Entscheidungsstichwort (Thema)
Fristwahrung durch „verschwundenes” Fax-Schreiben
Leitsatz (amtlich)
Ist durch den „Statusbericht” des Faxgerätes des Gerichts (Empfangsgerät) der störungsfreie Zugang der übermittelten Daten bewiesen, kann nach Lage des Einzelfalles auf den ordnungsgemäßen Ausdruck der Rechtsmittelschrift geschlossen werden. Zweifel an ihrer Formgültigkeit gehen in diesem Fall nicht zu Lasten des Beschwerdeführers.
Normenkette
FGG § 21 Abs. 1
Verfahrensgang
LG Koblenz (Aktenzeichen 2 T 320/01) |
AG Koblenz (Aktenzeichen 14 UR II 23/00) |
Tenor
1. Der angefochtene Beschluss wird aufgehoben. Das Verfahren wird zur erneuten Sachbehandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an das LG Koblenz zurückverwiesen.
2. Der Gegenstandswert des Verfahrens der sofortigen weiteren Beschwerde wird auf 1.658,10 DM festgesetzt.
Gründe
Das Rechtsmittel ist statthaft und auch sonst in verfahrensrechtlicher Hinsicht nicht zu beanstanden (§§ 43 Abs. 1, 45 Abs. 1 WEG, 22 Abs. 1, 27 Abs. 1, 29 Abs. 1 und 4 FGG). Es hat auch in der Sache Erfolg. Denn die angefochtene Entscheidung des LG kann keinen Bestand haben, weil sie auf einer Verletzung des Gesetzes beruht (§§ 43 Abs. 1 WEG, 27 Abs. 1 FGG, 550 ZPO).
Das LG hat die sofortige Beschwerde der Beteiligten zu 1) und 2) vom 20.3.2001 gegen den – ihren Verfahrensbevollmächtigten am 6.3.2001 zugestellten – Beschluss des AG Koblenz vom 27.2.2001 zu Unrecht als unzulässig verworfen. Dieses Rechtsmittel ist am 20.3.2001 und damit am letzten Tag der Beschwerdefrist mit Fax-Schreiben beim zuständigen (§§ 45 Abs. 1, 43 Abs. 1 WEG, 21 Abs. 1 FGG) AG eingegangen.
Zwar befindet sich lediglich das zweiseitige, den formellen Anforderungen der §§ 21 Abs. 2, 29 Abs. 1 und 4 FGG entsprechende Original der Beschwerdeschrift vom 20.3.2001, eingegangen nach Fristablauf am 21.3.2001, bei den Akten. Der Senat ist aber davon überzeugt (vgl. Bassenge/Herbst, FGG/RPflG, 8. Aufl., §§ 22, 25 Rz. 4 FGG; s. auch OLG Köln MDR 1976, 497), dass die Rechtsmittelschrift am Tag zuvor (und damit rechtzeitig) dem AG mittels Fax-Schreibens übermittelt worden ist. Die Verfahrensbevollmächtigten der Beteiligten zu 1) und 2) haben durch Vorlage der „Faxchronik” ihres Faxgerätes vom 20.3.2001 nachgewiesen, dass um 16.39 Uhr ein zweiseitiges Telefax an das AG gesendet worden ist; die angegebene Faxnummer des Empfangsgerätes trifft zu (Bl. 93 d.A.). Die „Faxchronik” vermerkt als Ergebnis „OK”. Der „Statusbericht” des AG Koblenz vom 21.3.2001 vermerkt unter dem Datum des 20.3.2001 um 16.40 Uhr ein eingegangenes zweiseitiges Fax-Schreiben (Übertragungsdauer 35 Sekunden). Als „Gegenstelle” ist die Fax-Nummer der Verfahrensbevollmächtigten der Beteiligten zu 1) und 2) angegeben; der „Statusbericht” vermerkt als Ergebnis „OK”.
Anders als in bisher entschiedenen Fällen ist im gegebenen Fall nicht nur durch den Sendebericht die Herstellung einer Verbindung zwischen Absendegerät und Empfangsgerät, sondern durch den Statusbericht auch der störungsfreie Zugang der übermittelten Daten belegt. Da die Nachforschungen des LG keine Anhaltspunkte für eine technische Störung des Empfangsgerätes, auf dem an demselben Tag noch eine Reihe weiterer Fax--Schreiben eingegangen sind, ergeben haben, hält der Senat auch den ordnungsgemäßen Ausdruck der Sendung für bewiesen. Hierauf kommt es für den Eingang bei Gericht an (vgl. BGH v. 7.12.1994 – VIII ZR 153/93, MDR 1995, 952 = NJW 1995, 665 [667]; Keidel/Kahl, FGG, 14. Aufl., § 11 Rz. 30; Zöller/Greger, ZPO, vor § 230 Rz. 2, vor § 284 Rz. 31). Der Senat ist ferner davon überzeugt, dass durch die Faxverbindung gerade die in diesem Verfahren eingereichte Beschwerdeschrift vom 20.3.2001 übermittelt worden ist. Dies hat die verantwortliche Anwaltsgehilfin auf der „Faxchronik” vermerkt; hierfür spricht auch der mit der Rechtsmittelschrift identische Umfang der Sendung. Das Original des Schriftsatzes trägt zudem den Vermerk „vorab per Fax” (es folgt die Fax-Nummer des AG). Dafür, dass es sich um ein zu einem anderen Verfahren gehörendes Fax gehandelt haben könnte, haben sich keine Anhaltspunkte ergeben; diese denktheoretische Möglichkeit muss daher hier außer Betracht bleiben.
Bei dieser Sachlage kann nicht – worauf das LG, dem allerdings nur die „Faxchronik” vorlag, abgestellt hat – bezweifelt werden, „dass auch tatsächlich eine unterzeichnete Beschwerdeschrift an das AG übermittelt wurde”. Abgesehen davon, dass eine Absendung des Faxes vor Unterzeichnung – des Originals (vgl. BGH v. 28.9.1989 – VII ZB 9/89, MDR 1990, 234 = NJW 1990, 187 [188]) – nicht nahe liegt, entspricht es allgemeiner, auch vom Senat geteilter Auffassung der Rechtsprechung, dass Störungen in der Sphäre des Gerichts nicht auf den Bürger abgewälzt werden dürfen (v. 23.6.1988 – X ZB 3/87, MDR 1988, 961, BGHZ 105, 40 [44 f.] = MDR 1988, 961; v. 19.4.1994 – VI ZB 3/94, MDR 1995, 310 = NJW 1994, 1881; v. 7.12.1994 – VIII ZR 153/93, MDR 1995, 952 = NJW 1995, 665 [667]; OLG Köln MDR 1976, 497 [498]). Ist ...