Entscheidungsstichwort (Thema)
Rechtsnatur des zahnärztlichen Behandlungsvertrags; Honoraranspruch bei Behandlungsfehler
Leitsatz (amtlich)
1. Auch der zahnprothetische Behandlungsvertrag beurteilt sich grundsätzlich nach Dienstvertragsrecht (§§ 611 ff. BGB). Lediglich insoweit, als es um rein zahnlabortechnische Verarbeitungsfehler geht, gilt das werkvertragliche Gewährleistungsrecht.
2. Bei Schlechterfüllung des zahnprothetischen Behandlungsvertrags ist der Patient berechtigt, die Zahlung des ärztlichen Honoraranspruchs insoweit zu verweigern, als die ärztliche Leistung für ihn ohne Interesse ist.
3. Der Erlass eines die Klage zusprechenden Teilurteils über den Honoraranspruch des Zahnarztes ist regelmäßig dann unzulässig, wenn im Schlussurteil über Schadensersatzansprüche des Patienten wegen eines Behandlungsfehlers beziehungsweise Behandlungsmisserfolges zu entscheiden ist.
Normenkette
BGB §§ 611, 627, 628 Abs. 1 S. 2; ZPO §§ 301, 539
Verfahrensgang
LG Frankenthal (Pfalz) (Aktenzeichen 5 O 408/00) |
Tenor
I. Auf die Berufung der Beklagten wird das Teilurteil der 5. Zivilkammer des LG Frankenthal (Pfalz) vom 16.5.2001 aufgehoben.
Der Rechtsstreit wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das LG Frankenthal (Pfalz) zurückverwiesen.
II. Die Gerichtskosten des Berufungsverfahrens werden niedergeschlagen.
Im Übrigen wird die Entscheidung über die Kosten des Berufungsverfahrens dem LG Frankenthal (Pfalz) übertragen.
III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
IV. Der Wert der Beschwer beider Parteien wird auf 13.519,02 DM festgesetzt.
Gründe
Die Berufung der Beklagten ist form- und fristgerecht eingelegt und verfahrensrechtlich nicht zu beanstanden. In der Sache führt sie zu einem vorläufigen Erfolg.
Das Verfahren des ersten Rechtszuges leidet an einem wesentlichen Mangel. Der Erlass des Teilurteils vom 16.5.2001 war unzulässig. Die Sache ist deshalb zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das LG zurückzuverweisen (§ 539 ZPO).
Nach einhelliger Meinung in Rechtsprechung und Literatur darf ein Teilurteil nach § 301 ZPO nur dann erlassen werden, wenn die Entscheidung durch das über den Rest ergehende Schlussurteil unter keinen Umständen mehr berührt werden kann, so dass die Gefahr widersprüchlicher Entscheidungen ausgeschlossen ist. Widersprüchlichkeit meint dabei keinen Rechtskraftkonflikt, der bei Teilentscheidungen in aller Regel nicht auftritt, sondern umfasst bereits Fälle der Präjudizialität. Das heißt, die Entscheidung des Rechtstreits darf auch nicht nur eine Vorfrage für den entscheidungsreifen Teilstreit umfassen. Es darf mithin nicht auch zu einer nur unterschiedlichen Beurteilung bloßer Urteilselemente, die nicht in Rechtskraft erwachsen, kommen können. Für die in § 301 Abs. 1 ZPO gesondert erwähnte Widerklage gilt nichts anderes. Für die Annahme einer solchen Divergenzgefahr genügt bereits die Möglichkeit einer abweichenden Entscheidung im Instanzenzug. Ein Teilurteil darf insbesondere auch nicht bei Klage und Widerklage ergehen, wenn beide in einem unlösbaren Zusammenhang stehen (vgl. zu alledem: BGH v. 26.9.1996 – X ZR 48/95, MDR 1997, 593 = NJW 1997, 453; OLG Stuttgart v. 11.3.1998 – 20 U 98/97, OLGReport Stuttgart 1998, 207; Zöller/Vollkommer, ZPO, 22. Aufl., § 301 Rz. 7, 9 jew. m.w.N.).
Die Zivilkammer hat mit dem angefochtenen Teilurteil die Beklagte zur Zahlung des geltend gemachten zahnärztlichen Honorars verurteilt, und zwar unbeschadet der geltend gemachten Behandlungsfehler bzw. des Behandlungsmisserfolges. Dies deshalb, weil die Beklagte nicht vorgetragen habe, den Behandlungsvertrag mit der Klägerin gekündigt zu haben. Nach § 628 Abs. 1 S. 2 BGB könne der aus dem Dienstvertrag Verpflichtete für seine Arbeit – aber nur dann – kein Entgelt verlangen, wenn er durch ein vertragswidriges Verhalten die Kündigung des anderen Teils veranlasst habe und seine Leistungen danach für den anderen Teil kein Interesse mehr hätten. Über die geltend gemachten Behandlungsfehler will das Erstgericht lediglich im Rahmen der von der Beklagten auf den Ersatz materiellen und immateriellen Schadens gerichteten Widerklage Beweis erheben.
Unter Beachtung o. dargestellter Grundsätze ist dies verfahrensfehlerhaft. Die Fehlerfreiheit der von der Klägerin erbrachten zahnärztlichen Leistungen ist sowohl für deren Honoraranspruch als auch für die Schadensersatzansprüche der Beklagten gleichermaßen von Bedeutung.
Der Senat teilt zunächst die Auffassung der Zivilkammer, wonach das Vertragsverhältnis zwischen den Parteien dem Dienstvertragsrecht untersteht (§§ 611 ff. BGB). Dies gilt grundsätzlich auch für den zahnprothetischen Behandlungsvertrag. Die Fertigung und das Einpassen von Zahnkronen und -brücken sind als Dienstleistungen höherer Art i.S.v. § 627 BGB anzusehen und damit Gegenstand der einheitlichen Leistung „Zahnbehandlung” oder „Zahnversorgung”. Der Zahnarzt schuldet nicht den Erfolg seiner ärztlichen Bemühungen. Anderes gilt lediglich insoweit, als es um rein zahnlabortechnische Verarbeitungsfehler geht. Da diesbe...