Entscheidungsstichwort (Thema)
Trennungsunterhalt: Höhe des zu berücksichtigenden Wohnvorteils bei Verbleib eines Ehegatten in dem gemeinsamen Hausanwesen. Berücksichtigung einer von dem Unterhaltspflichtigen geltend gemachten Instandsetzungsgrundlage, keine Anrechnung fiktiver Einkünfte aufseiten der Unterhaltsberechtigten bei Aufnahme einer selbständigen Tätigkeit während der Trennungszeit mit Einverständis des Ehepartners
Leitsatz (redaktionell)
1. Keine Anrechnung fiktiver Einkünfte aufseiten des Unterhaltsberechtigten bei Aufnahme einer selbständigen Tätigkeit während der Trennungszeit mit Einverständnis des Ehepartners.
2. Bemessung des Wohnvorteils bei Verbleib eines Ehegatten in dem gemeinsamen Hausanwesen.
Normenkette
BGB § 1361
Verfahrensgang
AG Kandel (Urteil vom 19.04.2006; Aktenzeichen 1 F 286/04) |
Tenor
I. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des AG - FamG - Kandel vom 19.4.2006 geändert:
Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin als Trennungsunterhalt für die Zeit vom Oktober 2003 bis (einschließlich) Februar 2006 insgesamt 18.876 EUR nebst 5 %-Punkten über den Basiszinssatz seit dem 7.3.2006 zu zahlen.
II. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
III. Von den Kosten des Rechtstreits beider Instanzen haben die Klägerin ... und der Beklagte ... zu zahlen.
IV. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
V. Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
Die Parteien waren seit 16.6.1989 miteinander verheiratet und leben seit Oktober 2003 getrennt voneinander. Mit Urteil vom 1.3.2006 wurde ihre Ehe rechtskräftig geschieden. Die Klägerin beansprucht für die Zeit ab Oktober 2003 bis zur Rechtskraft der Scheidung Trennungsunterhalt, zuletzt in Höhe eines Teilbetrages von 25.880 EUR.
Die Klägerin hat mehrere Ausbildungen absolviert. Sie ist examinierte Krankenschwester, studierte Ergotherapeutin sowie staatlich anerkannte Kosmetikerin, Während der Ehe war sie zunächst nicht berufstätig, sondern hat die am 3.8.1988 geborene Tochter Jutta betreut, im Jahr 2002 entschioss sich die Klägerin im Einverständnis mit dem Beklagten, selbständig ein Kosmetikstudio zu betreiben. Dieses wurde Anfang des Jahres 2003 eröffnet. Nach der Trennung im Oktober 2003 blieb der Beklagte zusammen mit der Tochter im gemeinsamen Haus der Parteien, für das der Beklagte sämtliche Kosten einschließlich der bestehenden Darlehensverbindiichkeiten trägt. Für die Monate Oktober bis Dezember 2004 hat die Klägerin Kindesunterhalt i.H.v. 3 × 307 EUR geleistet. Ende August 2005 ist die Tochter der Parteien aus dem Haus ausgezogen. Sie hat ab 1.9.2005 ein soziales Jahr in Karlsruhe absolviert und dort gewohnt.
Der Beklagte ist vollschichtig als Sachverständiger bei der Firma Daimler Chrysler tätig. Zu seinem jährlichen Einkommen sind Entgeltabrechnungen vorgelegt. Auf das Hausdarlehen erbringt er monatlich 1.219,79 EUR; zusätzlich zahlt er auf ein Arbeitgeberdarlehen 127,82 EUR im Monat. Daneben zahlt er für eine Risikolebensversicherung monatlich 30,28 EUR, zusätzlich werden von seinem Gehalt auf einen Bausparvertrag monatlich 26,59 EUR abgeführt.
Die Klägerin hat geltend gemacht, zum Nettoeinkommen des Beklagten sei die von ihm bezogene Steuererstattung hinzuzurechnen. Berufsbedingte Aufwendungen könne er nicht in Abzug bringen, da er die nahegelegene Arbeitsstätte zu Fuß oder auch mit dem Fahrrad erreichen könne. Der Wohnwert des gemeinsamen Hausanwesens betrage entsprechend dem erzielbaren Mietwert 1.300 EUR, sie selbst habe aus dem Kosmetikbetrieb lediglich ein durchschnittlichen Nettogewinn von rund 600 EUR erwirtschaftet. Nach dem Auszug der Tochter könnten ab September 2005 auf Seiten des Beklagten keine Unterhaftsieistungen mehr in Abzug gebracht werden.
Demgegenüber hat der Beklagte darauf hingewiesen, dass die Klägerin ihre Bedürftigkeit nicht nachvollziehbar dargelegt habe, insoweit seien die vorgelegten Nachweise nicht ausreichend. Von seinem Einkommen seien neben der Pauschale für berufsbedingte Aufwendungen die Hausdarlehen sowie ein doppelter Beirag für Kindesunterhalt abzuziehen. Des Weiteren habe er ab 2004 eine monatliche Rücklage zur Instandsetzung der Heizung zu bilden sowie Zahlungen i.H.v. 400 EUR monatlich auf ein Darlehen seiner Mutter zu leisten. Sein Wohnvorteil betrage lediglich 520 EUR. Die Tochter sei auch während der Ableistung des freiwilligen sozialen Jahres regelmäßig zu ihm gekommen.
Das AG - FamG - hat die Klage abgewiesen, weil die Klägerin ihre Bedürftigkeit nicht dargelegt und bewiesen habe. Sie sei nach der Trennung zur voll-schichtigen Tätigkeit im Rahmen des Kosmetikstudios verpflichtet gewesen und habe nicht dargelegt, inwieweit bei Erfüllung dieser Erwerbsobiiegenheit noch ein ungedeckter Unterhaltsbedarf geblieben wäre. Zu den Einzelheiten der Begründung wird auf das erstinstanzliche Urteil (Bl. 141 bis 144 d.A.) verwiesen.
Hiergegen macht die Klägerin im Wege der Berufung geltend;
Hinsichtlich ihrer Bedürftigkeit habe das AG verkannt, dass ihr - selbst wenn ein Einkommen fiktiv in Ansatz gebracht werde - zu...