Entscheidungsstichwort (Thema)

Personalvertretungsrecht. Mitbestimmung bei Maßnahmen zur Verhütung von Gesundheitsschädigungen. Asbestsanierung in Schulgebäuden

 

Leitsatz (amtlich)

1. Eine Maßnahme zur Verhütung von Gesundheitsschädigungen im Sinne des § 85 Abs. 1 Nr. 7 PersVG Bln ist nicht mitbestimmungspflichtig, wenn sie in erster Linie dem Schutz der Allgemeinheit dient.

2. Die Asbestsanierung eines Schulgebäudes dient in erster Linie dem Schutz der die Schule besuchenden Schüler. Sie unterliegt deshalb nicht der Mitbestimmung der zuständigen Personalvertretung. Diese ist auf ihre Rechte im Rahmen ihrer allgemeinen Aufgaben nach § 72 Abs. 1 Nr. 1 und 2 PersVG sowie auf ihre Rechte nach § 77 an der Gestaltung des Arbeitsschutzes beschränkt.

 

Normenkette

PersVG § 85 Abs. 1 Nr. 7

 

Verfahrensgang

VG Berlin (Beschluss vom 24.08.1990; Aktenzeichen FK (Bln)-C-34.88)

 

Nachgehend

BVerwG (Beschluss vom 02.10.1995; Aktenzeichen 6 P 27.93)

 

Tenor

Die Beschwerde des Beteiligten zu 1) gegen den Beschluß des Verwaltungsgerichts Berlin vom 24. August 1990 wird zurückgewiesen.

Auf die Beschwerde des Beteiligten zu 2) wird der Beschluß des Verwaltungsgerichts Berlin geändert. Der Antrag des Antragstellers zu 3) wird zurückgewiesen.

Die Rechtsbeschwerde wird für den Antragsteller

zu 3) zugelassen.

 

Tatbestand

I.

Die Beteiligten streiten über die Mitbestimmung der zuständigen Personalvertretung bei der Asbestsanierung von Schulgebäuden.

Bei der Errichtung neuerer Schulgebäude in Berlin (West) wurden unter anderem auch asbesthaltige Materialien verwendet. Dies war auch bei der …-Oberschule, einer Gesamtschule im Bezirk Kreuzberg, der Fall. Zur Feststellung möglicher Gesundheitsgefahren wurden unter anderem auch in dieser Schule Messungen mit dem Ziel durchgeführt, festzustellen, wie hoch die Asbeststaubkonzentration in der Atemluft sei. Die Messungen fanden erstmals im Frühjahr 1988 statt und wurden dann im Mai und Juni 1988 wiederholt, diesmal unter Belastung der Schulräume, das heißt unter Simulation eines laufenden Schulbetriebes. Dabei wurden insbesondere die mobilen Trennwände, in denen Asbest enthalten ist, belastet. Die Messungen ergaben überhöhte Werte von Asbestfasern in der Atemluft. Daraufhin wurde die Schule vorübergehend geschlossen und die mobilen Wände mit Textilband überklebt. Nach diesen Arbeiten fanden erneut Messungen durch den Technischen Überwachungsverein statt, die wiederum überhöhte Konzentrationswerte ergaben. Nach Bekanntwerden dieser Werte kam es zu Meinungsverschiedenheiten zwischen dem Bezirksamt Kreuzberg von Berlin einerseits und der Senatsverwaltung für Bau- und Wohnungswesen sowie für Schulwesen, Berufsbildung und Sport andererseits darüber, auf welche Art und Weise die Asbestsanierung durchzuführen sei. Während das Bezirksamt Kreuzberg eine Totalsanierung des Gebäudes für erforderlich hielt, bei der sämtliche asbesthaltigen Materialien zu entfernen seien, hielten es die beiden Senatsverwaltungen für ausreichend, zunächst eine Teilsanierung in der Weise durchzuführen, daß zunächst die Fugen und sonstigen Wandöffnungen der asbesthaltigen Wände mit dauerelastischem Material ausgefüllt würden; diese Methode sei bei Bildungszentren in anderen Bezirken erfolgreich durchgeführt worden. Das Bezirksamt Kreuzberg von Berlin sah sich nicht in der Lage, dieses Verfahren zu akzeptieren. Es ließ das Schulgebäude auch nach Beendigung der Sommerferien 1988 geschlossen halten und den Schulbetrieb an anderen, räumlich getrennten Standorten fortführen.

Mit Schreiben vom 2. September 1988 wies der Senator für Bau- und Wohnungswesen – der Beteiligte zu 2) – den Stadtrat der Abteilung Bau- und Wohnungswesen des Bezirksamts Kreuzberg von Berlin an, „gegenüber dem für das Betreiben o.g. Schulgebäudes zuständigen Mitglied des Bezirksamtes unverzüglich die Teilsanierung anzuordnen, die innerhalb eines Zeitraumes von sechs bis acht Wochen durchzuführen (sei) und spätestens am 28. Oktober 1988 abgeschlossen sein (müsse).” Er fügte eine Anlage bei, in der praktische Hinweise zur Durchführung von Maßnahmen bei Bildungszentren anhand der in den anderen Bezirken gemachten Erfahrungen bei den vorläufigen Schutzmaßnahmen gegeben werden. Darin sind im wesentlichen folgende Maßnahmen vorgesehen:

  1. Möbel und bewegliches Gerät von den Wänden abrücken und nach Reinigung wieder in die alte Position bringen,
  2. Mobau-Wände

    2.1 In den Vertikalfugen befindliches Fugenprofil entfernen und die Fugen mit einem neutral vernetzten Silikon ausspritzen und abglätten

    2.2 Horizontalfugen entsprechend verfugen

    2.3 Wandbefestigte Objekte und Geräte

    • Wandanschlußfuge umlaufend verfugen

    2.4 Schalter – Steckdosen

    • äußere Abdeckung entfernen
    • Hohlraum dahinter ausschäumen und abdichten
  3. Reinigung
  4. Luftmessung durch den TÜV-Berlin nach Reinigung.

Der Senat von Berlin nahm in seiner Sitzung vom 6. September 1988 von der vorbezeichneten Fachaufsichtsmaßnahme zustimmend Kenntnis; für den Fall, daß der Bezirk seinen Pflichten nicht nachkomme, beauftragte er den Senator für Bau- und W...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge