Entscheidungsstichwort (Thema)

Verwirkung nachehelichen Unterhalts

 

Leitsatz (amtlich)

Zur Frage der Verwirkung des Unterhaltsanspruchs wegen Zusammenlebens mit einem neuen Partner bei Bestehen unterschiedlicher Wohnungen.

 

Normenkette

BGB a.F. § 1579 Nr. 7

 

Verfahrensgang

AG Ludwigshafen (Urteil vom 12.01.2007; Aktenzeichen 5d F 359/06)

 

Tenor

I. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des AG - FamG - Ludwigshafen am Rhein vom 12.1.2007 geändert:

Der gerichtlich protokollierte Vergleich vom 7.6.2002 (Az. 5d F 324/01 AG Ludwigshafen am Rhein) wird in seiner Ziff. 2. dahin abgeändert, dass der Beklagten ab dem 1.9.2006 kein nachehelicher Unterhalt mehr zusteht.

II. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I. Die Parteien haben am ... geheiratet und sind seit ... rechtskräftig geschieden. Aus der Ehe ist der gemeinsame Sohn M., geb. am ..., hervorgegangen, der bei der Beklagten lebt.

Im Scheidungsverfahren (5d F 324/01) haben die Parteien am 7.6.2002 folgenden gerichtlich protokollierten Vergleich über den nachehelichen Unterhalt geschlossen:

"1. Der Antragsteller zahlt für M. M., geb. am ..., ab Rechtskraft der Ehescheidung an dessen Mutter eine Unterhaltsrente von 288 EUR, wobei das Kindergeld bereits hälftig verrechnet ist. Der Barunterhaltsbedarf ist der Gruppe 9 der Düsseldorfer Tabelle von 2001 entnommen worden.

2. Der Antragsteller zahlt an die Antragsgegnerin für die Zeit ab Rechtskraft der Ehescheidung eine Unterhaltsrente von 477 EUR.

Grundlage des Vergleichs ist ein Nettoeinkommen des Antragstellers von 1.737 EUR nach Vorabzug des Kindesunterhalts und eines Erwerbstätigkenbonus von einem Siebtel.

Das Einkommen der Antragsgegnerin ist mit 950 EUR eingestellt worden in die Berechnung, wovon eine 1/7-Quote in Abzug gebracht wurde.

3. Die Kosten des Vergleichs werden gegeneinander aufgehoben."

Mit Klageschrift vom 4.9.2006, der Beklagten zugestellt am 25.9.2006, hat der Kläger Abänderung des gerichtlich protokollierten Vergleichs vom 7.6.2002 in der Weise begehrt, dass er ab 1.9.2006 der Beklagten keinen nachehelichen Unterhalt mehr schuldet.

Zur Begründung hat der Kläger im Wesentlichen vorgetragen, die Beklagte lebe mindestens seit Sommer des Jahres 2003 mit dem Zeugen R.A. eheähnlich zusammen, weswegen weitere Unterhaltszahlungen an die Beklagte für ihn unzumutbar geworden seien.

Die Beklagte ist dem entgegengetreten und hat behauptet, sie lebe mit dem Zeugen R.A. nicht in eheähnlicher Lebensgemeinschaft zusammen; man sei dagegen lediglich miteinander befreundet und halte bewusst die Lebensbereiche getrennt voneinander.

Das FamG hat den Zeugen R.A. zu diesem Beweisthema vernommen. Hinsichtlich des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Protokoll des FamG vom 28.11.2006 (Bl. 133 bis 135 d.A.) Bezug genommen.

Das FamG hat die Abänderungsklage im Wesentlichen mit der Begründung abgewiesen, der Verwirkungsgrund des § 1579 Nr. 7 BGB liege nicht vor, weil die Beklagte ihre Beziehung zu dem Zeugen R.A. bewusst auf Distanz halte.

Hiergegen richtet sich die form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers, mit der dieser sein erstinstanzliches Klagebegehren weiterverfolgt.

Der Kläger macht im Wesentlichen geltend, die Beklagte unterhalte mindestens seit Sommer 2003 eine eheähnliche Beziehung zu dem Zeugen R.A.; aus dessen Bekundung ergebe sich, dass man bereits im Sommer 2003 einen gemeinsamen Urlaub verbracht habe. Seitdem trete man als Paar in der Öffentlichkeit auf. Der Zeuge habe beispielsweise auch die Eigentumswohnung der Beklagten renoviert.

Anhand seiner - des Klägers - gemachten Fotos mit Daten sei erkennbar, dass der Zeuge Albert viel häufiger bei der Beklagten übernachtet habe, als von diesem zugestanden.

Der Kläger ist der Auffassung, die Beklagte könne im Hinblick auf das Alter von M. mittlerweile vollschichtig arbeiten.

Die Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil als zutreffend und weist darauf hin, dass sie seit Februar 2007 ihre Arbeit von 20 Stunden auf 25 Stunden pro Woche ausgeweitet hat.

II. Das - zulässige - Rechtsmittel hat in der Sache vollen Erfolg.

1. Zur richtigen Klageart

Die vom Kläger erhobene Abänderungsklage i.S.v. § 323 ZPO ist die richtige Klageart (vgl. Palandt/Brudermüller BGB, 66. Aufl., Rz. 58 zu § 1579 BGB; BGH NJW 1997, 1851; OLG Köln FamRZ 2001, 1717). Da Abänderung eines gerichtlich protokollierten Vergleichs begehrt wird, gilt die Zeitschranke des § 323 Abs. 3 BGB nicht, d.h. Abänderung kann auch schon für die Zeit vor Zustellung der Klage am 25.9.2006 begehrt werden.

2. Zum Vorliegen eines Verwirkungsgrundes i.S.v. § 1579 Nr. 7 BGB

Der Senat geht schon aufgrund der Bekundung des Zeugen R.A. in Verbindung mit den detektivischen Beobachtungen des Klägers - dokumentiert durch zahlreiche Fotos vom Pkw des Zeugen vor dem Anwesen der Beklagten - davon aus, dass hier ein Verwirkungstatbestand i.S.v. § 1579 Nr. 7 BGB vorliegt.

Da der Senat die Glaubwürdigkeit des Zeugen A. in glei...

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