Leitsatz (amtlich)

Zur Frage, ob allein die Zustellung eines die Forderung des Versicherungsnehmers aus der Kapitallebensversicherung sowie die Nebenrechte auf Kündigung und Bestimmung des Bezugsberechtigten (vgl. § 13 Abs. 1 AVB) erfassenden Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses eine Änderung des widerruflichen Bezugsrechts eines Dritten bewirkt.

 

Verfahrensgang

LG Frankenthal (Pfalz) (Urteil vom 17.09.2009; Aktenzeichen 3 O 469/08)

 

Tenor

I. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Einzelrichters der 3. Zivilkammer des LG Frankenthal (Pfalz) vom 17.9.2009 wird zurückgewiesen.

II. Auf die Anschlussberufung der Klägerin wird dieses Urteil wie folgt geändert:

Die Beklagte wird verurteilt, an S.,...,... und A. S.,...,... je 77.309,05 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 21.10.2009 zu zahlen.

Die weitergehende Klage wird abgewiesen.

III. Die weitergehende Anschlussberufung wird zurückgewiesen.

IV. Von den Kosten des Rechtsstreits in erster und zweiter Instanz werden der Klägerin 11 % und der Beklagten 89 % auferlegt.

Die Kosten der Streithelferin hat die Klägerin zu 11 % zu tragen; im Übrigen trägt die Streihelferin ihre Kosten selbst.

V. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Zwangsvollstreckung der Klägerin durch eine Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht zuvor die Klägerin Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

VI. Die Revision wird zugelassen.

 

Gründe

I. Die Klägerin begehrt die Auszahlung einer Kapitallebensversicherung i.H.v. 154.618,10 EUR (nebst Zinsen) an ihre Kinder C. und A. S.

1982 nahm der Ehemann der Klägerin P. S. bei der Beklagten eine Kapitallebensversicherung mit einer Laufzeit bis 1.1.2008. 1999 setzte er die gemeinsamen Kinder A. und C. S. zu gleichen Teilen als Bezugsberechtigte ein. Das zunächst unwiderrufliche Bezugsrecht änderte der Versicherungsnehmer 2004 mit Zustimmung der (inzwischen volljährigen) Kinder A. und C. in ein widerrufliches Bezugsrecht.

Die Streithelferin erwirkte am 29.11.2007 wegen einer Hauptforderung von 179.000 EUR gemäß ihrem hauseigenen Antragsvordruck einen - am 10.12.2007 zugestellten - Pfändungs- und Überweisungsbeschluss, nach dem der Anspruch des Versicherungsnehmers P. S. aus der Lebensversicherung gepfändet und die gepfändeten Beträge auf ein angegebenes Konto überwiesen werden sollen. In einer Anlage zum Antrag auf Erlass des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses wegen "Pfändung einer Lebensversicherung", die dem Pfändungs- und Überweisungsbeschluss vom 22.11.2007 auch beigefügt ist, heißt es weiter:

"Gepfändet sind, solange bis der Gläubigeranspruch gedeckt ist, die Ansprüche und Forderungen des Schuldners gegen die Drittschuldnerin

  • auf Auszahlung der Versicherungssumme.
  • auf Widerruf der Bezugsberechtigung oder zur Benennung eines anderen Bezugsberechtigten anstelle der bisherigen Bezugsberechtigten,
  • auf Kündigung des oder der Versicherungsverträge, -..."

Am 11.12.2007 gab die Beklagte ggü. der Streithelferin eine Drittschuldnererklärung ab. Das Bezugsrecht der Kinder des Versicherungsnehmers erwähnte sie nicht.

Mit Schreiben vom 17.12.2007 focht der Versicherungsnehmer die 2004 erfolgte Umwandlung des unwiderruflichen Bezugsrechts an. Gleichzeitig verlangte er die Auszahlung der Kapitallebensversicherung an die Klägerin, der er - was streitig ist - im Sommer 2007 in einem ihm vom Versicherungsvertreter der Beklagten S. übergebenen Formular "das Bezugsrecht abgetreten" haben soll. Nachdem die Streithelferin mit Schreiben vom 10.1.2008 von der Beklagten gleichfalls die Auszahlung der Kapitalversicherung begehrte, stellte die Beklagte in ihrem Schreiben vom 14.1.2008 zunächst die Hinterlegung des Betrages in Aussicht. Im April 2008 zahlte sie die Summe an die Streithelferin aus.

Die Klägerin, die von den Kindern C. und A. zur Geltendmachung der Ansprüche auf Auszahlung der Kapitallebensversicherung an sie, die Kinder, ermächtigt worden ist, hat vorgetragen, die Ansprüche der Bezugsberechtigten auf Auszahlung bestünden trotz der Auszahlung der Summe an die Streithelferin fort. Sie hat zuletzt beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an C. S. und A. S. 154.618,10 EUR nebst Zinsen daraus i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 1.1.2008 zu zahlen, hilfsweise, die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 154.618,10 EUR nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 1.1.2008 zu zahlen.

Die Beklagte, die der Ansicht ist, sie habe leistungsbefreiend an die Streithelferin gezahlt, hat Klageabweisung beantragt. Dem hat sich ihre Streithelferin angeschlossen.

Der Einzelrichter der 3. Zivilkammer des LG Frankenthal (Pfalz) hat durch Urteil vom 17.9.2009 dahin erkannt, dass die Beklagte an C. und A. S. 154.618,10 EUR Zug um Zug gegen Einreichung des Versicherungsscheins für die Lebensversicherung zu zahlen hat. Die weitergehende Klage hat er abgewiesen. In den Entscheidungsgründen hat er ausgeführt, C. und A. S. seien zum Zeitpunkt des Ein...

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