Entscheidungsstichwort (Thema)
Prozesszinsen für Zugewinn; Widerruf einer Prozessaufrechnung
Leitsatz (amtlich)
Der Anspruch auf Zugewinnausgleich entsteht erst mit Beendigung des Güterstandes, bei Anfechtung einer durch Verbundurteil entschiedenen Scheidungsfolgesache erst mit rechtskräftigem Abschluss des Rechtsmittels in der Scheidungssache (hier: durch Berufungsrücknahme).
Werden sodann Prozesszinsen gesondert mit nachfolgender Klage geltend gemacht, sind die Voraussetzungen des § 291 BGB jedenfalls dann zu bejahen, wenn Fälligkeit und Ende der Rechtshängigkeit zeitgleich eintreten (Abgrenzung zu BVerwG 58, 49, 51).
Der Widerruf einer Prozessaufrechnung durch die beklagte Partei führt nur dann zur materiell-rechtlichen Unwirksamkeit der Aufrechnung als Prozesshandlung, wenn er (auch) ggü. dem Gericht erklärt wird.
Verfahrensgang
AG Neustadt an der Weinstraße (Urteil vom 23.04.2003; Aktenzeichen 1 F 352/01) |
Tenor
I. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des AG – FamG – Neustadt a.d. Weinstr. vom 23.4.2003 teilweise geändert und insgesamt neu gefasst:
1. Es wird festgestellt, dass die Gegenforderung der Beklagten (Nutzungsentschädigung für die Zeit vom 24.9.2001 bis 28.2.2003 5.600,08 Euro) auch i.H.v. 2.316,78 Euro (Zinsen aus dem Zugewinnausgleichsbetrag für die Zeit vom 24.8.2001 bis 3.4.2002) erloschen ist.
2. Es wird weiter festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, an den Kläger Zinsen i.H.v. 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz aus 46.016,27 Euro seit dem 20.3.2003 zu zahlen.
3. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
II. Von den Kosten erster Instanz haben der Kläger 3/5 und die Beklagte 2/5 zu tragen; die Kosten des Berufungsverfahrens fallen der Beklagten zur Last.
III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
IV. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien haben am 31.5.1994 geheiratet. Ihre Ehe wurde durch Verbundurteil des AG – FamG – Neustadt an der Weinstraße vom 30.5.2001 geschieden. Das Urteil ist – nachdem die Beklagte ihre zunächst hiergegen eingelegte Berufung zurückgenommen hat – seit dem 23.8.2001 rechtskräftig.
Gleichzeitig ist die Beklagte mit vorgenanntem Urteil zur Zahlung eines Zugewinnausgleichs i.H.v. 90.000 DM (= 46.016,27 Euro) verurteilt worden. Da sie insoweit keine Zahlungen erbracht hat, beansprucht der Kläger Zinsen aus der Zugewinnausgleichsforderung, und zwar zuletzt noch für die Zeit ab 24.8.2001.
Das AG – FamG – hat die Klage abgewiesen, soweit Zinsen für die Zeit vor dem 4.4.2002 geltend gemacht werden. Insoweit liege kein Verzug vor. Für die Zeit vom 4.4.2002 bis 19.3.2003 stünden dem Kläger zwar Zinsen zu. Die sich daraus ergebende Forderung (unstr. 3.245,78 Euro) sei aber durch Aufrechnung mit einem Gegenanspruch der Beklagten auf Zahlung von Nutzungsentschädigung (für die Zeit vom 24.9.2001 bis Ende Februar 2003 i.H.v. monatlich 325 Euro = insgesamt 5.600,08 Euro) erloschen.
Hiergegen wendet sich der Kläger im Wege der Berufung, soweit sein Zinsanspruch für die Zeit ab 24.8.2001 bis zum 4.4.2002 i.H.v. 2.316,78 Euro zurückgewiesen wurde. Er macht geltend, ab Rechtskraft des Scheidungsurteils sei die Zugewinnausgleichsforderung in jedem Fall mit dem gesetzlichen Zinssatz zu verzinsen.
Der Kläger beantragt festzustellen, dass die Gegenforderung der Beklagten (Nutzungsentschädigung für die Zeit vom 24.9.2001 bis 28.2.2003 = 5.600,08 Euro) auch i.H.v. 2.316,78 Euro (Zinsen aus dem Zugewinnausgleichsbetrag für die Zeit vom 24.8.2001 bis 3.4.2002) erloschen ist.
Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Sie verteidigt das erstinstanzliche Urteil und macht zu den Berufungsangriffen geltend, Prozesszinsen hätten nur im Ausgangsverfahren beansprucht werden können. Verzug läge nicht vor. Vorsorglich werde geltend gemacht, dass (auch) der Zinsanspruch für die Zeit bis 3.4.2002 durch ihre Aufrechnung mit dem (restlichen) Gegenanspruch auf Zahlung eines Nutzungsentgelts erloschen sei, da der insoweit noch offen stehende Betrag den mit der Berufung verfolgten Zinsanspruch übersteige.
Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf die angefochtene Entscheidung sowie die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
I. Die Berufung des Klägers ist in verfahrensrechtlicher Hinsicht nicht zu beanstanden.
Insbesondere übersteigt der Wert des Beschwerdegegenstandes den in § 511 Abs. 2 Nr. 1 ZPO vorausgesetzten Wert von 600 Euro. Wird im Fall der Eventualaufrechnung – wie hier – die Klage abgewiesen, weil schon die Klageforderung nicht besteht, ist der Kläger in Höhe der Klageabweisung beschwert (Musielak/Ball, ZPO, 3. Aufl., § 511 Rz. 34; Zöller/Gummer, ZPO. 23. Aufl., Vor § 511 Rz. 26a).
II. Das Rechtsmittel führt auch in der Sache zum Erfolg. Entgegen der Ansicht des FamG steht der geltend gemachte Zinsanspruch dem Kläger auch für die Zeit vom 24.8.2001 bis 3.4.2002 zu. Die (weiter gehende) Forderung ist jedoch gleichfalls durch Aufrechnung der Beklagten mit der – nunmehr unstr. – Gegenforderung auf Nutzungsentschädigung erloschen.
1. Der Zi...