Entscheidungsstichwort (Thema)
Haftung des Krankenhausträgers für Infektion
Leitsatz (amtlich)
1. Zur Haftung des Krankenhausträgers für die Folgen einer im Krankenhaus erlittenen Infektion wegen einer vermeidbaren Keimübertragung bei mangelhaften hygienischen Zuständen.
2. Im Jahre 1996 bestanden in Deutschland keine einheitlichen oder verbindlichen Kriterien für ein Überwachungssystem betreffend nosokominale Infektionen.
Eine Datenerfassung nach KISS-Kriterien (Krankenhaus-Infektions-Surveillance-System) oder NNIS-Kriterien (National-Nosocomial-Infections-Surveillance) wurde erstmals 1997 in Deutschland begonnen und ist auch heute noch kein verpflichtender Standard.
Verfahrensgang
LG Frankenthal (Pfalz) (Urteil vom 12.04.2002; Aktenzeichen 7 O 1604/99) |
Tenor
I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil der 7. Zivilkammer des LG Frankenthal (Pfalz) vom 12.4.2002 wird zurückgewiesen.
II. Der Kläger hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
IV. Die Revision gegen das Urteil wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Der im Jahr 1962 geborene Kläger erlitt im November 1994 bei einem Arbeitsunfall eine Außenbandruptur am oberen linken Sprunggelenk, die mit einer Naht versorgt wurde. Wegen anhaltender Beschwerden kam es mehrfach zu Revisionen am linken Innenknöchel, die ohne Erfolg blieben.
Wegen fortdauernder Beschwerden begab sich der Kläger zunächst in ambulante, am 16.10.1996 in stationäre Behandlung in das von dem Beklagten zu 1) betriebene Krankenhaus. Am gleichen Tag unterzeichnete er eine schriftliche Einwilligungserklärung für die Durchführung einer Sprunggelenksarthroskopie wegen des Verdachts einer Osteochondrosis und ggf. offenen Reposition (Arthrotomie), die am 21.10.1996 von dem Beklagten zu 4) vorgenommen wurden. In der Folgezeit trat eine Wundheilungsstörung auf. Der Wundabstrich ergab eine Infizierung mit Staphylococcus aureus. Die anschließende Antibiotikum-Behandlung führte nicht zu einem Abklingen der Infektion. Am 27.10.1996 musste notfallmäßig eine weitere operative Revision vorgenommen werden, die der Beklagte zu 3) durchführte. Wegen fortdauernder Wundheilungsstörungen wurde am 18.12.1996 eine Brevis-Lappenplastik vom linken Fußrücken zum linken Knöchel hergestellt. Nach Entlassung aus der stationären Behandlung am 10.1.1997 und erneuter Aufnahme am 27.1.1997 wurde am 17.2.1997 eine Arthrodese des linken oberen Sprunggelenks (Versteifung) vorgenommen. Daran anschließend waren mehrfache weitere stationäre Behandlungen und operative Revisionen beim Kläger erforderlich.
Der Kläger hat geltend gemacht: Die am 21.10.1996 durchgeführte Arthroskopie mit nachfolgender Arthrotomie sei nicht indiziert gewesen. Der hygienische Zustand in der Klinik sei schlichtweg katastrophal gewesen; Waschräume wie Toiletten seien erheblich verunreinigt gewesen. Das Auftreten der Infektion spreche dafür, dass mit verunreinigten, jedenfalls nicht ausreichend sterilisierten Gegenständen gearbeitet worden sei. Schließlich liege auch ein Aufklärungsverstoß vor, da er auf Risiken der Arthroskopie und der nachfolgenden Arthrotomie nicht hingewiesen worden sei. Wären Komplikationen angesprochen worden, hätte er seine Zustimmung zum Eingriff nicht erteilt. Er - der Kläger - sei durchgehend seit Oktober 1996 erwerbsunfähig. Unter Berücksichtigung des von ihm bezogenen Verletzten- und Übergangsgeldes betrage sein Verdienstausfall bis September 1999 43.401 DM.
Der Kläger hat beantragt,
1. die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an ihn ein angemessenes, der Höhe nach in das Ermessen des Gerichts gestelltes Schmerzensgeld, nicht jedoch unter 60.000 DM, zu zahlen;
2. die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an ihn 43.401 DM nebst 4 % Zinsen hieraus seit Rechtshängigkeit zu zahlen;
3. die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, ihm jeglichen künftigen materiellen und immateriellen Schaden zu ersetzen, soweit dieser nicht von Versicherungsträgern oder Dritten übernommen wird.
Die Beklagten haben beantragt, die Klage abzuweisen.
Sie haben geltend gemacht: Die am 21.10.1996 vorgenommene Arthroskopie und nachfolgende Arthrodomie seien medizinisch indiziert gewesen und alle nach dem Desinfektionsplan erforderlichen Maßnahmen beachtet worden. Das Entstehen einer Infektion beim Verbandswechsel sei hier praktisch ausgeschlossen. Über die Risiken sei der Kläger ausdrücklich aufgeklärt worden, insb. auch über das Risiko einer Infektion bzw. einer Wundheilungsstörung.
Die Zivilkammer hat nach Beweiserhebung durch Einholung von Sachverständigengutachten und Zeugenvernehmung die Klage abgewiesen. Auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils wird Bezug genommen.
Der Kläger verfolgt mit der Berufung seine Klageanträge Ziff. 1. und 2. weiter.
Er macht noch geltend: Er sei von Dr. P. nicht ordnungsgemäß aufgeklärt worden; es sei lediglich in einem kurzen Gespräch von einem Routineeingriff gesprochen worden. Die von ihm unterzeichnete Einwilligungserklärung habe die handschriftlichen Ver...