Verfahrensgang
VG Berlin (Entscheidung vom 20.01.2011; Aktenzeichen VG 7 L 306.10) |
Tenor
Die Beschwerde der Antragsgegnerin gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Berlin vom 20. Januar 2011 wird zurückgewiesen.
Die Kosten der Beschwerde trägt die Antragsgegnerin.
Der Wert des Beschwerdegegenstandes wird auf 128.000 EUR festgesetzt.
Gründe
Die Beschwerde hat keinen Erfolg. Die von dem Rechtsbehelf innerhalb der Begründungsfrist des § 146 Abs. 4 Satz 1 VwGO vorgebrachten Gründe rechtfertigen eine Änderung des angefochtenen Beschlusses nicht.
Nach § 146 Abs. 4 Satz 3 VwGO muss die Beschwerdebegründung die Gründe darlegen, aus denen die Entscheidung abzuändern oder aufzuheben ist, und sich mit der angefochtenen Entscheidung auseinandersetzen. Das Oberverwaltungsgericht prüft gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO nur die dargelegten Gründe. Gemessen an dem hiernach durch den Beschwerdevortrag begrenzten Prüfungsstoff hat das Verwaltungsgericht zu Recht die aufschiebende Wirkung der vom Antragsteller erhobenen Klage (VG 7 K 376.10) gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 29. September 2010 in der Gestalt ihres Widerspruchsbescheides vom 15. November 2010 wiederhergestellt.
Der angefochtene Beschluss stellt zutreffend darauf ab, dass diese Bescheide, mit denen die Antragsgegnerin dem in den Ruhestand getretenen Antragsteller den Betrieb und die Unterhaltung des Berliner Referenz- und Konsultationszentrums für Lymphom- und Hämatopathologie (Pathodiagnostik Berlin) bis zum Ablauf des Jahres 2014 untersagt hat, sich bei summarischer Prüfung als materiell rechtswidrig erweisen, weil die gesetzlichen Voraussetzungen für die Untersagung nicht vorliegen. Nach § 41 Satz 1 BeamtStG i.V.m. § 68 Abs. 1 LBG haben Ruhestandbeamte, wenn sie mit Erreichen der Altersgrenze in den Ruhestand treten, innerhalb eines Zeitraums von drei Jahren die Aufnahme einer Erwerbstätigkeit oder sonstigen Beschäftigung außerhalb des öffentlichen Dienstes, die mit ihrer dienstlichen Tätigkeit in den letzten fünf Jahren vor Beendigung des Beamtenverhältnisses im Zusammenhang steht und durch die dienstliche Interessen beeinträchtigt werden können, anzuzeigen. Die Erwerbstätigkeit oder sonstige Beschäftigung ist gemäß § 41 Satz 2 BeamtStG zu untersagen, wenn zu besorgen ist, dass durch sie dienstliche Interessen beeinträchtigt werden. Das Verwaltungsgericht ist davon ausgegangen, dass der Antragsteller zwar mit dem Betrieb der Pathodiagnostik Berlin eine sonstige Beschäftigung in diesem Sinne ausübe, die auch in Zusammenhang mit seiner vorherigen dienstlichen Tätigkeit als Leiter des Instituts für Pathologie der Antragsgegnerin stehe, die Besorgnis der Beeinträchtigung dienstlicher Interessen jedoch von der Antragsgegnerin nicht dargetan sei. Die hiergegen erhobenen Einwände des Rechtsbehelfs überzeugen nicht.
a)
Ohne Erfolg wendet sich die Antragsgegnerin gegen den - mit der herrschenden Meinung in Rechtsprechung und Literatur übereinstimmenden - rechtlichen Ansatz des angefochtenen Beschlusses, Gesichtspunkte des Schutzes des Dienstherrn vor (fachlicher und wirtschaftlicher) Konkurrenz ließen sich bei verfassungskonformer Auslegung der Norm nicht unter den unbestimmten Begriff der dienstlichen Interessen subsumieren.
Entgegen der Auffassung der Beschwerde, die auch Grundlage der angefochtenen Bescheide ist, kann der im Nebentätigkeitsrecht geltende Versagungsgrund des § 62 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 LBG nicht ohne weiteres auf die Beschränkung von Tätigkeiten eines Ruhestandsbeamten nach § 41 Satz 2 BeamtStG übertragen werden, da die Vorschriften, auch wenn sie im Ausgangspunkt gleichlautend von dienstlichen Interessen sprechen, unter Berücksichtigung der verfassungsrechtlichen Zusammenhänge unterschiedliche Zwecke verfolgen. Der Hinweis des Rechtsbehelfs auf das gleichheitsrechtliche Folgerichtigkeitsgebot und das vom Bundesverfassungsgericht anerkannte Prinzip der Systemgerechtigkeit führt nicht weiter. Der Begriff der dienstlichen Interessen hat - ebenso wie vergleichbare unbestimmte Rechtsbegriffe - keinen in der Gesamtrechtsordnung feststehenden Inhalt. Sein Bedeutungsgehalt erschließt sich vielmehr nach ständiger Rechtsprechung (vgl. etwa BVerwG, Urteil vom 25. Juni 2009 - 2 C 68.08 -, [...] Rn. 16) aus der Zweckbestimmung und Zielsetzung der jeweiligen gesetzlichen Regelung sowie aus dem systematischen Zusammenhang, in den der Begriff hineingestellt ist. Die Zielrichtung des Nebentätigkeitsrechts kommt in dem Katalog der Versagungsgründe des § 62 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 bis 6 LBG zum Ausdruck, die den Schutz der Dienstleistung gegen anderweitige Verausgabung der Arbeitskraft, gegen Möglichkeiten von Interessen- und Loyalitätskonflikten und gegen eine Beeinträchtigung des für die Amtsführung erforderlichen Ansehens und Vertrauens in der Öffentlichkeit betreffen. Dementsprechend ist auch der Begriff der dienstlichen Interessen im allgemeinen Versagungsgrund des § 62 Abs. 2 Satz 1 LBG zu bestimmen (vgl. zu § 29 LBG a.F. BVerwG, Urteil vom 25. Januar 1990 - 2 C 10...