Verfahrensgang
LG Frankenthal (Pfalz) (Urteil vom 05.03.1998; Aktenzeichen 4 O 1708/96) |
Tenor
I. Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil der Einzelrichterin der 4. Zivilkammer des Landgerichts Frankenthal (Pfalz) vom 5. März 1998 wird zurückgewiesen.
II. Der Beklagte hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 75.000,- DM abwenden, falls der Kläger nicht vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet; die Sicherheitsleistungen können auch durch Bankbürgschaften erbracht werden.
IV. Der Wert der Beschwer des Beklagten übersteigt 60.000,- DM.
Tatbestand
Durch einen Schlag des Beklagten mit einem Glas verlor der Kläger ein Auge. Er verlangt deshalb vom Beklagten u.a. Schmerzensgeld.
Am 2. Oktober 1995 saßen die Parteien nebeneinander in der Gaststätte ... in L.. Gegen 2.25 Uhr schlug der Beklagte, der Rechtshänder ist, dem Kläger mit der linken Hand ein Glas ins Gesicht. Eine dem Beklagten um 4.00 Uhr entnommene Blutprobe ergab eine BAK von 2,41 Promille.
Der Kläger erlitt durch den Schlag schwere Schnittverletzungen u.a. am rechten Auge, das deshalb entfernt werden musste. Es ist eine auffällige Narbe zurückgeblieben.
Der Kläger hat vorgetragen:
Er habe aus einem Glas getrunken, das er für sein eigenes gehalten habe, aber wohl das des Beklagten gewesen sei. Kurz danach habe ihm der Beklagte dieses Glas ins Gesicht geschlagen. Die durch die Verletzung hervorgerufene Beeinträchtigung seines (des Klägers) Erscheinungsbildes habe mit dazu beigetragen, dass seine Frau ihn verlassen habe.
Der Kläger hat beantragt,
1. den Beklagten zu verurteilen, an ihn ein angemessenes Schmerzensgeld in Höhe von mindestens 70.000,- DM zu zahlen,
2. festzustellen, dass der Beklagte verpflichtet ist, ihm sämtlichen weiteren aus dem Vorfall vom 2. Oktober 1995 entstehenden materiellen und immateriellen Schaden zu ersetzen, soweit der Anspruch nicht auf Sozialleistungsträger übergegangen ist.
Der Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er hat vorgetragen:
Er habe an den Vorfall keine Erinnerung mehr. Er sei schuldunfähig gewesen. Es könne nicht von einer willensgesteuerten Handlung ausgegangen werden. Vielmehr habe es sich um eine reflexartige, alkoholbedingte Bewegung gehandelt. Vor der Alkoholaufnahme sei er wegen einer depressiven Verstimmung in seiner Steuerungsfähigkeit erheblich eingeschränkt gewesen. Außerdem habe er nicht voraussehen können, jemanden zu verletzen.
Das Landgericht hat nach Anhörung des Sachverständigen Prof. Dr. Biedert und Vernehmung von Zeugen der Klage im Wesentlichen (u.a. 60.000,- DM Schmerzensgeld) stattgegeben. Auf das Urteil vom 5. März 1998 wird gemäß § 543 Abs. 2 S. 2 ZPO Bezug genommen.
Gegen dieses ihm am 16. März 1998 zugestellte Urteil hat der Beklagte mit am 16. April 1998 eingegangenem Schriftsatz Berufung eingelegt, die er mit am 18. Mai 1998 (Montag) eingegangenem Schriftsatz begründet hat.
Unter Vertiefung seines erstinstanzlichen Vorbringens trägt der Beklagte vor:
Das Landgericht habe die Beweislast verkannt. Es sei Sache des Klägers, das Vorliegen einer willensgesteuerten Handlung zu beweisen. Über die Ausführungen des Sachverständigen habe sich das Landgericht ohne eigene Sachkunde hinweggesetzt. Die vom Landgericht angeführten Umstände habe auch der Sachverständige berücksichtigt. Dies gelte auch für die etwaige Anschriftangabe des Beklagten gegenüber dem Taxifahrer.
Der Beklagte beantragt,
das angefochtene Urteil abzuändern und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung des Beklagten zurückzuweisen.
Der Kläger verteidigt das angefochtene Urteil und trägt u.a. vor:
Aus der Höhe der BAK alleine könne der Beklagte nichts für sich herleiten. Eine Reflexbewegung sei schon wegen der eingetretenen Folgen nicht anzunehmen. Zumindest hafte der Beklagte nach § 827 S. 2 BGB.
Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf die Sitzungsniederschriften des Landgerichts und des Senats Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Berufung hat in der Sache keinen Erfolg. Das Landgericht hat im Ergebnis richtig entschieden. Der Beklagte ist gemäß § 827 S. 2 BGB verpflichtet, den dem Kläger entstandenen Schaden zu ersetzen. Diese Verpflichtung umfasst sowohl die Zahlung eines Schmerzensgeldes in Höhe von 60.000,- DM als auch den Ersatz etwaigen künftigen materiellen oder immateriellen Schadens.
Die Haftung des Beklagten ist zwar entgegen der Auffassung des Landgerichts nicht unmittelbar aus § 823 BGB herzuleiten. Denn der Beklagte war unzurechnungsfähig, als er die Körperverletzung des Klägers verursachte.
Der rechtliche Ausgangspunkt des Landgerichts, dass der Beklagte die Beweislast dafür trägt, dass keine willensgesteuerte Handlung vorliege, ist zwar nicht zu beanstanden. Für seine gegenteilige Auffassung kann sich der Beklagte nicht auf das Urteil BGHZ 39, 103 berufen. Im dortigen Fall hatte der Beklagte eine Kegelkugel in d...