Leitsatz (amtlich)
Zur Frage der "Legitimation" einer im Wettbewerbsprozess als unlauter beanstandeten geschäftlichen Handlung (hier: Sonntagsöffnung einer Verkaufsstelle in einem Fashion Outlet Center) im Falle der Konformität des Verhaltens mit einer gesetzlichen Erlaubnis durch (möglicherweise gegen höherrangiges innerstaatliches Recht verstoßende) Rechtsverordnung der Landesregierung.
Normenkette
LÖG RP § 3 S. 1 Nr. 1, § 7 Abs. 2; UWG §§ 3, 3a
Verfahrensgang
LG Zweibrücken (Urteil vom 15.10.2021; Aktenzeichen HK O 46/20) |
Nachgehend
Tenor
1. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Vorsitzenden der Kammer für Handelssachen des Landgerichts Zweibrücken vom 15. Oktober 2021 wird zurückgewiesen.
2. Die Klägerin hat die Kosten des Berufungsverfahrens sowie die der Streithelferin darin entstandenen Kosten zu tragen.
3. Das Urteil ist ebenso wie das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.
Die Klägerin darf die Zwangsvollstreckung der Beklagten und der Streithelferin jeweils gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 v.H. der vollstreckbaren Beträge abwenden, wenn nicht die Gläubigerinnen Sicherheit in Höhe von 120 v.H. des jeweils zur Vollstreckung gelangenden Betrages leisten.
4. Die Revision wird zugelassen.
Gründe
I. Die Parteien streiten im Wettbewerbsprozess nach dem Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) über die rechtliche Zulässigkeit der von der Landesregierung Rheinland-Pfalz mittels Durchführungsverordnung vom 13. März 2007 (GVBl. 2007, 65) zu § 7 Abs. 2 des Ladenöffnungsgesetzes (LadöffnG) Rheinland-Pfalz vom 21. November 2006 (GVBl. 2006, 351) erlaubten Sonntagsöffnungen von Verkaufsstellen in dem Zweibrücken Fashion Outlet Center (fortan: ZFO) im zeitlichen Zusammenhang mit den jährlichen Oster-, Sommer- und Herbstferien in Rheinland-Pfalz.
Die Klägerin, deren wirtschaftlicher Inhaber zugleich Präsident des Handelsverbands Textil Schuhe Lederwaren ist, betreibt als mittelständisches Unternehmen an Standorten in der Pfalz und in Baden Ladengeschäfte und verkauft dort unter anderem Damenmodeartikel.
Die Beklagte ist ein Damenoberbekleidungsunternehmen, das seine Produkte in eigenen Filialen vertreibt, u.a auch in dem ZFO. Ihr dortiges Ladenlokal hat die Beklagte von ihrer Streithelferin, der Betreiberin des ZFO, seit dem Jahr 2018 angemietet; nach den Bestimmungen des Mietvertrages ist die Beklagte ihrer Vermieterin gegenüber zur Öffnung des Geschäfts an den in Rede stehenden Feriensonntagen verpflichtet.
Die Klägerin nimmt den Rechtsstandpunkt ein, dass die Ladenöffnungen der Beklagten in dem ZFO an den streitgegenständlichen Feriensonntagen eine unlautere geschäftliche Handlung im Sinne des UWG darstellten. Die Beklagte verstoße damit gegen das in § 3 LadöffnG Rheinland-Pfalz normierte grundsätzliche Verbot der Öffnung von Verkaufsstellen an Sonntagen und verschaffe sich dadurch gegenüber ihren Mitbewerbern, zu denen sich die Klägerin zählt, einen unlauteren Wettbewerbsvorteil im Sinne von § 3a UWG ("Vorsprung durch Rechtsbruch"). Der Rechtsverstoß der Beklagten werde nicht dadurch ausgeräumt, dass die Feriensonntagsöffnungen in dem ZFO durch die vorbezeichnete Rechtsverordnung der rheinland-pfälzischen Landesregierung erlaubt sind.
Hierzu argumentiert die Klägerin wie folgt:
Die auf Grundlage der Ermächtigung in § 7 Abs. 2 LadöffnG Rheinland-Pfalz erlassene Rechtsverordnung der Landesregierung vom 13. März 2007, nach deren Maßgabe eine Öffnung von Verkaufsstellen im näheren Einzugsgebiet des Flughafens Zweibrücken (konkret: in dem ZFO) an Feriensonntagen erlaubt ist, sei nicht - oder jedenfalls nicht mehr - geeignet, das Verhalten der Beklagten zu rechtfertigen. Denn die genannte Regierungsverordnung sei aus von der Klägerin im Einzelnen ausgeführten unterschiedlichen Gründen rechtswidrig und damit ungültig. Das müssten auch die in dem Wettbewerbsrechtsstreit gegen die Beklagte zur Entscheidung berufenen Zivilgerichte beachten.
Die Beklagte bestreitet das Vorliegen der Mitbewerbereigenschaft der Klägerin und damit deren Klagebefugnis nach § 8 Abs. 3 UWG. Im Übrigen berufen sich die Beklagte und ihre Streithelferin auf die von ihnen als rechtsgültig erachtete Durchführungsverordnung zu § 7 Abs. 2 LadöffnG Rheinland-Pfalz.
Der Vorsitzende der Kammer für Handelssachen des Landgerichts Zweibrücken hat mit dem angefochtenen Urteil vom 15. Oktober 2021, auf das zur weiteren Darstellung des Sach- und Streitstands im ersten Rechtszug Bezug genommen wird (§ 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO), die Klage mit der Begründung abgewiesen, dass sich die Beklagte gesetzeskonform verhalte und ihr deshalb nicht der Vorwurf unlauteren Wettbewerbs gemacht werden könne. Die Sonntagsöffnungen in dem ZFO in den Ferienzeiten würden unbeschadet der seit dem Jahr 2014 eingetretenen tatsächlichen Entwicklung an dem Flugplatz Zweibrücken (Einstellung des Verkehrsflugbetriebes und Abstufung zu einem Sonderlandeplatz) offensichtlich auch von der Land...