsgegnerin endgültig zu einer Trennung. Hierauf beschimpfte der Antragsteller die Antragsgegnerin und drohte ihr damit, sie auch künftig nicht in Ruhe zu lassen. Die Antragsgegnerin zog sich ins Kinderzimmer zurück und legte sich zu der älteren Tochter auf das Hochbett. Da der Antragsteller einen anderen Mann hinter dem Trennungsbegehren der Antragsgegnerin vermutete, folgte er ihr ins Kinderzimmer und würgte sie nach einem Streitgespräch am Hals. Nachdem die Kinder aufgewacht waren und zu weinen angefangen haben, zog der Antragsteller die Antragsgegnerin an den Haaren aus dem Hochbett und schleifte sie ins Wohnzimmer. Dort versetzte er der Antragsgegnerin einen Kopfstoß oder Faustschlag, setzte sich auf diese und würgte sie mit beiden Händen bis zum Eintritt der Besinnungslosigkeit. Nachdem der Antragsteller von der Antragsgegnerin abgelassen hatte und sich in die Küche begeben hatte, kam die Antragsgegnerin wieder zu Bewusstsein und floh aus der Wohnung. Dort erhielt sie Hilfe von einer Nachbarsfamilie, die die Polizei verständigte. Infolge des Angriffs erlitt die Antragsgegnerin eine Gehirnerschütterung, multiple Gesichts- und Schädelprellungen, ein Monokelhämatom links mit Sehstörungen sowie Würgemale am Hals. Eine stationäre Behandlung der Verletzungen war für 4 Tage erforderlich. Nach der Tat gelange es dem Antragsteller, wieder Kontakt zu der Antragsgegnerin aufzunehmen. Diese ermöglichte dem Antragsteller regelmäßigen Umgang mit den gemeinsamen Töchtern. Am 5. März 2014 begab sich die Antragsgegnerin zur Wohnung des Antragstellers. Sie ging dort in das Bad, nachdem der Antragsteller sie gebeten hatte, für ihn Wasser zu holen. Der Antragsteller folgte der Antragsgegnerin ins Badezimmer und schloss die Tür ab. In Vorbereitung der Tat hatte der Antragsteller bereits ein Küchenmesser mit einer Klingenlänge von 8,7 cm zur Hand genommen. Zudem trug er ein Teppichmesser, eine Rolle Gewebe Klebeband sowie mehrere, etwa 10 cm breite Stoffstreifen bei sich. Unter Vorhalt des Messers gebot der Antragsteller der Antragsgegnerin sich auf den geschlossenen Toilettendeckel zu setzen. Er erklärte ihr, sie solle ruhig sein, da er sie sonst umbringen werde. Mit den Stoffstreifen fesselte der Antragsteller der Antragsgegnerin die Hände auf den Rücken und wickelte ihr, mit dem Teppichmesser zugeschnittene Stücke des Klebebandes mehrfach um Kopf und Mund. Er fixierte den Kopf der Antragsgegnerin, indem er sie bei den Haaren packte und stach ihr mit dem Küchenmesser mehrfach ins Gesicht. Hierbei fügte er der Antragsgegnerin oberhalb des rechten Auges schnittartige Verletzungen zu. Die Antragsgegnerin versucht...