Leitsatz (amtlich)
Die Verhinderung des Pflichtverteidigers an fast allen bei dem hinzugezogenen forensisch-psychiatrischen Sachverständigen für die Durchführung der Hauptverhandlung zur Verfügung stehenden Terminen kann in einer Haftsache auch gegen den Willen des Angeklagten die Entpflichtung des Rechtsanwaltes gem. § 143a Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 StPO rechtfertigen, wenn die Terminskollision nicht aufgelöst werden kann und eine Verlegung der Hauptverhandlung zu einer erheblichen Verfahrensverzögerung führen würde.
Verfahrensgang
LG Frankenthal (Pfalz) (Entscheidung vom 07.05.2021; Aktenzeichen 3 KLs 5141 Js 43691/20) |
Tenor
Die sofortige Beschwerde des Angeklagten gegen den Beschluss des Vorsitzenden der 3. Strafkammer des Landgerichts Frankenthal (Pfalz) vom 7. Mai 2021 wird kostenfällig als unbegründet verworfen.
Gründe
I.
Durch Anklageschrift der Staatsanwaltschaft Frankenthal (Pfalz) vom 20. April 2021 wird dem Angeklagten zur Last gelegt, in zwei Fällen eine andere Person mittels einer das Leben gefährdenden Behandlung körperlich misshandelt und an der Gesundheit geschädigt, ein Wirbeltier ohne vernünftigen Grund getötet sowie eine andere Person körperlich misshandelt und an der Gesundheit geschädigt zu haben. Im wesentlichen Ergebnis der Ermittlungen wird darauf hingewiesen, dass die Voraussetzungen für die Unterbringung des Angeklagten in der Sicherungsverwahrung vorliegen.
Bereits am 19. Januar 2021 hatte die Staatsanwaltschaft Frankenthal (Pfalz) beantragt, gegen den Angeklagten die Untersuchungshaft anzuordnen. Durch das Amtsgericht Frankenthal (Pfalz) wurde am 21. Januar 2021 Haftbefehl (Bl. 156 ff. d.A.) erlassen. Am 28. Januar 2021 wurde der Angeklagte aufgrund des Haftbefehls vorläufig festgenommen. Im Rahmen der Haftbefehlseröffnung am gleichen Tag wurde Rechtsanwältin M. durch das Amtsgericht Frankenthal (Pfalz) dem Angeklagten zur Pflichtverteidigerin bestellt (Bl. 172 d.A.). Der Haftbefehl wurde in Vollzug gesetzt.
Mit Verfügung vom 1. Februar 2021 (Bl. 194 d.A.) hat die Staatsanwaltschaft der Verteidigerin Akteneinsicht gewährt und diese um Stellungnahme gebeten, ob Bedenken gegen eine Beauftragung des Sachverständigen Dr. W. mit der Erstellung eines psychiatrischen Sachverständigengutachtens bestehen.
Nachdem die Verteidigerin ausweislich des Vermerks (Bl. 216 d.A.) telefonisch mitgeteilt hatte, derzeit keine Stellungnahme zur Auswahl des Sachverständigen abgeben zu können, wurden die Akten an Dr. W. mit der Bitte um psychiatrische Begutachtung des Angeklagten zur Frage des Vorliegens der Voraussetzungen der §§ 20, 21 StGB zur Tatzeit sowie zum Vorliegen der §§ 63, 64 und 66 StGB (Hang und Gefährlichkeit) übersandt.
Am 18. Februar 2021 teilte die Verteidigerin mit, dass ihr Mandant zu einer Exploration zur Verfügung stehe.
Am 20. April 2021 wurde durch die Staatsanwaltschaft Frankenthal (Pfalz) die vorgenannte Anklage zur 3. Strafkammer des Landgerichts Frankenthal (Pfalz) erhoben. Nach dem Eingang der Akten am 22. April 2021 fragte der Vorsitzende der 3. Strafkammer ausweislich des Vermerks Bl. 425 d.A. noch am selben Tag telefonisch bei dem Sachverständigen - vorbehaltlich der Eröffnung des Hauptverfahrens - freie Termine für die Durchführung der Hauptverhandlung an. In dem am selben Tag durch den Vorsitzenden gefertigten Vermerk werden die freien Termine des Sachverständigen, vier Termine im Juni und acht Termine im Juli, und überdies festgehalten, dass der Sachverständige durch anderweitige Gerichtstermine (ganz überwiegend ebenfalls in Haftsachen) stark terminlich eingebunden sei und die genannten Termine nicht auf unbestimmte Zeit freigehalten werden könnten, da Anfragen nach Hauptverhandlungsterminen anderer Gerichte für den Sommer 2021 (insbesondere Juni und Juli) zu erwarten seien.
Am selben Tag wurden diese Termine ausweislich des vorgenannten Vermerks der Pflichtverteidigerin mitgeteilt. Telefonisch teilte die Verteidigerin am Folgetag mit, dass die vorgeschlagenen Termine mit den bereits bestehenden Terminen der Kanzlei nicht vereinbar seien. Für den Zeitraum von Juni bis August wurden von den vorgeschlagenen Terminen - bis auf zwei übereinstimmende Termine - abweichende Termine mitgeteilt, zwei Termine im Juni, vier Termine im Juli und einen Termin im August. Der Vorsitzende bemühte sich daraufhin in Telefonaten mit dem Sachverständigen und der Verteidigerin erfolglos, die genannten Termine in Einklang zu bringen. Dabei wies er auch auf die Möglichkeit der Verschiebung etwaiger anderer Termine hin und gab zu erkennen, dass die Kammer sämtliche Termine im Juni und Juli ermöglichen könne, da der Beschleunigungsgrundsatz eine Durchführung der Hauptverhandlung im Juni und Juli gebiete.
Vorbehaltlich der Eröffnung des Hauptverfahrens wurden sodann sieben Hauptverhandlungstermine im Juni und Juli durch den Vorsitzenden vorsorglich festgelegt.
Mit am 29. April 2021 verfügten Schreiben teilte der Vorsitzende der Verteidigerin die vorsorglich festgelegten Hauptverhandlungstermine mit. U.a. weist ...