Entscheidungsstichwort (Thema)

Abfallgebühr. Gebührenschuldner. Verursacherprinzip. Gebührenschuldner der Abfallgebühr

 

Leitsatz (amtlich)

Der Grundstückseigentümer kann durch kommunale Satzung zum Schuldner der Abfallgebühren bestimmt werden. Das gilt auch dann, wenn der Abfall im Falle der Vermietung von Wohnraum von Mietern erzeugt wird. Der Heranziehung des Vermieters stehen weder bundesrechtliche Vorschriften (Bundesabfallrecht, Grundgesetz) noch europarechtliche Bestimmungen (EG-Richtlinie 75/442) entgegen.

 

Normenkette

AbfG § 3 Abs. 1; BremGebBeitrG § 13 Abs. 2; EGRL 75/442 Art. 15

 

Tenor

Der Normenkontrollantrag wird, soweit er sich gegen §§ 3 Abs. 1, 5 Abs. 1 der Gebührenordnung für die Benutzung der öffentlichen Abfallentsorgung in der Stadtgemeinde Bremen i. d. F. der Bekanntmachung vom 27.01.1995 (BremGBl. S. 109) sowie gegen §§ 9 Abs. 1, 11 Abs. 1 der Gebührenordnung für die Benutzung der öffentlichen Abfallentsorgung in der Stadtgemeinde Bremen vom 18.06.1996 (BremGBl. S. 119) richtet, zurückgewiesen.

Die Kostenentscheidung bleibt dem Endurteil vorbehalten.

 

Tatbestand

Die Antragsteller sind Eigentümer von mit Miethäusern bebauten Grundstücken in Bremen. Sie wenden sich gegen die Abfallgebührenordnungen der Antragsgegnerin i. d. F. der Bekanntmachung vom 27.01.1995 – AbfGebO 95 – sowie in der Neufassung vom 18.06.1996 – AbfGebO 96 –.

Die Antragsgegnerin ist Trägerin der Hausmüllentsorgung. Das Benutzungsverhältnis ist öffentlich-rechtlich ausgestaltet. Als Gebührenschuldner für die Benutzungsgebühren nimmt die Antragsgegnerin nach ihrem kommunalen Satzungsrecht seit jeher die Grundsteuerpflichtigen in Anspruch.

Die Gebührenhöhe war in der Vergangenheit allein von der Zahl der Haushaltsangehörigen abhängig (sog. personenabhängiger Haushaltsmaßstab). Die nach diesem Maßstab festgesetzten Abfallgebühren wurden von den Antragstellern in der Nebenkostenabrechnung auf die Mieter umgelegt.

Zum Jahresbeginn 1995 hat die Antragsgegnerin eine neue Gebührenregelung eingeführt. Die Regelung sieht feststehende jährliche Grundgebühren vor, deren Höhe vom Volumen der Abfallbehälter abhängig ist und die 20 Entleerungen pro Jahr beinhalten (bei 1-Personen-Haushalten 17 Entleerungen). Für weitere Entleerungen werden Zusatzgebühren erhoben (§ 2 a Abs. 1, Abs. 2 AbfGebO 95). Mit Wirkung zum 01.07.1996 sind die Gebührensätze angehoben worden (§ 2 Abs. 1, Abs. 2 AbfGebO 96). Die Häufigkeit der zusätzlichen Entleerungen wird durch eine Codierung ermittelt, mit der die Abfallbehälter versehen sind.

Die Gebührenordnungen halten daran fest, daß Gebührenschuldner derjenige ist, der nach den Bestimmungen des Grundsteuergesetzes in der jeweils gültigen Fassung grundsteuerpflichtig ist (§ 3 Abs. 1 Satz 1 AbfGebO 95, § 9 Abs. 1 Satz 1 AbfGebO 96). Die Grundgebühr wird für die Dauer eines Kalenderjahres festgesetzt und zusammen mit der Grundsteuer durch Bescheid erhoben (§ 5 Abs. 1 Satz 1 AbfGebO 95; § 11 Abs. 1 Satz 1 AbfGebO 96), Zusatzgebühren werden nach Ablauf des Kalenderjahres festgesetzt (§ 5 Abs. 2 Satz 1 AbfGebO 95; § 11 Abs. 2 Satz 1 AbfGebO 96).

Die Antragsteller haben am 06.03.1996 einen Normenkontrollantrag gestellt, mit dem sie sich dagegen wenden, in ihrer Eigenschaft als Vermieter weiterhin als Gebührenschuldner für die Abfallgebühren herangezogen zu werden. Durch das neue Gebührenkonzept seien die Voraussetzungen für eine verbrauchsabhängige Müllabrechnung geschaffen worden. Die Antragsgegnerin sei nunmehr verpflichtet, als Schuldner der Abfallgebühren die Erzeuger des Hausmülls in Anspruch zu nehmen, im Falle der Vermietung von Wohnungen also die Mieter. Die Vermieter, die keinen Einfluß auf die erzeugte Müllmenge hätten, seien insoweit „aus der Haftung” zu entlassen. Die Inanspruchnahme des Vermieters sei nach der Umstellung auf den neuen Gebührenmaßstab systemwidrig. Sie widerspreche dem Verursacherprinzip.

Die Inanspruchnahme des Vermieters verstoße überdies gegen § 4 Abs. 5 Nr. 2 des Miethöhenregelungsgesetzes. Diese Vorschrift sehe vor, daß der Vermieter durch schriftliche Erklärung bestimmen könne, daß die Kosten der Müllabfuhr unmittelbar zwischen den Mietern und dem Entsorgungsträger abgerechnet werden würden. Die Antragsgegnerin ignoriere diese klare bundesrechtliche Regelung.

Sie nehme stattdessen in Kauf, daß der Vermieter oftmals die Abfallgebühren aus eigener Tasche zahlen müsse, weil diese sich nicht bzw. nicht mehr auf die Mieter umlegen ließen. Das verletze die Eigentumsgarantie. So sehe sich der Vermieter, wenn der Mieter bei der nachträglichen Betriebskostenabrechnung die Höhe der einzelnen Rechnungsposten bestreite, vor unlösbare Schwierigkeiten gestellt. Er könne nicht belegen, daß tatsächlich die Gebühren entstanden seien. In diesem Fall sei er gezwungen, gewissermaßen für den Mieter, den Gebührenbescheid anzufechten. Wegen Ablaufs der Rechtsbehelfsfrist sei dies aber unter Umständen nicht mehr möglich. Selbst wenn noch rechtzeitig Widerspruch eingelegt worden sei, werde die gesamte Betriebskostenabre...

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