Leitsatz (amtlich)

1. Ansprüche des Vermieters unbeweglicher Gegenstände stellen in der Zeit nach Insolvenzeröffnung Masseverbindlichkeiten dar. Mietschulden vor Anzeige der Masseunzulänglichkeit sind Altmasseschulden. Mietschulden danach sind Neumasseschulden mit Tilgungsvorrang, wenn ihre Entstehung dem Insolvenzverwalter zugerechnet werden kann, weil er von dem ihm zustehenden Kündigungsrecht nicht zum frühestmöglichen Zeitpunkt Gebrauch gemacht hat oder die Mietsache nutzt, obwohl er dies pflichtgemäß hätte verhindern können. Verbindlichkeiten, deren Entstehen der Verwalter nicht ausweichen kann, sind Altmasseverbindlichkeiten. Weist der Insolvenzverwalter nach, dass die Masse auch zur Begleichung der Neumasseverbindlichkeiten nicht ausreicht, werden sie wie Altmasseschulden behandelt.

2. Ein Grundstückseigentümer hat keinen Anspruch auf Ersatz der Wiederherstellungskosten bei Beschädigung eines Grundstücksbestandteils (hier eingebaute Verkaufstheke), sondern nur der Wertminderung des Grundstücks.

 

Normenkette

BGB §§ 93-94; InsO § 108 Abs. 1 Nr. 2, § 209 Abs. 1 Nrn. 2-3, Abs. 2 Nr. 3, § 210

 

Verfahrensgang

LG Zweibrücken (Urteil vom 25.08.2017; Aktenzeichen 1 O 102/14)

 

Tenor

1. Auf die Berufungen der Parteien wird das Urteil der Einzelrichterin der 1. Zivilkammer des Landgerichts Zweibrücken vom 25.08.2017, Az. 1 O 102/14, teilweise geändert und zur Klarstellung insgesamt wie folgt neu gefasst:

1.1. Es wird festgestellt, dass der Rechtsstreit in der Hauptsache erledigt ist, soweit die Klägerin beantragt hat, den Beklagten zu verurteilen, aus der Insolvenzmasse der Firma ... GmbH, Zweibrücken, an die Klägerin 3.986,50 EUR (Junimiete 2014) nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 05.06.2014 zu zahlen.

1.2. Es wird festgestellt, dass der Rechtsstreit in der Hauptsache erledigt ist, soweit die Klägerin beantragt hat, den Beklagten zu verurteilen, der Klägerin Auskunft zu erteilen über die dem Vermieterpfandrecht unterliegenden, von der Gemeinschuldnerin, der Firma ..., in die Mieträume eingebrachten Sachen in Form eines Verzeichnisses mit Aufführung der einzelnen Gegenstände und unter Angabe von deren Beschaffenheit, Anschaffungs- bzw. Baujahr und ihres Zustandes.

1.3. Es wird festgestellt, dass der Rechtsstreit in der Hauptsache erledigt ist, soweit die Klägerin beantragt hat, den Beklagten zu verurteilen, Rechnung zu legen über die aus der Veräußerung oder Versteigerung der dem Vermieterpfandrecht unterliegenden Sachen erzielten Erlöse.

1.4. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

2. Die weitergehende Berufung der Klägerin wird zurückgewiesen.

3. Die Kosten des ersten Rechtszuges hat die Klägerin zu 70 % und der Beklagte zu 30 % zu tragen. Von den Kosten des Berufungsverfahrens hat die Klägerin 85 % und der Beklagte 15 % zu tragen.

4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Klägerin wird nachgelassen, die Vollstreckung des Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages abzuwenden, wenn nicht der Beklagte zuvor Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages leistet. Dem Beklagten wird nachgelassen, die Vollstreckung der Klägerin durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages abzuwenden, wenn nicht die Klägerin zuvor Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages leistet.

5. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I. Die Klägerin vermietete Räumlichkeiten in dem Anwesen ... (Nordhalle, Büro und Lackiererei) zur gewerblichen Nutzung an die ... GmbH (im Folgenden: Schuldnerin) zum Betrieb einer Bauunternehmung. Am 30.01.2014 (vgl. Beschluss des Amtsgerichts - Insolvenzgerichts - Zweibrücken Bl. 5 d.A.) wurde der Beklagte zum vorläufigen Insolvenzverwalter in dem Insolvenzeröffnungsverfahren über das Vermögen der Schuldnerin bestellt und beauftragt, zu prüfen, ob ein Eröffnungsgrund vorliege und ob das Vermögen zur Deckung der Kosten des Insolvenzverfahrens ausreiche sowie weiter zu prüfen, welche Aussichten für eine Fortführung des Unternehmens bestünden. Verfügungen der Schuldnerin sollten nur mit Zustimmung des Beklagten wirksam sein.

Durch Beschluss vom 28.02.2014 (Bl. 117 ff d.A.) wurde auf der Grundlage des Gutachtens des Beklagten vom 27.02.2014 wegen Überschuldung und Zahlungsunfähigkeit das Insolvenzverfahren eröffnet und der Beklagte zum Insolvenzverwalter bestellt.

Mit Schreiben vom 12.03.2014 (Bl. 57 f d.A.) kündigte der Beklagte die beiden Mietverträge mit der Klägerin zum nächstmöglichen Zeitpunkt mit Wirkung zum 30.06.2014. Am 16.04.2014 zeigte er die Masseunzulänglichkeit an (Bl. 54 d.A.). Die Anzeige wurde kurz darauf veröffentlicht.

Die Mieten zuzüglich Nebenkosten, die sich für beide Vertragsverhältnisse auf monatlich insgesamt 3.986,50 EUR beliefen, waren für die Zeit von Januar 2014 bis Ende Juni 2014 nicht beglichen.

Die Klägerin hat zunächst einen Betrag von 6.783,00 EUR nebst Zinsen und vorgerichtliche Anwaltskosten eingeklagt (Bl. 2 d.A.) mit der Begründung, die ...

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